Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
kümmert sich um die ganze Schreierei und das Füttern und die Wäsche? Ich!«
Ich wusste gar nicht, dass ich so viel Arbeit mache und überlege, nicht mehr so oft zu trinken, damit Mama mehr Zeit fürs Malen hat.
Je länger ich aber darüber nachdenke, desto mehr muss ich zugeben, dass mir der Gedanke der partiellen Abstinenz nicht gefällt. Entschieden suche ich nach Alternativen und beschließe, meine künstlerischen Ambitionen in Zukunft selbstlos in ihren Dienst zu stellen und Mama intensiv beim Malen zu helfen, denn ich habe sie sehr lieb.
Sammle sofort meine Spucke und lasse sie langsam aus dem Mund auf Papas iPhone laufen, um daraus ein modernes Tropfbild als Weiterführung von Jackson Pollocks Drip-Paintings zu produzieren.
»Ich gehe doch auch bald in Elternzeit«, wendet Papa indes ein, schnappt sich mit spitzen Fingern sein Mobiltelefon und wischt mir mit der anderen Hand angewidert den Mund ab.
So wird das nichts mit der Vernissage, denke ich entrüstet und tröste mich mit dem Gedanken, dass er vielleicht vorbeugend gehandelt hat, weil er nicht will, dass ich genau wie Pollock anfange zu saufen und früh sterbe.
»Ha! Zwei Monate! Sehr lustig! Das reicht doch hinten und vorne nicht«, ruft Mama.
»Und in den Nächten bin ich doch auch schon oft wegen Mia aufgestanden!«
»Ja, am Wochenende vielleicht mal!«
Verstehe gar nichts mehr. Wieso stehen sie wegen mir auf ? Ich liege doch zwischen ihnen. Vermutlich merken sie das nicht und suchen mich panisch, während ich schlafe.
Entschlossen nehme ich mir vor, mich in Zukunft nachtsnoch doller an sie zu schmiegen, damit sie meine Anwesenheit auch wirklich spüren. So kann ich sie sicher ganz wunderbar beruhigen, und dann können sie bis auf die Trink-Unterbrechnungen zwischendurch endlich durchschlafen.
»Ich kann nun mal nicht stillen, was soll ich denn machen?!«, bricht es indes aus Papa raus.
»Ich doch auch nicht«, rufe ich tröstend, »was macht das schon, es reicht doch, wenn Mama das kann.«
Doch keiner hört mich, und beide schweigen beleidigt, während ich überlege, ob ich auch ohne Zahnschmerzen mit dem Schreien anfangen soll, damit sie auf andere Gedanken kommen.
Es macht mich ganz verrückt, dass sie sich dauernd streiten. Und immer geht es darum, wer ›Kinderdienst‹ hat und wer arbeiten ›darf‹. Wenn Arbeiten so was Tolles ist, dann sollen sie doch beide gehen – ich komme schon klar, und außerdem habe ich ja noch Teddy.
Pah.
Wie immer lenkt Papa als Erstes ein: »Dann lass es uns demnächst mal mit Pre-Milch versuchen, dann gebe ich Mia nachts mal die Flasche, was hältst du davon?«
Viel, denke ich, zwar liebe ich Mamas Milch über alles, aber ich mag auch die Abwechslung und fühle mich so erwachsen wie Papa, der ebenfalls dauernd aus Flaschen trinkt und davon immer ganz fröhlich wird.
»Ja«, murmelt Mama, »das ist vielleicht eine Lösung. Wenn ich nicht bald durchschlafen kann, werde ich noch ganz verrückt.«
Langsam finde ich, sie stellt sich ganz schön an. Ich schlafe ja auch nie durch. Außerdem ist sie doch eh schon ziemlich bekloppt, und genau das mag ich ja an ihr.
Doch weil sie ganz angestrengt aussieht, lächle ich sie mitleidigan. Sie nimmt mich auf den Arm, und ich spüre ihren Herzschlag.
Hoffentlich geht es ihr bald besser. Meine Mama.
~
Ein paar Tage später habe ich wieder höllische Schmerzen im Kiefer. Mama versucht, mir zu helfen, und schenkt mir eine Bernsteinkette.
Offensichtlich hat sich irgendjemand einen Spaß draus gemacht und Schmucksteine aus fossilem Harz in langen Winternächten munter auf einen Faden aufgereiht. Vermutlich brauchte der arme Mann Geld und behauptete deshalb, dass von nun an alle Babys, die was auf sich halten, die Kette tragen müssen, um ihre Zahnungsschmerzen zu lindern.
Von der Wirkung ist nichts zu spüren, doch ich akzeptiere die Kette, denn ich finde, dass sie meine weibliche Optik um einiges aufwertet.
Bin gespannt, was Sören-Wotan dazu sagt, jetzt wird er sicher nicht mehr zu bremsen sein.
Endlich!
~
Trage die Kette nun Tag und Nacht, wache aber trotzdem noch weit vor dem Morgengrauen auf und habe Hunger. Wecke Mama, denn ich will umgehend an die Brust, aber sie springt auf und rüttelt Papa mit den Worten wach, es sei jetzt so weit und er solle mal voranmachen, die Mia wäre schon da. Gerade frage ich mich, ob Papa jetzt das Stillen übernimmt, doch statt sich auszuziehen, verlässt er behände das Zimmer.
Kurze Zeit später klopft es an der
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