Fuck It!: Loslassen - Entspannen - Glücklich sein (German Edition)
wollen ihn nie wieder erleben. So wird die Erfahrung von Schmerz zur Angst.
Beispielsweise schneiden wir ganz alltäglich Karotten mit unserem scharfen Lieblingsmesser. Bis zu dem Tag, an dem wir uns eine Fingerkuppe abschneiden. Der Schmerz führt zu einer Angst vor der Benutzung scharfer Messer. Soeben haben wir unserem Sack ein weiteres Stück Angst hinzugefügt.
Vielleicht nehmen Sie gerne aktiv an Meetings in der Arbeit teil. Bis zu dem Tag, an dem Sie etwas durcheinander sind und – auf halbem Weg, eine glänzende Pointe zu machen – vollständig den Faden verlieren. Sie stolpern und fallen; Sie haben keine Ahnung mehr, was Sie da eigentlich sagen. Und Sie entschuldigen sich und stolpern noch bis zu einem Haltepunkt voran – es ist unglaublich peinlich. Die Scham und der daraus resultierende Schmerz begleiten Sie für den Rest des Tages. Als das nächste wichtige Meeting ansteht, merken Sie, dass Sie Angst davor haben, sich zu äußern. Noch ein vermasselter Ball für Ihren Sack.
Das Problem im Leben ist – wie wir nun wissen – dass alles, was uns etwas bedeutet, ein Schmerzpotenzial in sich birgt. Man kann also so ziemlich vor allem Angst bekommen. So haben manche Menschen Angst davor, sich zu verlieben, weil sie Angst vor dem Schmerz haben, den sie in einer früheren Liebe erfahren haben. Sie fürchten sich davor, das zu tun, was sie tun wollen, weil es früher einmal schiefgegangen ist. Manche haben wegen eines Schmerzes, den sie früher außerhalb ihres Hauses erlebt haben, Angst davor, ihr eigenes Heim zu verlassen.
Vergessen wir nicht, dass das ein vollkommen natürlicher Prozess ist. Selbst die augenscheinlich extreme Ausweitung des Angst-Sacks ist ganz natürlich, da es uns allen gleichermaßen geht: Schmerz fühlen und dann Angst haben.
Aus diesem Grund erleben viele im Alter oft ein noch stärkeres Gefühl von Angst. Für einige Menschen bringt die Zeit einfach mehr Gelegenheiten für die Erfahrung von Schmerz und die Entwicklung von Angst mit sich. Deshalb sind oft gerade alte Menschen ausnehmend ängstlich und furchtsam.
Jedoch kennen wir alle Menschen, die vollkommen furchtlos zu sein scheinen. Sie sind abenteuerlustig, haben Selbstvertrauen, sind in der Welt unterwegs und genießen das Leben. Dennoch haben sie höchstwahrscheinlich genauso viel Schmerz erfahren wie jedermann sonst: Tatsächlich haben sie wahrscheinlich mehr Schmerz erfahren, wenn man bedenkt, dass bei ihnen die Wahrscheinlichkeit größer war, dass sie im Blizzard die schwarze Piste hinuntergefahren sind oder in der Kurve überholt haben.
Und da ist – meine ich – Folgendes passiert: Unser Angstquotient hängt nicht davon ab, wie viel Schmerz wir erfahren, sondern wie wir auf den Schmerz antworten . Gehen wir ganz an den Anfang zurück, nämlich zu unserer Geburt. Nur um den Gedanken zu verstärken, dass das Leben Schmerz und Lust gleichzeitig bedeutet: Unsere Geburt ist schmerzhaft und lustvoll. Die ersten Erfahrungen außerhalb der Gebärmutter sind voller Schmerzen, denn es ist beispielsweise schwierig, den ersten Atemzug zu nehmen. Die Flüssigkeit, an die wir uns gewöhnt hatten, ist weg und höchstwahrscheinlich ist es sehr hell – und auch nicht so warm, wie wir das gerne hätten. Aber es ist nicht der Geburtsschmerz selbst, der seinen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen wird, sondern die Umwelt , in der er erfahren wird. Das Ausmaß unserer Schmerzerfahrung ist jeweils davon abhängig, wie die Menschen im Raum reagieren. Wenn Sie in einen Raum ängstlicher, panischer Menschen hineingeboren werden, dann wird das einen ganz anderen Eindruck bei Ihnen hinterlassen, als wenn Sie in einem Raum mit ruhigen, liebevollen Menschen das Licht der Welt erblicken.
So lernen wir in der Frühphase unseres Lebens, wie wir Schmerz zu deuten haben. Wenn wir Schmerz erfahren, lehrt uns die Reaktion der Menschen in unserer Umgebung, darauf auf ähnliche Weise zu reagieren. Wenn wir als Kind krank sind und unsere Mitmenschen voller Aufregung und Angst reagieren, dann lernen wir auf diese Weise auf Schmerz zu reagieren. Wenn wir uns als Kind schneiden oder verbrennen, dann werden wir ebenso auf bestimmte Weise auf diesen Schmerz reagieren.
So »lernen« viele von uns mit Schmerz jeglicher Art umzugehen. Das ist unser Erbe. Unseren Eltern wurde ihr Umgang auf Schmerz vermutlich von ihren Eltern »gelehrt« und sie geben diese Erfahrung direkt an uns weiter.
Dabei läuft alles auf Folgendes hinaus: Entweder haben wir
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