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Füge Dich! (German Edition)

Füge Dich! (German Edition)

Titel: Füge Dich! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Stern
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Völlig erschöpft sackte Schlecky zusammen, als endlich wieder Ruhe eingekehrt war. Der mächtige Stamm war zusammengefallen und hatte sich fast unmerklich aus Schleckys Höhle zurückgezogen. Die Wächter hatten wieder Stellung bezogen. Das Abenteuer war zu Ende. Das ewige Leben. Hatte Schlecky es tatsächlich erlangt? Die Müdigkeit hatte Schlecky mit sich fortgetragen, in das Land zwischen den Welten. Wenn sie wieder erwachen würde, dann wäre da nur die Erinnerung an einen wunderbaren Traum.»
    Erschöpft blieb Ricky noch ein Weilchen in den weichen Kissen liegen.
    «Du könntest mich eigentlich jeden Morgen mit so einer Geschichte wecken.»
    «Nee, nee, dafür stehst du mir normalerweise zu früh auf. Aber jetzt kannst du mir sagen, was du von meinem Vorschlag hältst. Sollen wir Mike besuchen?»
    «Bevor wir in der Weltgeschichte herumfahren, musst du dich erst einmal um die Wohnungsauflösung kümmern.»
    «Hab ich doch schon längst. Heute Vormittag kommt die Firma dort vorbei und regelt alles. Ich habe ihnen den Zweitschlüssel ausgehändigt und brauche mich um nichts zu kümmern, die säubern sogar die Wohnung. Den Schlüssel kann ich dann in der Firma wieder abholen. Das war zwar nicht gerade billig, aber das ist es mir wert. Keine zehn Pferde kriegen mich ein weiteres Mal dorthin!»
    Als Mike Alinas Anruf entgegennahm, erwies er sich als äußerst wortkarg. Als wäre er mit den Gedanken ganz woanders, gab er nur vage und nichtssagende Auskünfte auf ihre besorgte Fragen, doch als sie darum bat, ihn besuchen zu dürfen, willigte er sofort ein und diktierte ihr seine momentane Anschrift.
    «Seltsam, ich bin gespannt, was er bisher herausgefunden hat. Was Gutes kann es jedenfalls nicht sein.»
    Die Sachen waren schnell gepackt und gleich am nächsten Morgen machten die drei sich auf den Weg in den Hunsrück. Ihrem Widerwillen zum Trotz machte Alina dennoch einen kurzen Abstecher in ihre alte Wohnung, nachdem sie einige Besorgungen erledigt hatte. Schon nach zwei Minuten war sie wieder beim Wagen.
    «So, jetzt kann es endgültig losgehen!»
    Mit einem breiten Grinsen stieg sie ein und zeigte sich die ganze Fahrt über ausgesprochen gut gelaunt.
    Mike empfing die drei mit einem gezwungenen Lächeln. Wortlos führte er sie zu seinem Zeltplatz.
    An einem Holztisch, gleich neben dem Zelt, setzte man sich nieder und verspeiste schweigsam die mitgebrachten Pizzen. Erst der Rotwein, den Alina ebenfalls besorgt hatte, löste allmählich Mikes Zunge.
    Sie füllte zum zweiten Mal die Plastikbecher, als er endlich zu einer Antwort auf die eingangs gestellte Frage ansetzte.
    «Tja, wie weit bin ich gekommen? Wenn ich ehrlich sein soll, weiter als mir lieb ist. Ich frage mich, ob es nicht besser gewesen wäre, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Immerhin hatte ich ein paar schöne Erinnerungen an meinen Bruder. Wenn ich jetzt an ihn denke, kommen da andere Bilder hoch. Aber von vorne: Mein Vater war ein brutales, versoffenes Arschloch, das meine Mutter, meine große Schwester, meinen älteren Bruder und mich regelmäßig vertrimmt hat. Mutter hat immer versucht, uns vor ihm zu beschützen und rechtzeitig fortzuschicken, wenn es ihr möglich war. Dann hat sie die ganze Wut des Alten allein eingesteckt. Meine Schwester ist schon früh von zu Hause abgehauen, ich habe kaum eine Erinnerung an sie. Mein Bruder hat sich immer gut um mich gekümmert und mir, wenn wir von zu Hause flüchteten, viel beigebracht. Wie man jagt, im Wald einen Schlafplatz baut ... solche Sachen eben. Nachdem er dann auch verschwunden war, muss alles angefangen haben. Er hatte gesagt, er könne mich nicht mitnehmen, ich müsse noch ein paar Jahre aushalten und es dann genauso machen. Heute weiß ich, dass er recht hatte. Er wusste ja selbst nicht, wie er sich durchschlagen sollte, wie hätte er sich da noch um ein kleines Kind kümmern sollen? Ich muss damals etwa acht Jahre alt gewesen sein. Die Erinnerungen kommen nur bruchstückhaft. Ihr müsst euch das wie ein Puzzle vorstellen. Du hast eine aus dem Zusammenhang gerissene Erinnerung, ganz kurz und klein, dann eine weitere und eine weitere. Irgendwann lassen sich einige der Puzzleteile zusammensetzen, andere folgen. Du kannst das ganze Bild noch nicht erkennen, siehst nur, dass es ausgesprochen düster wirkt. Und dann, auf einmal geht es ganz rasant weiter. Jeder der restlichen Steine, die du in die Hand nimmst, passt. Du siehst, wie das Bild immer mehr Gestalt annimmt. Die letzten Steine brauchst

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