Fuchsteufelswild
nicht versichern müssen.
»Ich hab Sie schon mal gefragt â glauben Sie, Ihr Mann hat den Toni umgebracht?«
Die Frau wischt sich mit dem Taschentuch groÃflächig trocken. Mit einer entschlossenen Geste zerknüllt sie das Papier in der Faust. »Es geht nicht ums Glauben, Frau Wiesner, ich weiÃ, dass er es nicht war. Ich weià es.«
In diesem Moment ist die Polizistin von der Wahrheit überzeugt, weià der Kuckuck, warum.
D ie Pferde sind gesattelt. Jippijajey! Der Sandner springt die Treppen hinunter, an der verdatterten Frau Rindsbacher vorbei. Wie so oft gibt sie die Sirene am Briefkastenriff, um harmlos vorbeisegelnden Nachbarn ihre Gesänge um die Ohren zu schnalzen. Seit ihr Mann verstorben ist, übt sich der Sandner öfter in Geduld und tanzt ab und an zu ihren Liedern der alltäglichen Last. Heute nicht. Mit zwei Schritten ist er bei der Haustür. Ein »Ja, Herr Sandner!« verhallt hinter ihm. Mücken könnten ihr gemütlich in den offenen Mund fliegen â unter anderem, weil sie den Sandner zum allerersten Mal in Polizeiuniform sieht. Zwei denkwürdige Sekunden lang. Sie wird ihre Wahrnehmung hinterfragen. Stattliche Würde â wennâs auch kneift und an exponierten Stellen schabt. Spagat würde allerhand freilegen, damit könnte er die Rindsbacherin schockgefrieren. Hoffentlich trägt er das Gwand auch zum letzten Mal â es sei denn, er wird morgen per Standgericht zum Streifensepp degradiert. Durchaus signifikante Wahrscheinlichkeit.
DrauÃen parkt der Godfather aller Leichenwagen. Klobiger schwarzer Mercedes. Der Sandner prallt zurück. Versteinert auf der Stelle, als würde ihm die Medusa zublinzeln. Vielleicht ein tragischer Irrtum. Sie holen bestimmt jemanden ab im Haus â gerontologisch betrachtet, ist immer wer im Lostopf.
Beim Klingelkasten lehnt der Miran. Typische Pose â grienend, entspannt. Der muss kein Stück meditieren â alles naturbelassen.
»Der ist stylisch â oder, Sandner? Ist das groÃes Kino, hä? Genau das Richtige. Damit fährt der Ãmer sonst zum GroÃmarkt, wegen dem Gemüse. Morgen früh muss er unversehrt wieder da sein â sein Heiligtum â, da steh ich bei ihm im Wort. Was schaustn so spanisch?«
Mirans Euphorie verpasst dem Uniformierten eine Gänsehaut, mit der du Parmesan reiben könntest. Der wahre Igor freut sich auf eine zünftige Gaudi mit der Leich.
»Ja verreck!«, kann der Sandner bloà krähen. Das Gefährt ist ein alter Hundertzehner, mit durchgehender Sitzbank, WeiÃwandreifen und H-Kennzeichen. In einer anderen Situation, zum Beispiel vorm Eiscafé, hätte dem Sandner das ein respektvolles Nicken abgenötigt. Mindestens.
»Damit fährt der Ãmer zum Markt? Des glaub ich dir nie und nimmer.«
»Wieso ned? Wer ko, der ko. Wenn du dir den ganzen Tag die Füà in Bauch stehst, musst du es auch mal krachen lassen. Des macht ihm keiner nach. Da hat er seine Fans â verstehst? Man könnt sagen, das ist seine Gespielin.«
»Wer hockt denn da no drin?« Er deutet auf die kopftuchumwickelte Frau, die, unbeeindruckt vom Geschehen, geradeaus starrt.
»Spezialist â Tante.«
»Familienausflug? Jessasmaria!« Er greift sich an die heiÃe Stirn. Wahrscheinlich phantasierten sie alle im Fieberdelirium. Zeit, dass jemand aufwacht.
»Wo ist der Knochenflüsterer abgeblieben?«, will der Miran wissen und zündet sich eine Zigarette an. Lässige Geste, flüssige Bewegung, aufschnappendes Zippo.
»Fährt selber â zu unserem Glück â, sonst hätt sich wer hinten neilegen müssen.«
Da hilft allein pures Schulterzucken mit einem Schuss achtzigprozentigem Fatalismus. Geschüttelt, nicht gerührt.
Die Fahrt gestaltet sich weitgehend schweigend. Nur der Elvis darf seinen Senf dazugeben. Die CD ist im Player gelegen. Der Ãmer hat also noch ein grenzwertiges Laster. »Jailhouse Rock« gibt der King zum Besten. »One for the money ...«
Der Gerichtsmediziner wird samt seinem Volvo in Bad Kohlgrub zu ihnen stoÃen. Alles Abwägbare ist abgesprochen, ausgelutscht bis zum letzten Rest Knochenmark, fehlt nur noch die Umsetzung â redend tust du dich leicht. Hinten drin glänzt das Metall der Schaufeln.
D er Aschenbrenner hat dem Sandner einmal von einer Exhumierung im Auftrag vom
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