Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
Holznucki ist aber sicher immerhin im Mondschein von erzgebirgischen Zuhältern geschnitzt worden.«
Er lacht.
Ich gucke ihn verständnislos an, während Mama mir den Schnuller wieder in den Mund steckt. Nachdenklich erwidere ich: »Mir kommt das langsam komisch vor, die untere Gesichtsöffnung scheint ja bei Menschen schwer gefragt zu sein. Ja tatsächlich, wenn man mal genau hinguckt, sämtliche Babys lullern an Gummipfropfen rum, Teenies sabbern durch Zahnspangen, Oma und Opa tauschen Gebisse, wenn auch nicht immer absichtlich.«
Teddy lacht noch mehr.
»Nur Mama und Papa haben nichts zum Spielen«, ergänze ich voller Mitleid und spucke Mama meinen Nucki zu.
Sie will ihn aber nicht haben, wischt ihn abermals an ihrer Jeans ab und stopft ihn mir in den Mund zurück.
Bettina und Marlon können Mamas Verhältnis zur Babyhygiene nun nicht mehr mit ansehen und verabschieden sich hastig unter dem Vorwand, sie hätten noch einen Termin beim Chinesisch-Lehrer, der sei nämlich der Meinung, es wäre allerhöchste Zeit, Sören-Wotans sprachliche Kompetenz zu erweitern, und sie wollten sich später schließlich nicht schuldig fühlen müssen, wenn dem Jungen Bildung fehle.
»Bettina nervt ganz schön«, sage ich erleichtert zu Teddy.
»Aber Sören-Wotan ist süß, da kann man nichts sagen«, erwidert er und zwinkert ihm zu, und ich pflichte ihm errötend bei.
Papa und Mama atmen auf, und Papa sagt, er wollte das ja eben nicht sagen, aber was das überhaupt für ein blödes Wort wäre, Nucki, wer sich denn so was ausgedacht habe, vermutlich eine Erfindung von Müttern mit sprachlicher Stilldemenz.
Als Mama leicht angesäuert guckt, beeilt sich Papa zu sagen, dass er damit keinesfalls Mama meine, aber mal ehrlich, das sei doch ein Spucki, das sähe man doch, das Ding wälze sich in meiner Spucke wie ein Ferkel im Schlamm.
Den Vergleich finde ich wirklich gewöhnungsbedürftig, und Mama sagt genervt, sie brauche nun mal einen Schnuller für Mia, um dieses lästige Schreien zu unterbinden.
Papa lächelt sie an.
Er brauche gar nicht so scheinheilig zu grinsen, fährt sie ihn an, er müsse sich das ja nun mal nicht den ganzen Taganhören, sie jedenfalls könne bald nicht mehr, wenn das nicht bald aufhöre, müsste er die Betreuung übernehmen, sie bräuchte schließlich auch mal wieder Zeit für sich.
Papa sagt beschwichtigend, es sei ja schon gut, er habe ja gar nichts gegen den Schnuller, und sie würde das mit meiner Betreuung doch ganz prima machen, das könne er mit Sicherheit bei Weitem nicht so gut wie sie, sie sei einfach eine großartige Mutter.
Mama lächelt nun, und Papa zwinkert mir zu.
~
Am nächsten Morgen kommt Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter früher als erwartet zur Nachsorge vorbei.
Papa winkt ab und verschwindet im Badezimmer, und Mama zuckt zusammen, versteckt meinen Nucki hinter dem Rücken und versucht, ihn mit ihren Fingernägeln zu zerbröseln, doch es ist zu spät.
Was sie denn da verberge, ruft die Hebamme entsetzt und wie ich finde leicht theatralisch, ob sie da etwa, das sei doch wohl nicht die Möglichkeit, das sei ja ein Schnuller! Da müsse sie jetzt aber erst mal mit Mama drüber reden, also so ginge das ja nicht, da ginge ihr ja der Hut hoch.
Mama wird rot und sagt, das sei nur ein Nucki, aber Gudrun redet sich in Rage und brüllt, kein Kind bräuchte Nuckis, Mama könne mir Nuckis geben, solle aber bitte mal überlegen, wer hier den Nucki brauche, das Kind oder die Eltern.
»Die Kautschuk-Industrie«, antwortet Teddy trocken.
»Und ich!«, springe ich Mama bei, doch sie hören mich nicht.
Wann hört das denn endlich auf mit meinen Artikulationsschwierigkeiten, frage ich mich entnervt, man fühlt sich ja völlig hilflos.
Mama wird wütend und ruft, Mia schreie so nun schon seit Wochen und der Schnuller beruhige sie ungemein, das sei doch ganz normal, Babys hätten eben orale Bedürfnisse.
Trotzig steckt sie mir den Nucki in den Mund.
Die Hebamme erwidert fassungslos, sie habe ihr doch schon im Krankenhaus erklärt, dass sie in solch einer Situation dem Kind ihren kleinen Finger in den Mund geben soll, das sei viel gesünder für den Kiefer und auch die Nähe zwischen Mutter und Kind würde dadurch enorm intensiviert, und was sie sich eigentlich davon verspräche, wenn sie sich ihren fachkundigen Anordnungen widersetze.
Sie könne doch nicht den ganzen Tag den Finger zur Verfügung stellen, entrüstet sich Mama, sie habe ja auch noch ein eigenes Leben, und der Haushalt
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