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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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etwas von Milan Kundera gehört. Ich versprach, ihm Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins zu leihen, mein Lieblingsbuch von Kundera. »Ich kann es dir auch schenken«, ergänzte ich. Für einen Moment musste ich daran denken, wie ich das Buch auf dem Flohmarkt am Ostbahnhof gekauft hatte. Seitdem war weniger als ein Jahr vergangen, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit.
    »Hast du schon Pläne für heute Abend?«, fragte Milan nach einer Weile. In seiner Hand hielt er einen Schlüsselbund.
    Ich würde gerne mit dir schlafen, hätte ich am liebsten gesagt. Doch ich schüttelte nur den Kopf. Er lächelte, weil er schon wusste, was gleich passieren würde.
    Wir brachen auf und ich folgte ihm in die Wohnung eines Kumpels, der gerade nicht in der Stadt war und ihm die Schlüssel überlassen hatte. Sie lag im fünften Stock eines Altbaus. Als wir die Holztreppe hochrannten, knallten die Absätze meiner Stiefel lautstark auf die Stufen. Es kam mir vor, als könnte das ganze Haus hören, weshalb wir es so eilig hatten. Er schloss die Wohnungstür auf, wir huschten hinein, und noch im Flur schlang ich einen Arm um seinen Hals und griff mit der anderen Hand nach seinem Gürtel.
    »Nicht so schnell, meine Süße.« Er hielt meine Hand fest und seine Stimme verschaffte mir eine Gänsehaut.
    Er knipste das Licht an und erst jetzt bemerkte ich, dass wir in einer Werkstatt standen. Auf dem Boden lagen Sägeblätter, Schrauben und Feilen und mitten im Raum war eine Holzplatte in ein Gestell gespannt, auf der zwei Bohrmaschinen lagen. Alles war voller Holz- und Metallspäne.
    »Hier arbeitet mein Kumpel Mario. Er übernachtet nur manchmal in seiner Werkstatt, deswegen ist alles etwas chaotisch«, entschuldigte er sich. Ich fragte mich, wie viele Frauen er schon hierher gebracht, bei wie vielen er sich schon mit genau diesen Worten entschuldigt hatte. Auch streifte mich kurz der Gedanke, ob er je schon mal im Bordell gewesen war. Doch ich beschloss, fürs Erste an all dies nicht zu denken.
    Ich schaute ihn an. Mir war fast schlecht vor Aufregung, mein Herz schlug wie verrückt.
    »Vielleicht ist es besser, wir vergessen die ganze Sache«, sagte er plötzlich ganz ruhig. In seinen Augen sah ich, dasser mich haben wollte, doch seine Worte wirkten wie eine Ohrfeige.
    »Sei nicht dumm.« Meine Stimme wurde laut. »Du hast mich doch heute nicht die ganze Zeit angeglotzt und hierher verschleppt, nur um mich jetzt einfach wieder gehen zu lassen!«
    Ich bewegte mich langsam in seine Richtung.
    »Du weißt ganz genau, dass wir damit nicht anfangen sollten«, flüsterte er wieder.
    »Ich weiß nur, dass wir irgendwann beide tot sind. Und dann macht es keinen Unterschied mehr, oder?«
    Wir rissen uns unsere Klamotten vom Leib und fielen zusammen auf einen herumliegenden Teppich. Wir liebten uns stundenlang, ohne zu merken, wie die Zeit verging und der Morgen kam.
    Ich wünschte, ich hätte ein Bild von uns in dieser Nacht. Ich wünschte, ich hätte den Duft seiner Haut speichern können.
    Irgendwann klingelte sein Handy und brachte uns in die Gegenwart zurück. Er löste sich aus meiner Umarmung und lief durch das Wohnzimmer, auf der Suche nach seiner Unterhose.
    »Am besten ziehen wir uns jetzt an, Sonia«, sagte er. Ich versuchte, in seiner Stimme einen Hauch der Zärtlichkeit zu entdecken, die er nur wenige Minuten vorher noch gezeigt hatte. Er aber zog sich hurtig an, mit der Schnelligkeit eines Soldaten in der Kaserne, wenn der Alarm losgeht.
    Ich saß auf dem Boden und rührte mich nicht.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Wie eine Nummer im Puff«, murmelte ich.
    Milan kam zurück zu mir, setzte sich neben mich auf den Teppich, schlang seine Arme um mich und küsste meine Stirn und meine Augen.
    »Am liebsten möchte ich gar nicht mehr hier weg«, sagte er. Doch dann stand er auf und ging Richtung Tür.
    Vor der Haustür küssten wir uns ein letztes Mal und gingen dann getrennte Wege. Ich schaute ihm hinterher, bis er aussah wie ein Mann wie viele andere und in der Menge verschwand. Dann begab ich mich zur S-Bahn-Station.
    Im hellen Licht des Tages erschien mir diese Nacht wie ein Traum. Noch vor einer halben Stunde hatte ich zusammen mit Milan nackt auf dem Boden einer fremden Wohnung gelegen, nun aber lag das normale Leben wieder vor mir: Dass ich heute nachmittag wieder nackt mit allen möglichen Männern im Bett liegen würde, diesmal aber wieder völlig leidenschaftslos, versuchte ich erst mal zu verdrängen. Davor musste ich noch zur

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