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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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pensionierten Oberstaatsanwalt Brauner erzählt. Dessen Onkel hat er sich vorgenommen respektive seinen Schädel. Am Westfriedhof sind die Knochen ausgebuddelt worden. Die Familie Brauner hat die Leiche des Mannes Oktober dreiunddreißig aus der Schutzhaft im Polizeigefängnis Ettstraße zurückbekommen. Da konnte der Heinrich Himmler grad als hiesiger Polizeipräsident protzen. Die Schutzhaft war wegen roter Hetze angeordnet. Ein Störenfried und Unruhestifter halt. Volksschädling. Und leider hätte er in der Haft einen tödlichen Herzanfall erlitten. Kommt vor – und jede Hilfe zu spät. Für den Leichentransport vom Gefängnis haben die Angehörigen noch gescheit bezahlen müssen und für vier Wochen Vollpension samt Mäuseköttel. Dass dem Toten ein fleckiger Verband um die Stirn gewickelt war, wurde durch eine kleine Schramme erklärt. Schließlich wär er infolge des Anfalls gestürzt. Die Familie hat es damals schlucken müssen – was hätten sie auch tun sollen? Wer hätte einen Kläger abgeben wollen? Der Totenschein ist ärztlich gezeichnet, amtlich gestempelt und eindeutig gewesen. Mit allem Pipapo. Aber der Brauner hat das Thema auf seine Tagesordnung gesetzt. Es hat an ihm genagt wie die Würmer an der Leich. Er hat die Geschichte ja nur aus geraunten Überlieferungen gekannt.
    Der Gerichtsmediziner hat für ihn herausgetüftelt, dass seinem Onkel sauber das Hirn eingeschlagen worden ist. Irrtum ausgeschlossen. Die »kleine Schramme« hat sich als gezacktes Loch samt Rissen in der Schädeldecke präsentiert. Späte Wahrheit. Die Täter sind längst unter der Erde. Vielleicht liegen ihre Gebeine gleich nebenan unterm eingemeißelten Gekreuzigten nebst Vergissmeinnicht-Blümerln.
    Und wem die heut noch heldenhaft erscheinen, dem haben gewiefte Marionettenspieler das Hirnstüberl mit Gülle aufgefüllt. Der muss an ihren Fäden den Tanzbären geben und die Pranke heben. Wenn dir das Nachdenken verboten scheint, bleibst du halt dein ganzes Leben lang ein verblichenes Abziehbild. Geschenkt.
    Diese Exhumierung ist legal gewesen, der Brauner ist ja nicht irgendwer. Was der sich in den Kopf gesetzt hatte, da kannst du lange suchen, bis einer aufmuckt, es ihm auszureden.
    Ãœber die Vergangenheit der Ettstraße respektive der Löwengrube solltest du nicht sinnieren, wenn du als Hauptkommissar dort ein und aus gehst. Schließlich geben nie die Mauern die mistigen Dreckhammel ab, sondern allerweil die Leut. An die ehrwürdige Löwengrube als Sitz vom Morddezernat hat der Sandner wehmütige Erinnerungen. Seit das Gebäude aufwendig aufpoliert wird, ziehen sie wie fahrendes Volk von einer Ecke Münchens in die andere. Das Gebäude in der Hansastraße ist zwar historisch ein weißes Blatt, aber atmosphärisch Marke Callcenter – also eher vom Scheißhauspapier abgerissen. Da kann sich der Amtsschimmel den Arsch abputzen. Immerhin eine saubere Sache.
    Â»Ist das ein Familiengrab?«, unterbricht der Miran kurz vor dem Ortseingang Sandners abschweifende Gedanken.
    Â»Da liegen vier Leut drin«, meint der Hauptkommissar. »Die Großeltern von dem Madl und ihre Mutter.«
    Der Miran nickt. »Vierstellig, aha. Wenn wir Schwein haben, liegen die beiden Alten tief und das Mädchen samt Mutter hoch – also drüber. So sollt es sein. Sonst wär’s ein dreckiges Gefrickel. Durcheinander, verstehst?«
    Â»Woher weißt du das alles?«
    Â»Erfahrung.«
    Â»Aha.«
    Der Ort kommt dem Sandner heut bei Weitem nicht so einladend vor. Taghell ist es noch, überall vermutet der Polizist spähende, misstrauische Blicke hinter den Scheiben. Verfolgungswahn kratzt leise an seiner Kammertür. Nur nicht hereinlassen, das madige Hirngespinst.
    Miran steuert den Leichenwagen die Hauptstraße entlang. Vom Ermittler bekommt er den Weg zur Rochuskapelle gewiesen. Kein Mensch zu sehen, aber einige Fenster der umliegenden Häuser sind schon beleuchtet. Sie werden beim Abendbrot hocken, die Einheimischen, und sich dabei vom Vorabendprogramm entertainen lassen. Was soll auch anders sein als in München? Morgen heißt es wieder zeitig raus – ob dich Autohupen hochreißen oder der krähende Gockel, ist eine Frage des Gustos. Manch ein Städterer, der ruhesuchend unbedingt aufs Land ziehen musst, hat schon gegens Federvieh vom Nachbarn oder die

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