Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
Nasensekret-Mami habe, sei diese nun sicher sehr stolz.
Sicher stolzer, als Mutti auf sie sei, murmelt Mama, während Oma beherzt in ihr Taschentuch spuckt und mir kommentarlos den Mund abwischt. Finde das ekelhaft, will aber die Stimmung nicht eskalieren lassen und hample ablenkend in meiner Wippe rum. Doch Mama will unbedingt Anerkennung, warum, weiß der Geier, und ich gucke Teddy fragend an.
»Deiner Mama sind in der Schwangerschaft ein paar ihrer wichtigsten künstlerischen Aufträge und Vernissage-Angebote weggebrochen«, erklärt er, »das macht ihr schwer zu schaffen. Deshalb bricht sie nun in einen Kreativitätsschub aus, da kann man nichts machen, Künstlerin bleibt Künstlerin, auch wenn man Familie hat.«
Und tatsächlich, Mama zeigt Opa und Oma jetzt ihre weiteren Errungenschaften.
Ich glaube es nicht und schäme mich ein bisschen.
Neben dem kleinen Grünling liegen der abgefallene Nabelrest, die Bauchnabelklemme und luftdicht verpackt die erste Kindspech-Windel, außerdem daneben als visueller Höhepunkt getrocknetes Gekötzeltes in Öl auf Spucktuch.
Oma und Opa verlangen nach Stühlen und Riechsalz, und auch ich kann kaum glauben, dass Mama nichts Besseres zu tun hat, als sich am Sammeln von Devotionalien zu ergötzen.
»Es gibt doch schließlich Alternativen«, meint auch Teddy.
Ich pflichte ihm heftig bei und denke nach. Tapfer entschließe ich mich, sie auf Briefmarken-Sammeln aufmerksam zu machen, und kotze auf die Post. Mama aber lacht nur und sagt: »DuDuDuDuDu, du kleines Scheißerchen«, während Oma entsetzt ruft: »Nicht das jetzt auch noch«, und ihre Hände vors Gesicht schlägt.
»Scheißerchen«, grölt Teddy lauthals und kriegt sich gar nicht mehr ein vor Amüsement.
»Ja, Scheißerchen«, wiederhole ich trotzig, »Müttern ist es nun mal egal, aus welcher Körperöffnung heraus die kindlichen Speisereste die Welt verschönern, Hauptsache es ist raus, und außerdem hat sie mich lieb.«
Händeringend suche ich nach weiteren Argumenten, um meine geliebte Mama angemessen zu verteidigen, als das Telefon klingelt.
Bettina ist dran. Mama stellt den Lautsprecher an und informiert sie stolz über ihr neues Kunstprojekt mit meinen Ausscheidungsobjekten.
»Gibt’s ja nicht, das hatten wir auch vor!«, kreischt Bettina durch den Hörer, »wir haben aber davon abgelassen, denn ihr wisst ja, was ihr da sammelt, ist Mias Eigentum, das ist rechtlich nicht ...!«
»Ach was, Betty, ihr Körper zeigt doch dafür Verachtung und schmeißt das Zeug raus, da kann man doch ..., sieht doch auch ganz hübsch aus, man müsste das nur mal richtig saubermachen«, ruft Oma und leiser zu Opa: »Die Bettina konnte ich noch nie leiden.«
Bettina erwidert, sie rufe später noch mal an, sie wolle nicht stören, es sei ja Besuch da, und Sören-Wotan habe sich gerade fast alleine hingesetzt, und das sei ja sehr früh, und sie müsse jetzt dringend mit Marlon besprechen, ob Sören-Wotan vielleicht den Kindergarten überspringen sollte und direkt in die Schule, sie würde bald wieder was von sich hören lassen.
Mama freut sich über Oma Annies Beistand und nimmt sich vor, meine Ausscheidungsobjekte von nun an jedem Besucher zu zeigen. Und sie meint wirklich jeden .
Onkel, Nachbar, BoFrost -Mann, egal, das müsse an die Öffentlichkeit, ruft sie voller Elan, und wenn Mia mal berühmtsei und sie vielleicht nicht mehr mit Papa zusammen, man wisse ja nie, jede dritte Ehe werde schließlich geschieden, und sie sei dann vielleicht in Altersarmut, weil sie ihren Kinderwunsch der Karriere vorgezogen habe, ja dann, dann ginge der Erstlings-Popel bei Sotheby’s womöglich für drei Mille weg.
Papa guckt erstaunt, und ich sehe mich schon an einem Knüpfstuhl in der Kölner Bronx arbeiten, um meine altersschwache und alleinstehende Mutter durchzubringen, da fängt sie an zu lachen und sagt, alles halb so wild, zu einer Ehe gehörten nun mal auch Spannungen, sonst sei das Zusammenleben ja langweilig, wir sollten uns keine Sorgen machen, es sei alles einigermaßen in Ordnung, aber das mit Sotheby’s, das sei alles andere als unrealistisch, und wir würden schon sehen.
Das gibt mir Hoffnung, ich lebe aber trotzdem lieber im Hier und Jetzt, und Teddy ärgert sich über das nun bald chronisch leere Tiefkühlfach.
»Ach was«, versucht er sich selbst zu beruhigen, »keine Sorge, BoFrost -Männer kann man mit so was nicht vergraulen, die sind hartnäckig, BoFrost -Männer sind wie Wollmäuse, die kommen immer
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