Fuck
hatte fest mein Knie umfasst und Katja drängte mir noch immer Sachen aus dem Rucksack auf. Was zur Hölle suchte sie eigentlich so verbissen? Und warum musste sie unbedingt dazu sagen, dass sie meine Frau war?
Warum hatte ich mit Leo nicht darüber gesprochen?
Ich merkte, wie eisige Kälte an mir hochkroch, mir ganz klamm wurde, mein Magen zusammenschrumpelte. Endlich schien Katja gefunden zu haben, was sie gesucht hatte, nahm nach und nach die Sachen aus meiner Hand und stopfte sie wieder in den Rucksack.
„Na? Wo ist er denn hin, dein hübscher Freund?“, fragte sie beiläufig.
„Der Zauberer ist futsch!“, erklärte Sophie.
Ich tätschelte ihren Kopf, zwang die Verzweiflung runter und brummte: „Ja, der ist futsch!“
– Samenspender –
Wir blieben dann zwar noch fast zwei Stunden im Park, wovon sich Sophie die meiste Zeit von mir tragen ließ, aber ich bekam kaum etwas mit. Unauffällig reckte ich den Kopf nach Leo, setzte mein Herz jedes Mal fast aus, wenn ich schwarze Locken sah. Aber ich brauchte mir nichts vorzumachen, Leo hatte den Tierpark verlassen und ich hätte an seiner Stelle dasselbe gemacht.
Wie mussten wir, wie musste
ich
, auf ihn gewirkt haben? Der brave Familienvater, der seine Frau mit Männern betrog? Der treu sorgende Ehemann, der nicht zu seiner Neigung stand, bis er zu platzen drohte und sich auf einer Autobahnraststätte durchficken ließ, um wieder einige Wochen durchzustehen? Widerlich. Ich war heute noch so feige wie damals. Diesmal nur andersrum.
Hatte ich damals nicht gewagt zu meiner Neigung zu stehen und gegen meine Eltern aufzubegehren, was dazu geführt hatte, in der Ehe mit Katja, dem einstigen Lehrmädchen des elterlichen Betriebs, zu landen, konnte ich heute nicht dazu stehen, noch verheiratet zu sein. Verdammt.
Ich schnallte Sophie, der bereits die Augen zufielen, auf dem Kindersitz fest und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Wie viele Wochen würden vergehen, ehe ich sie wiedersehen würde? Wie sehr würde sie bis dahin wieder gereift sein? In diesem Alter ging das so wahnsinnig schnell.
Ich verabschiedete mich von Katja, die mir noch viel Glück mit
'dem hübschen Kerl'
wünschte. Ich hatte offenbar erfolgreich vor ihr verborgen, wie es um mich stand. Sie kannte mich offenbar zu wenig, um meine Lügen, mein Herunterspielen zu entlarven. Daraus konnte ich ihr keinen Vorwurf machen, ich hatte ihr bisher fast ausschließlich etwas vorgemacht.
„Übrigens“, sagte sie, noch während sie in ihr Auto schlüpfte, „ich wollte dir das eigentlich schon den ganzen Tag geben. Ich bitte dich, das zu unterschreiben.“ Damit reichte sie mir ein blaues DIN-A4-Kuvert.
„Was ist das?
Was
soll ich unterschreiben?“, fragte ich, drückte das Kuvert, als könne ich dadurch etwas in Erfahrung bringen, erahnte jedoch bereits den Inhalt.
„Es ist Zeit, dass wir Nägel mit Köpfen machen, Simon. Wie lange wollen wir noch so weitermachen? Ich kann nicht mehr. Das sind die Scheidungspapiere.“
Was redete sie da? Von wegen – sie konnte nicht mehr. Hatte ich ihr je Druck gemacht? Natürlich war die Scheidung etwas, das stets greifbar vor uns gelegen hatte, aber ich fürchtete mich auch davor, selbst wenn wir nie wirklich die Ehe gelebt hatten. Ich fürchtete, Katja könnte mir Sophie wegnehmen.
Angesichts der Umstände hatte sie alle Macht dazu, mir das Sorgerecht zu entziehen. Nicht, dass ich es bisher üppig in Anspruch genommen hätte, aber was konnte ich ausrichten, wenn Katja sich entscheiden würde einen anderen zu heiraten, entscheiden würde, dass ein einziger Vater reiche und das ihr neuer Mann sein sollte?
Wenn sie mir auf diese Weise den Kontakt zu Sophie für immer unmöglich machte? Wenn dann die erste Begegnung mit meiner Tochter erst wieder wäre, wenn sie erwachsen war, mir fremd, sie mir Vorwürfe machen würde, mich aus ihrem Leben gestohlen zu haben? Zu Recht? Einfach unterschreiben? Das war keine Trennung von meiner Frau, sondern von meiner Tochter, das ahnte ich.
„Nicht jetzt!“, bat ich und es klang viel zu sehr nach Flehen.
„Es ist doch nur eine Scheiß–Formalität“, erklärte Katja ungehalten. Ich dachte daran, wie viele Fotos sie von Sophie und mir heute gemacht hatte. Sie hatte uns noch nie zusammen fotografiert. Sollten das Abschiedsfotos werden? Ich neigte den Kopf und blickte zu meiner mittlerweile friedlich schlafenden Tochter.
„Und Sophie?“, fragte ich mit einem Kloß im Hals.
„Was soll mit ihr sein? Willst du auf
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