Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
nämlich gerade gewachsene, entrindete Jungfichtenstämme, mit denen man Bohnengewächse stütze, und die seien kulinarisch nicht ganz das, was man sich unter Haute Cuisine vorstellen würde.
Damit lässt sie Papa sitzen und rauscht mit mir zum Kurs.
Meine Eltern streiten sich, und ein Gefühl von Verlustangst steigt in mir auf. Hoffentlich wollen sie sich nicht trennen. Das wäre ja furchtbar, doch im Moment kann ich ihnen nicht helfen und nehme mir vor, positiv in die Zukunft zu blicken. Dergestalt eingenordet, bewahre ich Haltung und erwarte putzige Pornobilder und Pfirsich-Übungen, doch es kommt anders.
Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter lächelt überlegen und holt aus ihrer Tasche eine gestrickte Gebärmutter.
Als ob das nicht schon Sensation genug wäre, klettet sie ein Band dran und sagt stolz, dies sei die selbstgestricklieselte Nabelschnur, und wer jetzt lache, käme mit Sicherheit nicht in den Himmel, so viel stünde fest.
Die Mütter kichern, und Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter läuft knallrot an, stopft die Gebärmutter mit Sachkenntnis in einen halbkaputten Ball und zieht sie unten ein kleines Stück wieder heraus.
So sähe das aus, wenn keiner seine Hausaufgaben mache, brüllt sie humorlos, dann sei es vorbei mit stressfreiem Husten und Hopsen, und den anfahrenden Zug würden wir trocken auch nicht mehr erreichen.
Deshalb sei das Thema heute ›Sitzbeinhöcker‹.
Sie verteilt halbaufgeblasene Bälle, auf die sich die Mütter setzen sollen. Dann dengelt sie mit voller Wucht kleine esoterische Schellen aneinander und brüllt: »Scheide, After und Harnröhre feste in sich reinziehen, Sitzbeinhöcker begrüßen sich, Guten Tag nach links, Guten Tag nach rechts, Schambein nach vorne, Kick nach hinten, wieder grade und entspannen. Zehn Mal wiederholen, danach Ball wegnehmen und das Gleiche noch mal. Merkt ihr den Unterschied?«
Mama murmelt: »Ja, wir sitzen nicht mehr auf dem Ball.«
Sie verstummt, als sie Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötters Blick trifft.
Eine andere Mutter ruft: »Ohne Ball habe ich meinen Pfirsich verloren!«, woraufhin Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter bedrohlich flüstert, sie könne auch anderes Kernobst nehmen. Man könne sogar das Obst weglassen, dann würden sie jetzt eben mit ihren Vaginas ein Veilchen pflücken.
Mama lacht verschmitzt und murmelt leise, sie habe Heuschnupfen, und besonders bei Veilchen – aber Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter hat mit Renitenz gerechnet und knallt ihr ein Antihistaminikum vor den Latz.
Nachdem pro Person circa eintausend Veilchen gepflückt worden sind, malträtiert sie den Gong wie gehabt und sagt, die Hausaufgaben könne und solle man täglich und überall machen.
Mama nimmt das ernst und pflückt Veilchen in der Küche, an der Ampel und im Aldi.
Ich nehme mir vor, heimlich einen Termin beim Therapeuten zu machen, und träume in der Nacht von gestrickten Gebärmuttern, die ganze Landstriche wegfräsen.
Tulpen, Veilchen, Raps – alles weg –, somit hat dank Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter auch die Idee des Bioethanols ein jähes und glückliches Ende gefunden.
7. Papas Einsatz
Papa sagt zu Mama, er ließe den Vorwurf nicht auf sich sitzen, dass er keine ernstzunehmende Betreuungsalternative sei, deshalb wolle er sich ab jetzt mehr um mich kümmern. Ich bin gerade mit Trinken fertig und soll nun schlafen, bin aber zu aufgeregt und gespannt, was er mit mir vorhat, weshalb ich vor Vergnügen ein bisschen rumschreie.
Mama ist ebenfalls gespannt und hat ihm vorsorglich ein buntes Tragetuch aus den peruanischen Anden besorgt, das er sich nun wie ein Sumoringer um den Leib wickelt. Er setzt mich hinein und wippt auf und ab, so dass ich mir vorkomme wie in einem unentschlossenen Fahrstuhl. So kann ich jedenfalls nicht einschlafen, das steht fest.
Teddy lacht und flüstert schelmisch: »Wenn man sich verpuppt, wird man ein Schmetterling, du wirst schon noch sehen.«
»Wow – wenn Papa mal loslegt, dann aber richtig«, staune ich und bin stolz auf ihn.
Hänge nun stundenlang im Tragetuch.
Es ist sehr warm hier drin, aber das ist egal, denn ich konzentriere mich voll auf Verwandlung. Für Teddys Erklärung bin ich ihm dankbar, denn ich rechne mir aus, dass Kafkas Schüler dann ein Buch über mich schreiben, und hoffe, dass sie nicht nur Käfer gelernt haben. Auf alle Fälle möchte ich gerne in ein Wesen verwandelt werden, das laufen und für alle hörbar sprechen kann. Also warte ich geduldig ab.
Ich vermute, wenn man einmal
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