Fucking Berlin
glauben würde.
»Bist du sicher, dass du es behalten willst?«, fragte er.
»Hundertprozentig sicher«, antwortete ich. »Aber es betrifft dich nicht, für uns ändert sich nichts. Ich muss nur wissen, dass wir uns weiter sehen können«, sagte ich mit fast flehentlicher Stimme. »Das ist mir unglaublich wichtig.«
»Komm einfach ins ›California‹, wenn du wieder in Berlin bist«, sagte er und war in dem Moment wieder mein süßer Milan. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich konnte ruhig zu Bett gehen.
Zwei Tage vor meiner Abreise erlebte ich den abwechslungsreichsten Nachmittag meiner Zeit in Rosenheim. Es war nicht viel los im »Mond« und wir spielten in der Küche Mau-Mau, als ein Gast anrief und nach einem Hausbesuch fragte. Er wollte zwei Damen für zwei Stunden, wobei die eine nur zuschauen sollte. Obwohl wir immer noch zu zehnt und damit nicht gerade unterbesetzt waren, meldete sich niemand außer Emilia, einer schlanken Polin, die neu im Laden war und bis jetzt noch nicht so viel verdient hatte.
»Das ist mir zu gefährlich«, sagte Chantal. »Hast du von der Frau in Hessen gehört, die zu Hause bei einem Kunden abgestochen wurde? Die haben sie nach drei Tagen nackt in einem Gebüsch gefunden.«
»Eine Kollegin von mir ist einmal an einen Irren geraten, der ihre Klamotten aus dem Fenster geschmissen hat und nicht bezahlen wollte. Hätte nicht der Taxifahrer nach dem Ende der vereinbarten Stunde an der Tür geklingelt, wäre sie jetzt vielleicht auch tot«, erzählte eine andere.
»Ach komm, den Typen hier kenne ich, der ist harmlos«, meldete sich Rosenrot zu Wort. »Ich war schon mal bei ihm, aber er will halt jedes Mal neue Mädchen haben, sonst würde ich schon zu ihm gehen. Außerdem wartet unser Taxifahrer immer unten, da kann eigentlich nicht viel passieren.«
»Ich gehe mit Emilia«, hörte ich mich sagen, noch bevor ich nachgedacht hatte. Angst hatte ich nicht wirklich; ich hatte in meinem Leben ja schon öfters Mut bewiesen, außerdem würden wir zu zweit sein. Insgesamt würde jede von uns beiden für eine Stunde hundertfünfzig Euro bekommen – ziemlich viel Geld dafür, dass ich nur zuschauen sollte.
Otto, der langjährige »persönliche« Taxifahrer des Puffs, stand nach zwanzig Minuten vor unserer Haustür. Er kannte den Kunden schon. »Der arme Mark. Er sollte sich langsam eine Frau suchen«, murmelte er, während er uns gemütlich über die Landstraße kutschierte. Wie sich herausstellte, waren er und unser Freier im selben Kegelverein. Rosenheim war eben ein Dorf.
Mark wohnte in einem Haus neben einem Kornfeld. Emilia sah sich ängstlich um: weit und breit nur Acker und Bäume. Am liebsten wäre sie abgehauen.
Mark öffnete die Tür, führte uns in die Küche und wir setzten uns an einen runden Tisch mit karierter Tischdecke. Der Raum war sauber, es roch angenehm nach frischem Gebäck, und tatsächlich entdeckte ich einen Schokokuchen auf dem Kühlschrank. Er bot uns etwas zu trinken an und fragte uns auch, ob wir etwas essen wollten. Doch wir baten beide nur um einen Schluck Sprudel und wollten ansonsten das Ganze so schnell wie möglich hinter uns bringen.
Mark war groß und schlank, trug eine schmale Halbbrille und hatte eine hohe Stirn, was ihn wie einen Intellektuellenaussehen ließ. Er redete sehr leise und hustete immer zwischen zwei Sätzen, als ob er verlegen wäre. Als wir ausgetrunken hatten, folgten wir ihm in die obere Etage. Das Schlafzimmer war klein und chaotisch, es sah aus wie das Quartier eines Studenten, obwohl er dafür etwas zu alt war. Auf dem Boden lagen Computer- und Männerzeitschriften, eine Papiertüte von Burger King und eine schmutzige Sporthose, die er schnell in den Wäschekorb schmiss. Auf seinem Schreibtisch stand ein flacher Monitor, der als Bildschirmschoner ein Foto von Christina Aguilera zeigte, von der auch ein Poster an der Tür hing.
Wir legten unsere Kleidung ab und setzten uns auf sein Bett; die Bezüge rochen nach Waschmittel. Mark zog sich aus und legte sich zwischen uns. Er war nicht rasiert und hatte auffällig dichte, schwarze Haare am ganzen Körper. Er fing an, Emilia zu befummeln und zu lecken, während ich zuschaute und mich streichelte. Es schien jedoch, als ob er nicht wirklich bei der Sache wäre. Nach einer Weile stand er auf, verschwand aus dem Raum, ohne ein Wort zu sagen, und kehrte mit einem braunen, altmodischen Büstenhalter und einer schwarzen Wollstrumpfhose in der Hand zurück.
»Ich möchte gerne diese
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