Fuck
leidenschaftliche Raserei nahm mich mit, mein Körper tanzte mit seinem. Nicht nur meine Zunge, meine Lippen, erwiderten den Kuss, sondern ich ging mit Haut und Haaren, Herz und Blut, Muskeln und Säften mit. Ich wehrte mich nicht, als hunderte kleine Impulse verdächtig an meinen Nervenbahnen zupften und sich mein Körper noch fester, noch rasender an Leos drängte um sich zu entladen, ihm alle Energie zufließen zu lassen, ihn einzuhüllen damit.
Alle Bedenken waren über Bord, kein Kuss bisher hatte sich so richtig angefühlt wie dieser, an keinen Körper hatte ich mich je mit mehr Verlangen geschmiegt als an Leos. Es schien, als wären wir eine halbe Ewigkeit in diesem Kuss versunken, aufgeweicht in einem stundenlangen Spiel mit Lippen und Zungen, Armen und Beinen, drängenden Becken, doch kaum lösten sich unsere Körper, fühlte er sich viel zu kurz an, viel zu flüchtig.
Benommen torkelten wir auseinander, hielten uns aneinander fest, grinsten idiotisch, benetzten unsere Lippen und kosteten ein letztes Mal von den Resten unseres Kusses. Leo blickte mich seltsam erschrocken an, wandte mir seinen Rücken zu und verschwand mit raschen, hallenden Schritten in der Seitengasse.
Ich schaute ihm eine Weile nach, eingelullt in einer Überdosis Gefühl, unfähig ihm zu folgen und fürchtete bald, ich hatte mir das alles bloß eingebildet.
Mit zittrigen Knien, und als bestünde der Boden nicht aus Asphalt, sondern aus Schaumgummiwolken, trat ich meinen Heimweg an.
– Im Tierpark –
„Schau mal Papa, ein großer, gefährlicher Tiger!“, rief Sophie aufgeregt und rannte mit ausgestrecktem Finger auf das Gehege zu. Seit weit über einer Stunde hetzte sie mich auf diese Weise durch den Tierpark, verweilte kaum eine Minute in stummem Staunen bei einem der gefangenen Tiere. Die Sonne brannte herunter, doch war sie zu dieser Zeit des Jahres noch nicht so stark. Es war heiß genug für ein Shirt, aber nicht so heiß, dass man einen Hitzestich befürchten musste, wenn man wie der geölte Blitz durch die Gegend lief.
Katja folgte in einigem Abstand, zückte bei fast jedem Gehege ihre kleine Digitalkamera und machte ein Foto von Sophie und mir. Interessanter als die wilden oder flauschigen Tiere mit langen Hälsen, runzeligen Rüsseln, pelzigen Ohren, zotteligen Höckern waren die vielen Stationen, an denen es Eis oder Pommes gab. Mit riesigen, bunten Schirmen lockten sie Sophie schon von Weitem und meine kleine Tochter erwartete selbstverständlich, auch an jedem Imbissstand verköstigt zu werden.
Es war nicht leicht, jedes Mal noch Interessanteres zu finden, um sie abzulenken und weiterzulotsen. Im Park wimmelte es nur so von Menschen, vermutlich, weil es viele Jungtiere zu bestaunen gab. Ganze Hundertschaften von Asiaten trippelten, schwer bewaffnet mit teuren Spiegelreflexkameras, durch die Schauräume und zwischen den Gehegen herum, schienen die Welt mehr durch die Objektive zu sehen als durch ihre Augen.
Ich musste dabei an Fuck denken, dem es vermutlich kaum anders ging, nur dass er aus einer ganz anderen Perspektive auf die Welt blickte. Ein Zoo, so dachte ich, würde ihm auch gefallen, aber es war unmöglich einen drei Meter großen Roboter hier durchzulotsen. Das gäbe Massenpanik.
Am besten gefielen Sophie die Pinguine und sie stolperte immer wieder auf ihr Gehege zu, hinein in den dämmerigen Schauraum, der die Anlage von der Wasseransicht aus zeigte. Sie liebte es, wenn diese Tiere, die versuchten in ihrem Kleid so seriös auszusehen, aber mit ihrem Gang die ganze Wirkung wieder zunichtemachten, ins Wasser sprangen und auf einmal elegant und pfeilschnell durch die Fluten schossen.
„Ich komme gleich wieder“, informierte mich Katja, drückte mir die Kamera in die Hand und erklärte, dass sie eine Toilette aufsuchen müsste. Sophie beharrte darauf, noch nicht aufs Klo zu müssen und derweil bei mir zu bleiben.
Allmählich war meine Kleine etwas ruhiger geworden, hätte aber unter keinen Umständen zugegeben, müde zu sein. Sie schlang ihre winzigen Arme um mein Bein und bohrte ungeniert in der Nase, während sie mit großen Augen zusah, wie die Pinguine immer wieder knapp vor ihrem Gesicht hinter der Scheibe vorbeischossen. Sie erschrak jedes Mal und lachte dann herzlich. Ich hatte den Verdacht, sie ließ sich gerne erschrecken, denn sie wartete bereits angespannt auf den nächsten hurtigen Vogel.
Jetzt, wo Sophie ein Alter hatte, in dem ich etwas mit ihr anfangen konnte, begann ich mich viel mehr als
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