Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
nicht lächeln kann.
Aber laufen.
Die Sau.
5. Mama gibt Gummi
Mama fährt mit mir zum Arzt und sagt, ich habe heute meine nächste Untersuchung, die U3, und dass sie gespannt sei, was ich jetzt alles schon könne.
Überrascht frage ich mich, wieso sie einen Arzt braucht, um das festzustellen, aber scheinbar ist sie selbst einfach zu müde dazu. Immer ist sie müde. Dabei ist das doch ganz einfach. Sie müsste die nächtlichen Schlafunterbrechungen natürlich durch mehrfache Nickerchen am Tag ausgleichen, ganz ehrlich, das weiß doch jedes Baby. Irgendwie kommt Mama da aber nicht drauf und holt sich heute lieber Hilfe.
Als wir die Praxis betreten, kommt Dr. Liebermann auf uns zu und führt uns in einen weißen Raum mit lustigen Tierbildern an den Wänden, die vermutlich von seinen fiesen Untersuchungsmethoden ablenken sollen.
Er wolle nun testen, ob ich Gegenstände mit den Augen fixieren und verfolgen könne, sagt er und wackelt mit einem Erdmännchen aus Stoff vor mir herum.
Ich fixiere lieber die bescheuerten Giraffen, die mit verknoteten Hälsen von der Wand auf mich herabglotzen. Wenn so seine medizinischen Erfolge an Patienten aussehen, dann gute Nacht.
Er verstellt seine Stimme und sagt gleichsam quäkend: »Haaallo, ich bin das Erdmännchen Rudi, ich bin dein Freund und hab dich gaaaanz lieb, schau mal, ich kann auch pupsen, hihi«, und er imitiert mit dem Mund das Geräusch einer kleinen Flatulenz.
Das kann ich besser, denke ich und mache ein ordentliches Drückerchen in die Windel.
Zu meinem Erstaunen beachtet Mama mich nicht, sondern hört gar nicht mehr auf zu lachen und hat nur noch Augen für den Arzt. Sie wischt sich eine Träne aus dem Gesicht und sagt, sie habe schon lange nicht mehr so gelacht, der Doktor sei ja ein großer Spaßvogel, und das gefiele ihr sehr gut.
Dann wird sie ernst und schweigt, und plötzlich bricht es aus ihr heraus. Dass sie zu Hause nur noch Stress hätten und dass ihr Mann Chris ja überhaupt nicht lustig sei, und gerade jetzt in dieser furchtbaren Phase des immerwährenden Schlafmangels könne man sich doch nur mit Komik über Wasser halten, und dass sie auch nicht wisse, ob die Beziehung dem standhalten könne. Schniefend wischt sie sich abermals eine Träne weg.
Ich würde ihr gerne helfen, doch Dr. Liebermann kommt mir zuvor, reicht ihr ein Taschentuch und sagt, dass so eine schöne Frau doch jederzeit einen anderen finden könne, da solle sie sich mal keine Sorgen machen, und ihr Ausbruch sei sicher hormonell bedingt, das lege sich mit der Zeit wieder.
Mama blickt dankbar auf.
Er solle bitte entschuldigen, murmelt sie, das hätte wohl mal rausgemusst, es ginge ihn ja eigentlich gar nichts an, und dass dies ja wirklich nicht der richtige Ort für solche Gespräche sei, das wisse sie auch, und er solle das mal ganz schnell wieder vergessen.
Er beruhigt sie lächelnd und klatscht plötzlich laut in die Hände.
Ich schrecke auf.
Mama ruft: »Was ist passiert?«
»Entschuldigung«, antwortet er grinsend, »ich musste Mias Reaktionsvermögen testen, und Ihnen hat das scheinbarauch ganz gutgetan, Sie sehen schon wieder ganz anders aus, sehr schön mit Ihren wunderbar großen Reh-Augen. Ablenkung ist eben alles, und wenn sie jemanden zum Reden brauchen, können Sie mich jederzeit anrufen.«
Er schiebt ihr seine Handynummer in die Hand, drückt sie länger als üblich und verlässt den Raum.
Reh-Augen. Na so was. Mama hat Stress mit Papa, und der Arzt will sie trösten, das finde ich nett von ihm. Auch wenn er ein Schnösel ist.
Und die Hormone werde ich mir zur Brust nehmen, sollten sie mir über den Weg laufen.
~
Offensichtlich ist Mamas Frust vergessen, als sie ein paar Tage später vom Einkaufen zurückkommt und hoffnungsvoll flötet, sie habe mir etwas gaaaaanz Tolles mitgebracht. Dabei steckt sie mir etwas in den Mund, während Papa mich gespannt anguckt.
Erstaunt sauge ich nun an einem Plastik-Nippel, der durchsichtig ist und einen Ring hinten dran hat.
»Hat nicht der Ochse auch so was im Gesicht?«, frage ich Teddy leise.
»Der hat das in der Nase«, korrigiert er mich, kämmt sein Fell von rechts nach links und betrachtet sich anerkennend im Spiegel.
»Meiner lugt aber aus dem Mund«, wundere ich mich.
»Kommt bestimmt ein Strick dran, und du wirst zum Pflügen eingesetzt«, sagt er grinsend, und auf meinen fragenden Blick hin: »Kinder sind teuer, da muss man schon mal mitarbeiten, das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert.«
Ich
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