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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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Uni, um mir ein Buch in der Bibliothek auszuleihen.
    Alles fiel mir an diesem Morgen auf die Nerven: die Kinder, die den Bahnsteig entlangrannten und kreischten, die beiden Studentinnen, die neben mir im Wagon über Referate diskutierten, der Türke, der mich vor meiner Wohnung fast überfuhr und irgendwas aus seinem BMW brüllte.
    Ladja war noch wach und sah im Fernseher einen Dokumentarfilm über Pinguine.
    »Na, wo seid ihr Mädels so lange gewesen?«, fragte er.
    Ich murmelte etwas von Disko und schlich ins Schlafzimmer. Obwohl es acht Uhr morgens war und ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht hatte, konnte ich kaum einschlafen. Allein in meinem Zimmer, erlebte ich jeden Augenblick mit Milan noch mal und versuchte, nicht daran zu denken, dass er wahrscheinlich gerade seine Tochter zum Kindergarten brachte und dass mein Mann im Wohnzimmer saß.
    Auf dem Weg in die »Oase« schlief ich fast ein. Ich kam zu spät und mein Kopf drohte zu explodieren. Ich verzichtetesogar auf mein Tagesritual: Zeitung lesen, eine Zigarette rauchen, ein bisschen mit den Mädels plaudern, bevor ich mich umzog und zu Stella wurde. An jenem Tag aber durchquerte ich einfach den Aufenthaltsraum und ließ mich auf die Couch plumpsen.
    Mandy ließ sich gerade von Vera, der Estin, eine Maniküre machen und schimpfte dabei wie immer über ihren Ex-Freund, der ihre EC -Karte geklaut und sich damit Geld abgehoben hatte, um einen Urlaub auf Mallorca zu buchen, ständig bei seiner Mutter rumhing und außerdem sowieso einen viel zu kleinen Schwanz hatte. Vera hörte geduldig zu, feilte ihr die Nägel und ließ ab und zu einen Kommentar fallen wie: »Lesben sollten wir werden.« Die beiden versuchten mich ins Gespräch zu ziehen, was normalerweise nicht schwer war, doch ich blieb wie versteinert liegen und starrte auf ein Plakat an der Wand, auf dem ein muskulöser Mann an einem Tropenstrand zwei Bikinischönheiten umarmte.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Mandy nach einer Weile.
    »Nichts. Nur ein wenig Stress mit meinem Studium«, antwortete ich halbherzig.
    »Dein Ehegatte, oder?«, hakte sie nach. »Ich würde ihn arbeiten schicken, das kannst du mir glauben. Nach allem, was du für ihn getan hast.«
    »Er hat jetzt einen Job«, log ich. »Er geht putzen.«
    Das schien Mandy zufriedenzustellen und sie redete weiter mit Vera.
    Meine schlechte Laune nahm ab, als es an der Tür klingelte und der Gast sich für mich entschied.
    Ich kannte ihn schon: Mitte vierzig, leichter Bierbauch, verheiratet. Eigentlich harmlos. Er holte sich immer selber einen runter und quatschte dabei über seine erotischen Fantasien.
    Doch allein der Gedanke, einen fremden Mann anzufassen, schien mir an diesem Tag schrecklich. Ich hatte noch Milans Geruch in der Nase, konnte noch seinen Atem an meinem Hals und seine Hände an meinem Körper spüren. Heute hätte auch Brad Pitt kommen können und ich hätte mich geekelt.
    Ich massierte den Kerl lustlos eine halbe Stunde lang, brachte währenddessen keinen Ton heraus und starrte die verstaubten Plastikblumen in der Ecke an, während er mit seinem Ding spielte.
    Nach einer Weile unterbrach er das übliche Gelaber. Ich schaute ihn perplex an.
    »Du bist heute nicht ganz bei der Sache«, sagte er fast amüsiert. »Ist was passiert?«
    Am liebsten wäre ich weggerannt, denn es war mir peinlich, dass selbst ein Kunde meinen Zustand bemerkte. Eigentlich gehörte es zu meinem Job, persönliche Probleme außen vor zu lassen. Dann aber dachte ich, dass er mir eine Ausrede sowieso nicht glauben würde und ihm mein Problem letztlich ohnehin egal wäre – er kannte ja nicht mal meinen richtigen Namen.
    »Weißt du«, seufzte ich, »ich hatte eine tolle Nacht mit einem Mann und denke, dass ich in ihn verknallt bin.«
    »Aha.« Unter seinem Schnurrbart zeichnete sich ein Lächeln ab. »Aber nicht mit deinem Mann, oder?« Er wusste, dass ich verheiratet war.
    »Nein, mit einem Kumpel von ihm.« Ich kam mir vor wie ein Kommunionskind bei seiner ersten Beichte. »Verstehst du vielleicht, oder? Du bist doch selbst verheiratet.«
    Er nickte. »Seit genau sechsundzwanzig Jahren. Ich war einundzwanzig, als wir heirateten, und bin noch im selben Jahr Vater geworden. Zu DDR -Zeiten hat man früh angefangen.«
    »Wow«, sagte ich. »Und wie ist es nach so langer Zeit? Liebst du deine Frau immer noch?«
    Er hob die Schultern. »Was heißt schon lieben, Kindchen? Nach 26  Jahren ist man froh, wenn man abends nach Hause kommt und nicht alleine essen

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