Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
Vom Netzwerk:
blaue Sportjacke von Adidas, die er im Schaufenster von Karstadt ein paar Mal sehnsüchtig angeguckt hatte. Es machte mich glücklich, dass ich ihm diesmal, dank meines guten Verdienstes in der »Oase«, etwas kaufen konnte. Im Jahr zuvor war das nicht möglich gewesen. Er hatte mir oft erzählt, dass er als Kind nie eine Geburtstagsparty hatte feiern dürfen, weil seine Eltern dafür zu arm waren – kein Kuchen, kein Spielzeug, keine Freunde.
    »Das bedeutet mir sehr viel«, sagte er mit feuchten Augen, als er stolz die neue Jacke anprobierte. Sie passte ihm perfekt.
    Tomas hatte den wichtigen Tag vergessen, zumindest tat er so. Als Ladja ihn am Mittag anrief, lag er mit Kopfschmerzen und einer fremden Frau im Bett. Wir hatten geplant, zum See zu fahren, mit ihm und unserem englischen Nachbarn Rudy, der allerdings komplett betrunken und pleite in seiner Wohnung lag, weil er am Tag zuvor sein Arbeitslosengeld versoffen hatte.
    »Das nennt man dann Freunde«, stellte Ladja enttäuscht fest. Mir fiel in dem Moment auf, dass er außer Tomas, Rudy und mir niemanden hatte. Die Leute, mit denen er sich sonst herumtrieb, waren Bekanntschaften aus dem Kiez, mit denen man vielleicht zusammen kiffte und Dart spielte, die aber ansonsten nicht an unserem Leben teilhatten.
    »Fahren wir halt ins ›California‹«, sagte Ladja, nachdem er sich eine halbe Stunde lang durch die Fernsehprogramme gezappt hatte. Ich nickte nur, obwohl ich nicht wusste, was man an so einem Tag in einer Stricherkneipe zu suchen hatte.
    Ich kannte niemanden der Anwesenden, doch Ladja begrüßte alle und jeder gratulierte ihm prompt, als er erzählte, dass er Geburtstag hatte. Ich blieb in der Tür stehen und konnte mich nicht entscheiden, ob ich mich irgendwo hinsetzen sollte, während Ladja schon sein erstes Bier bekam.
    »Hast du Angst? Ich weiß, dass wir alle hier schrecklich aussehen, aber beißen tut keiner«, sagte jemand lachend in meine Richtung. Ich erkannte Milan wieder, den Mann, der mich ein paar Monate zuvor getröstet hatte, als ich hier gewesen war und wegen Ladja geweint hatte.
    »Was machst du hier?«, fragte ich erstaunt.
    »Ich warte auf Josh, meinen Geschäftspartner«, erklärte er und lächelte kokett. Obwohl er sich gerade mit jemandem unterhielt, schaute er mich die ganze Zeit an. Normalerweise hätte ich das als unangenehm empfunden, doch ich erwiderte seinen Flirtversuch und schenkte ihm meine ganze Aufmerksamkeit. Er hatte kurze braune Haare und seine braunen Augen strahlten Lässigkeit und Stolz aus. Obwohl er mich nur ansah, hatte ich in seiner Nähe auf Anhieb ein Gefühl der Geborgenheit. Seine Schultern waren breit und seine Oberarme kräftig, er wirkte männlich und selbstbewusst,ohne dabei aber wie ein Körperfetischist auszusehen. Je länger wir uns anschauten, desto detaillierter malte ich mir aus, wie es wäre, mit ihm Sex zu haben. Er ließ sich nichts anmerken, doch ich wusste aus irgendeinem Grund, dass er denselben Gedanken hatte.
    Du triffst jeden Tag so viele Leute, dachte ich – in der U-Bahn, auf der Straße, im Puff. Jeder dieser Menschen hat ein Leben, das du nicht kennst. Vielleicht spielt dein Tischnachbar in der Uni Klavier und komponiert jeden Abend Musikstücke und der Eisverkäufer ist in Wirklichkeit ein leidenschaftlicher Schriftsteller. Doch ihre Existenzen rauschen an dir vorbei und du lebst weiter in deiner kleinen Welt. Und plötzlich begegnet dir einer, mit dem es anders ist. Du weißt nichts über ihn, aber hast den Eindruck, dass du ihn genau kennst. Ist das nicht irre?
    Ladja unterbrach meine Träumereien, indem er mir auf die Schulter klopfte.
    »Darf ich dir jemanden vorstellen? Das ist Josh, ein alter Freund von mir. Er kommt aus Kanada, wohnt aber seit der Wende in Berlin.«
    Neben ihm stand ein braungebrannter, sportlicher Mann Ende vierzig. Er war groß und hatte schulterlange blonde Haare, die nach hinten gebunden waren. An seinen Schläfen deuteten sich ein paar graue Strähnen an. Er trug eine Uhr von Dolce & Gabbana, aber sonst war nichts Protziges an ihm, obwohl er, wie Ladja mir später erzählte, eine Immobilienfirma besaß und tierisch viel Geld hatte.
    »Josh will eine Disko eröffnen – ein ganz neues Konzept«, erzählte Ladja aufgeregt. »Ein Laden, in dem immer Live-Musik gespielt wird, Indie-Rock und Punk und so weiter. Ich soll ihm dabei helfen, Kontakte zu jungen Bands zu knüpfen. Das ist für mich kein Problem. Ich kenne ja so viele Leute.«
    Ich hörte ihm

Weitere Kostenlose Bücher