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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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dafür den Seppl geben, quasi Animateur fürs Bingo.
    Zwei Stunden noch. Er öffnet sich eine Flasche Rioja und schmiert sich ein Käsebrot. Die Verletzung scheint erträglich mitzuspielen. Die passende musikalische Menüuntermalung beschert ihm eine alte CD vom Ostbahn Kurti. »Feuer am Dach« hört er. »Da hilft koa Siren – da muss was gschehn!« Abwechselnd mitsummend, kauend und trinkend, flackt der Sandner auf der Couch im Wohnzimmer. Ja, es muss was geschehen, und es wird was geschehen. In München dümpeln und stochern sie herum wie die Petrijünger auf Wochenendsafari. Der Toni hat sich viele Feinde beschafft – ob er sich die redlich verdient hat, ist eine andere Frage. »Romeo, Romeo – des is koa Art, so tritt ma ned on!«, schreit der Kurti jetzt passend zum Gedankengang. Chaostheoretisch genügt es vielleicht, in Bad Kohlgrub Knochen auszuwühlen. Nach diesem Modell reicht es, wenn du auf der Toilette in Untergiesing einen Schoaß lässt, damit in Melbourne beim Violinkonzert der Solist fatalerweise einen schrägen Ton hervorkratzt. Chaos und Verwirrung stiften ist nie verkehrt. Da bekommst du die wahre Natur aller Wesen generiert. Schon beim Absaufen der »Titanic« sollen gestandene Mannsbilder sich in Frauenröcken für einen Platz im Rettungsboot quasi travestiert haben. So schaut’s aus mit dem Existenziellen. In den Calm&Peace-Räumen hätten sie ihn wahrscheinlich vom Gegenteil überzeugen wollen. Aber im realen Sterben ist dein Glaube so effektiv wie ein Hustenbonbon. Höchstens hinterher könntest du wieder drauf bauen – sofern kein Agnostiker.
    Der Sandner ist kulinarisch abgefertigt. Im Bad schaut er sich seinen Schmiss auf der Backe an. Gibt ihm einen verwegenen Anstrich. Die Burschenschaftler sind auch so ein verhinderter Sinnfinderklub für Kasperlköpfe, die nicht erwachsen werden wollen – oder sich vergeblich drum bemühen. Nach all den geistig unergiebigen Ergüssen landet er bei seiner Jazzgitarre. Die hat ihm gefehlt. Gerade in Bad Kohlgrub. Die ersten angespielten Töne auf seiner blonden Hoyer fixen ihn an wie nach langem Entzug. Dafür gibt’s keine Ersatzdroge. Er klimpert ein paar Läufe, will den Fingern Geschmeidigkeit verleihen. Das depperte Handgelenk legt schmerzhaftes Veto ein. Genervt stellt der Polizist das Instrument in den Ständer. Verreckter Scheißdreck, der Hambacher Bubi ist ein armes Würschterl – trotzdem oder gerade deshalb würde der auf dem Grill eine gute Figur machen.
    F rau Hopf, irgendwie will mir des alles ned in den Kopf.« Auf dem Cordsofa sitzt die Wiesner, vor sich eine Tasse Kaffee samt aufgeschäumter Milch. Die Frau wirkt fertig. Dunkle Augenringe, leichenblass. Kein Wunder, der Lover gemeuchelt, der Mann kämpft ums Überleben. Trotzdem ist die Polizistin nicht zum Kondolieren erschienen. Sie wirft das Bild auf den Tisch.
    Â»Ham wir von Ihrem Mann.« Mehr kommentiert sie nicht, wartet auf die Reaktion.
    Die fällt anders aus als erwartet. Die Hopf starrt es an wie den Leibhaftigen, fasst sich an den Kopf, bricht in Tränen aus.
    Die Wiesner nippt vom Kaffee. Nicht weich und mürbe werden wie die kredenzten Butterkekse.
    Â»Das hab ich dem Toni ...«, stottert dessen Geliebte schließlich.
    Â»Hat das Ihr Mann demnach aus Tonis Wohnung mitgenommen?«
    Â»So muss es gewesen sein.«
    Â»Dann ist es da offen herumgelegen.«
    Â»Er hat es im Schlafzimmer gehabt – seit letzter Woche.« Der Fluss aus Rotz und Wasser spült die Hopf davon.
    Der Wiesner verwirrt es das Hirnstüberl. Ihre neugeborene Theorie reitet auf der Hopf’schen Tränenwelle dem Horizont entgegen – auf Nimmerwiedersehen. Neues Spiel – neues Glück.
    Â»Warum haben Sie es Ihrem Mann erzählt?«
    Â»Weil man mit so einer Lüge nicht leben kann?«
    Â»Und nur die Frau Leistner war eingeweiht?«
    Â»Ja – die hat das verstanden. Das mit dem Toni und das mit der Lüge.«
    Â»Was haben Sie gedacht, wird Ihr Mann tun, wenn er es weiß?«
    Â»Wir haben schon so lange nicht mehr vernünftig geredet. Wenn überhaupt – nur wegen unserem Sohn. Schule hier, Schule da. Es ...es war mir in diesem Moment so unglaublich gleichgültig. Ich war wie in einem duftenden Kokon – verstehen Sie das?«
    Dieses eine Mal hätte sie sich dessen

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