Fuego, Andréa de
sich mit dem Bauch gegen das Mäuerchen, zog den Hut und bedeckte eine seiner Hände damit.
»Ich habe die andere Seite kennengelernt, Leute. Ich komme gerade von dort. Ich habe Eneido gesehen, er lebt in einer Höhle und isst Meerestiere. Dort gibt es ein Meer und Menschen, die gestrandet sind mit einem hübschen Boot, golden wie eine Kirche, es müssen Christenmenschen sein. Einen Pfarrer habe ich nicht entdeckt, auch keinen Großgrundbesitzer. Ich habe ein paar sehr weiße, rothaarige Menschen gesehen, sie wirkten fast gelblich, wie ein reifes Maisfeld, merkwürdige Ährenmenschen. Ich weiß jetzt, was mit uns passieren wird. Wir werden wieder ohne Licht dastehen und so leben wie früher. Das Wasser des Staudamms wird zurückfließen, damit das Boot und die Maismenschen ihre Reise fortsetzen können.«
»Der Junge ist verrückt geworden, Lucilene, lass uns gehen«, sagte eine Mutter zu ihrer Tochter.
»Du redest doch nur dummes Zeug, willst du etwa auf der Musikertribüne Wurzeln schlagen?«, provozierte ihn ein Händler.
In seiner Höhle zerdrückte Eneido indessen Erdnüsse in einem Steinmörser. Er tauchte die Finger in die ölige Paste und schleckte zwei Fingerglieder auf einmal ab. Die alten Zwillinge schlugen in der Mitte der Höhle, dort, wo sie beheizt wurde, Seife. Eine rührte im Uhrzeigersinn, die andere ruhte sich aus. Dann kam die andere dran, rührte gegen den Uhrzeigersinn, die andere ruhte sich aus. So häuften sich in einem Korb nach Tier riechende Talgkügelchen an.
»Der Junge kommt bestimmt nicht wieder«, sagte Eneido, mit einem Finger im Mund.
»Ich würde mich lieber nicht darauf verlassen«, sagte die eine.
»Lass ihn kommen, danach sehen wir weiter«, sagte die andere.
»Der Hund ist ihm gefolgt, inzwischen dürfte er müde sein«, sagte Eneido.
»Hunde folgen der Gruppe, sind Herdentiere«, sagte die eine.
55. Kapitel
GERALDO LAG SEIT Tagen im Bett. Der Atem schwach, die Füße geschwollen, die Stimme kraftlos. Er spürte ein Gewicht auf den Hüften, ein Gewicht auf der Brust. Das Herz größer als die Füße, noch mehr geschwollen, eine große Arterie für wenig Saft. Die Haut völlig vertrocknet, Risse in den Fußsohlen, an den Ellbogen, im Nacken. Tizica war alt, ihre Haut dünn wie die Blüte der Kranzschlinge, ihr Atem süßsauer.
»Geraldo, wenn du gehst und mich zurücklässt, dann sterb ich nie mehr.«
»Hol mir Wasser, Tizica. Los!«, krächzte Geraldo.
Tizica ging los. Sie ließ nicht zu, dass das Mädchen, eine Pflegerin, in die Küche eilte. Nein, Tizica war es, die Geraldos Anweisung befolgte, weil sie es gerne tat. Sie ging langsam, die durchs Fenster einfallende Sonne wanderte über die Holzdielen, die dünnen Waden durchschnitten das Licht. Das Haus in der Stadt war so groß wie das Gutshaus der Fazenda Rio Claro. Tizica nahm einen Aluminiumbecher und füllte ihn mit Wasser aus dem Tonfilter. Das Radio in der Küche lief vor sich hin, machte Werbung für Magnesiummilch. Sie ging in derselben Geschwindigkeit zurück, die Waden durchschnitten das Licht zwei Grad tiefer als auf dem Hinweg. Sie betrat das Zimmer, und die Krankenschwester schlug mit den Handkanten auf Geraldos Brust ein, seine Arme hingen über den Bettrand. Die Füße zeigten in entgegengesetzte Richtungen, nach rechts und nach links, jeder in die seine. Der Becher fiel zu Boden, das Wasser sickerte auf dem gewachsten Holz nicht ein, suchte walzenförmig nach einer Rinne, in der es sich verstecken konnte, und gelangte an den Bettpfosten, wo es sich in zwei Ströme teilte. Tizica fiel um. Die Krankenschwester ließ Geraldo los und hob die schwache Tizica auf.
»Heben Sie meinen Becher auf«, befahl Tizica.
»Sie müssen sich hinlegen.«
Die Totenwache für Geraldos Leichnam wurde auf dem Friedhof der neuen Kleinstadt abgehalten. Sein Grab war eines der ersten. Tizica bat darum, es in die Nähe des Eingangstors zu legen, so könnte sie, wenn sie durch die Straße kam, das Kopfende der letzten Ruhestätte ihres Patrons sehen, ohne dafür den Gottesacker betreten zu müssen. Sie ging nicht zu der Beerdigung, auf der Timóteo vor dem Sarg herlief. Tizica schlief tief und fest, ruhig gestellt mit Injektionen aus einer dicken Nadel. Sie schlief und wachte senil auf. Geraldos Begräbnis wurde von den Kirchenglocken eingeläutet. Nico kam, betete und weinte nicht.
56. Kapitel
GERALDO WAR TOT, Geraldina erfuhr es über die Unterhaltungen der Leute. Antônio ging nicht zur Beerdigung, Maria erlaubte es
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