Fuck
zu uns zu stellen, um so etwas Geistreiches abzusondern wie: „Sieh an, sieh an, Herr Bach geht
auch
mal aus. Herr Schlögl, wie haben Sie das nur angestellt?“
Oder: „Leo, was hast du Simon gezahlt, dass er mit dir hierher kommt?“
Oder: „Simon? Ich kann es nicht fassen? Du? Hier? Was ist denn in dich gefahren? Harten Tag gehabt? Leo, du musst wissen, Simon kommt nie hierher. Nie. Bisher brachten ihn keine zehn Pferde hierher – und verdammt – die hatten wir sogar schon mal organisiert!“
Jedes Mal grinste Leo mich an und tat selbst nach dem fünfzehnten Mal noch so, als habe er gerade erstmals erfahren, dass ich offenbar nicht gerne mit meinen Kollegen auf einen Drink ging. Er spielte mit ihnen!
„Ich kann dich verstehen!“, rief er irgendwann und musste seinen Mund dabei nahe an mein Ohr rücken, so laut war es mittlerweile geworden. Ich spürte seinen Atem und wir standen so nah beisammen, dass wir uns immer wieder unabsichtlich an den Armen berührten.
Gelegentlich mussten wir so nah zusammenrücken, dass wir Brust an Brust, Bauch an Bauch standen, um jemanden vorbeizulassen. Wir blickten dabei nervös in die jeweils andere Richtung, über die Schulter unseres Gegenübers hinweg. Mir klappten dabei unwillkürlich die Augenlider runter, so sehr nahm mich seine Nähe gefangen, und kämpfte dagegen an, meine Arme um ihn zu schlingen.
Ich war fast ununterbrochen hart und litt wahrlich, vor allem, wenn wir wieder einmal aneinander gedrängt wurden. Ich versuchte, zumindest mein Becken wegzudrehen, damit auf Abstand zu gehen um zu vermeiden, dass er spürte, wie erregt ich war.
Gelegentlich strichen bei einem Zusammenprall seine Locken über meine Wangen und meine Schläfen hinweg, ein andermal stützte er sich mit einer Hand sanft an meiner Schulter ab. Einmal zog er mich an den Hüften zu sich, weil er bemerkte, dass jemand hinter mir vorbeigehen wollte. Ich hatte das beinahe falsch verstanden und ihm um ein Haar einen Kuss gegeben, verlor jedoch sofort den Mut, zumal er mit seinem Kopf empfindlich zurückzuckte und mich irritiert anlächelte.
Wir kamen nicht viel zum Reden, weil wir ständig unterbrochen wurden und die Musik zu laut war, aber wenn wir einige Worte wechselten, fühlte sich das für mich an wie auf einer Achterbahn, als hätte ich einen Geschwindigkeitsrausch. Ich wurde regelrecht getragen von einer Welle der Zuneigung, dem Gefühl, das ich genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, mit dem richtigen Mann.
Es war einfach nur schön; krönt dieses so banal gewordene, schwache Wort! Schön. Auch wenn sehr viel dafür sprach, dass er an mir interessiert war, wagte ich nicht zu hoffen. Ich traute mich nicht zu fragen ob er in einer Beziehung war, fürchtete, das wäre gar zu offensichtlich, zu plump.
Noch ein weiterer Grund hinderte mich daran, auf den Beziehungsstatus zu sprechen zu kommen: Zwangsläufig hätte er auch mich gefragt und ich hätte von Katja und Sophie erzählen, oder lügen müssen. Zwar sprach ich gerne über meine kleine Tochter, aber es war schwierig zu erklären, warum ich verheiratet war. Noch immer verheiratet.
Ich hatte in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass dieser Aspekt meines Beziehungsstatus ein Problem darstellte. Zugleich aber benutzte ich ihn auch gerne als Schutzschild. Insofern war es wohl nicht pure Bequemlichkeit, warum ich mich noch nicht hatte scheiden lassen, und nicht allein ein rechtlicher und finanzieller Grund – sondern auch die Tatsache, dass ich die Ehe wie eine Mauer gegen andere Menschen aufbauen konnte.
Meine letzte Beziehung war, zum Beispiel, daran gescheitert, dass Katja eines Tages mit Sophie meine Wohnung gestürmt hatte. Damals war meine Tochter zwei Jahre alt gewesen und ich hatte sie zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Katja hatte sich mit meinen Eltern zerstritten. Sie lebte in deren Haus und führte mit ihnen den kleinen Kaufmannsladen.
Meine Frau hatte ich zuletzt gesehen, als sie im dritten Monat mit Sophie schwanger gewesen war. Aus verständlichen Gründen hatte sie lange nichts von mir wissen wollen. Und dann tobte sie auf einmal in meinem Wohnzimmer, während ich begeistert Sophies Finger und Zehen zählte, ihre kleine Nase stupste. Sophie zog mir die Ohren lang und lachte über meine Grimassen. Wir mussten auf meinen damaligen Freund gewirkt haben wie in einer intakten Ehe und er fragte sich bestimmt, wie er das bisher nicht hatte mitbekommen können.
Ich hatte ihm nichts von meiner kleinen Familie
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