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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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einfach die Angst vor dem Unbekannten.«
    Milan schaute kurz an die nikotingelbe Decke und sagte dann: »Ich weiß, was du meinst. Manchmal hätte ich gern den Mut, alles zu verändern: aus dem Alltag auszubrechen, ein Abenteuer zu erleben. Aber ich bin ein braver Familienvater, der jeden Tag arbeiten geht …«
    Er seufzte und drehte sich wieder zu Josh, der gerade von seinem Urlaub in Vietnam erzählte.
    Plötzlich klingelte mein Handy und ich ging raus, weil es in der Kneipe zu laut war. Anja, meine Chefin, war dran und wollte mir irgendetwas über Wolfgang erzählen, meinen Stammgast.
    »Ich denke, dass sein Gedächtnis immer weiter nachlässt«, kicherte sie. »Er weiß doch, dass du am Freitag niearbeitest. Trotzdem kommt er hierher, bringt seine üblichen Mon Chéris mit und meckert rum, dass du nicht da bist. Die Männer haben sie manchmal echt nicht alle.«
    Als ich auflegte, stand Milan neben mir.
    »Was machst du hier?«, fragte ich schroff. In Wirklichkeit hatte ich Angst, mit ihm alleine zu sein. Doch es war eine angenehme Angst, wie bei einer Achterbahnfahrt in der Sekunde, bevor man in die Tiefe stürzt.
    »Ich könnte dir erzählen, dass ich frische Luft brauche, doch das würdest du mir wahrscheinlich nicht glauben. Du bist ja auch nicht doof«, antwortete er.
    Dann waren wir beide still und beobachteten die Autos, die an uns vorbeirauschten. Ein Paar fuhr in einem Cabrio Richtung Innenstadt. Der Typ trug kein T-Shirt und rauchte, sie lachte und hatte ihre nackten Füße aufs Armaturenbrett gelegt. Das könnten wir beide sein, wenn das Leben anders verlaufen wäre, dachte ich.
    »Als ich vorhin übers Springen geredet habe«, sagte Milan, »meinte ich nicht aus Flugzeugen und so. Man hat ja auch sonst oft Schiss vor dem Unbekannten.« Er sprach langsam, als ob ihm die Wortwahl schwerfiele. »Ach, was quatsche ich überhaupt für einen Mist«, fuhr er fort. »Du weißt, was ich meine. Ich habe dich erst zweimal gesehen und doch das Gefühl, dass du ein Teil meines Lebens bist. Das hat auch nichts mit Fremdgehen oder so zu tun. Ich habe meine Frau erst ein Mal betrogen und es hat mir nichts bedeutet – ein Mädchen, das ich in der Disko abgeschleppt und danach nie mehr getroffen habe. Aber seit ich dich kenne, träume ich davon, mir dir auf einem großen Bett zu liegen und dich zu streicheln.«
    Ich schluckte. Normalerweise war ich Männern gegenüber schlagfertig, besonders bei der Arbeit. Zu oft kamen irgendwelche Heinis in den Laden, die dachten, man könnesich für ein paar Euro auch Zuneigung kaufen, meistens Kerle, die seit Jahren spießige Ehen führten, in denen jeder für sich lebte, oder aber total einsame Typen, die sonst gar niemanden hatten. Sie alle suchten im Puff nach einer Nähe, die nicht nur körperlich war. Außer Mitleid hatte ich allerdings so gut wie nie etwas für sie empfunden. Ich spielte vor den Kunden meine Rolle, aber am Ende des Tages gab es für mich immer nur Ladja. Doch nun zitterten mir die Knie.
    »Komm, gib mir nur einen Kuss«, sagte Milan und fasste mich um die Taille. Ich wollte mich nicht wehren, obwohl ich wahnsinnige Angst hatte, dass jemand rauskommen und uns sehen würde. Doch plötzlich ließ Milan mich wieder los, ging zurück ins Lokal und ich blieb draußen stehen.
    Wir ließen den Nachmittag mit einer Runde Tequila ausklingen und ich schob einen Zettel mit meiner Handynummer in Milans Hosentasche. Er streichelte unauffällig meinen Rücken, als wir aufstanden, um die Kneipe zu verlassen.
    Ladja, Tomas und ich fuhren mit der U-Bahn nach Hause. Irgendwann kam das Thema auf Milan.
    »Kennst du ihn gut?«, fragte ich Tomas.
    »Gut genug. Er hat früher oft mit uns rumgehangen. Er hat sogar ein paar Monate mit mir in einer WG gewohnt. Eigentlich mochte ich ihn, aber seit er mit Josh zusammen war, ist er total eingebildet.«
    »Du meinst, die beiden waren ein Paar?«, fragte ich erstaunt.
    »Na klar«, antwortete Tomas. »Josh war total in Milan verknallt und der Junge brauchte Kohle. Sie haben in einer schicken Wohnung in Schöneberg gelebt, so ein Penthouse mit sieben Zimmern und geilem Ausblick. Aber dann hat Milan diese Natalie kennengelernt, sie ist schwanger geworden,er hat sie geheiratet, die Tochter wurde geboren und so weiter. Na ja, ob er jetzt glücklich ist …«
    »Was meinst du?«, hakte ich nach.
    »Er läuft so ziemlich jeder Tussi hinterher, das weiß jeder. Und mit seinem Job … Okay, er hilft Josh in der Immobilienfirma. Aber Josh

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