Fucking Berlin
Professoren ein Marketing-Unternehmen, wo uns der Chef persönlich empfing und mit uns über die beruflichen Möglichkeiten als Mathematiker sprach. Der Sprung von der Uni in die Arbeitswelt war ein Thema, womit sich alle Kommilitonen beschäftigten, doch für michhatte es eine besondere Bedeutung, denn ein fester Job direkt nach dem Studium würde mir den endgültigen Ausstieg aus dem Rotlichtmilieu wesentlich erleichtern. Zwar fragte ich mich die ganze Zeit, ob ich als Frau und noch dazu als junge Mutter nicht benachteiligt sein würde, doch meine bislang meist ziemlich guten Noten ließen mich auf eine solide Zukunft hoffen.
Während meiner vier Jahre im Rotlichtmilieu war es mir nie passiert, dass ich mich in einen Freier verknallt hatte, und ich hätte es auch weiterhin nicht für möglich gehalten. Bis ich Jimmy traf. Er klingelte an der Tür des »Massagetempels«, als wir gerade beim Essen waren, was ich eigentlich wie die Pest hasste. Dieser neue Kunde übertraf aber schon optisch bei weitem meine Erwartungen, so dass mein Ärger schlagartig verflog. Er war Ende zwanzig, hatte schwarze Augen, braune Haare und seine Haut hatte die Farbe von Milchkaffee. Er trug weiße Nike-Turnschuhe, ein weißes, enges Muskelshirt und eine weite, weiße Cordhose. An seinem Hals hing eine schwere, goldene Kette. Typische Kleidung eines Neuköllner Türken, schmunzelte ich.
»Ich kenne mich schon aus mit den Preisen, ich war früher öfters hier, du kannst gleich bleiben«, sagte er in akzentfreiem Deutsch, lächelte und zeigte dabei zwei Reihen weißer, gerader Zähne, die jeden Zahnarzt glücklich gemacht hätten.
Er zog sich aus, legte sich auf die Matratze und ließ sich von mir eine halbe Stunde lang kneten. Er hatte einen schönen Rücken, ausgeprägte Muskeln, einen knackigen Hintern und ein breites Kreuz. Seine Haut roch nach Duschgel, genauso wie seine Haare. Ich musste zugeben, dass er der hübscheste Mann war, den ich seit langem gesehen hatte, Milan mal ausgenommen.
»Worüber habt ihr so gelacht, als ich reingekommen bin?«, fragte er, als ich seine Waden massierte.
»Ah, nichts, Frauengespräche«, antwortete ich vage und schämte mich ein bisschen dabei, es war nämlich um mich und Milan gegangen. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es mit Männern wohl immer dasselbe sein wird: Früher oder später wird man von ihnen betrogen. Also kann man auch selber fremdgehen«, seufzte ich.
»Ach ja? Also ich nicht. Ich war mit meiner letzten Freundin sechs Monate zusammen und bin in der ganzen Zeit kein einziges Mal hier aufgetaucht«, sagte er und wunderte sich, warum ich lachte.
»Respekt!«, sagte ich bloß.
Als er sich umdrehte und ich sein Teil anfasste, schaute er mich penetrant an. Immer wenn ein Kunde das tat, drehte ich einfach den Kopf zur Seite oder schloss die Augen, allein schon, um nicht lachen zu müssen. Denn meistens war ich in diesen Momenten, während ich einen Mann wichste, weder geil noch angetörnt, sondern dachte nicht selten an die noch zu erledigende Einkaufsliste oder an bevorstehende Klausuren an der Uni.
Diesmal aber war es anders. Ich lag neben ihm und es fühlte sich gut an, seinen Körper zu streicheln. Ich kraulte seinen Kopf, küsste seine Stirn und hielt mit meiner freien Hand seine Hand, als wäre er mein Lover und kein Kunde. Als er fertig war, lagen wir still auf der Matratze und schauten uns an. Manchmal lobten mich die Gäste am Ende der Nummer mit Sätzen wie »Es war sehr schön« oder »Du bist echt super«, aber in dem Fall brauchte ich kein Feedback.
»In welchem Monat bist du?«, fragte er, als wir schon vor der Eingangstür standen.
»Im sechsten. Warum?«
»Nur so. Ich finde es ein wenig seltsam, dass du in deinem Zustand hier arbeitest«, erklärte er. »Was sagt dein Mann dazu?« Er fixierte dabei den Ehering, der an meiner rechten Hand glänzte.
»Nichts, er findet es okay«, antwortete ich knapp. Ich öffnete die Tür, doch er blieb unschlüssig stehen.
»Weißt du, ich habe mich nicht mehr so gefühlt, seit meine Freundin mich verlassen hat«, stotterte er und blickte mir tief in die Augen.
»Eine Türkin?«, fragte ich, obwohl es nichts mit seiner Äußerung zu tun hatte.
»Wie bitte?«
»War sie eine Türkin?«, wiederholte ich.
In seinen Augen spiegelte sich Unverständnis. »Nein, eine Deutsche«, sagte er sichtlich irritiert. »Warum auch nicht? Ich bin zwar Ausländer, aber ich bin hier geboren, und ich stehe jedenfalls nicht auf
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