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Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschwister des Wassers
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elegant gekleidet war wie Leila, hat mich auf dem Klo nach der Uhrzeit gefragt.«
    »Hast du sie ihr gesagt?«
    »Ich hab keine Uhr.« Ludéria zeigte ihre nackten Handgelenke und setzte sich.
    »Hast du Familie, zu der du gehen kannst?«
    »Nein. Ich wandere von Familie zu Familie, bis sie mich rauswerfen. Eine echte Familie macht’s auch nicht anders, ich hab genug von Familien. In eine Familie kommst du, und dann gehst du wieder, egal ob es die von deiner Chefin oder von deiner Mutter ist. Ein Sohn, der zu lang am Rockzipfel seiner Mutter hängt, verliert seine Stärke. Er kriegt keine Frau, und am Ende muss er die Alte baden, die ununterbrochen quasselt und ständig irgendwas will. Ich hab gut daran … Júlia! Júlia, schau mal da!«
    »Genau wie beim letzten Mal«, flüsterte Júlia.
    »Deswegen wolltest du zum Busbahnhof, du altes Miststück.«
    Júlia lächelte, als Messias näher kam. Ludéria schwieg und wartete auf den richtigen Zeitpunkt für Fragen.
    »Ich war so aufgebracht, dass ich den Kopf verloren habe«, sagte Messias.
    »Messias, du kannst mich ruhig auch anschauen«, verlangte Ludéria.
    »Du wolltest in meinen Angelegenheiten rumschnüffeln, und in Júlias Leben.«
    »Bei den Freimaurern? Was gibt’s da rumzuschnüffeln? Da ist doch nichts. Das ist ja so öde und fein, und so bedeutungsschwer. Was soll das alles? Antworte mir. Du hast Júlia rausgeworfen, weil sie mich mitgenommen hat, damit ich so was Nichtiges kennenlerne.«
    »Ludéria kann nichts dafür.«
    »Júlia, lass sie reden.«
    »Wir müssen unsere Feinde um uns haben, damit wir wissen, was sie tun.«
    »Feinde! Wir beide! Also Messias!«, rief Ludéria aus.
    »Lass gut sein, ich nehm’s dir nicht übel. Kommt mit mir zurück zum Laden. Dann wohnt ihr eben beide in dem Hinterzimmer.«
    Júlia sah auf den Boden, schämte sich, ja zu sagen. Ludéria wartete auf Júlias Bestätigung, sie wollte sich nach ihr richten.
    »Wollt ihr hier kleben bleiben wie zwei Berge?«
    »Gehen wir?«, fragte Júlia Ludéria.
    »Besser als der Busbahnhof.«
    »Ich hab Arbeit für euch beide, weil ich meinen Laden erweitern will. Ich werde Stoff verkaufen und brauche Frauen, die was vom Einzelhandel verstehen.«
    Messias folgte den beiden zur Gepäckaufbewahrung, schleppte alleine die Koffer und fuhr dann los. In dem Zimmer hinter dem Laden teilten die beiden sich nun das Einzelbett. Sie würden Satin, Serge und Baumwollstoff verkaufen, Faden, Nadeln und Wolle.

54. Kapitel
    TIMÓTEO VERLIESS ENEIDOS Höhle. Er überquerte den Gipfel der Serra Morena, kam am Gatter zu Nicos Grundstück vorbei, hielt nicht an, sondern ritt weiter den Berg hinab. Langsam und sicher führte er das Pferd, hinter ihm die wuschelige Hündin, treu wie eine alte Freundin. Am Rondell der kleinen Stadt angelangt, hatte er eine Idee ausgebrütet. Er befand sich bereits im Tal, in der ersten großen Straße, Männer pafften schwarzen, bittersüßen Rauch an den Kneipentheken. Sie wandten sich um, wollten sehen, wie Timóteo ankam, alle wussten, er kam von der anderen Seite des Tals.
    Er ritt weiter durch die Hauptstraße bis zur Kirche, zog den Hut und bekreuzigte sich. Vor der Musikertribüne stieg er ab. Eine Menschenschlange folgte ihm und wartete auf seine Rede, auf ein Wort, irgendeines.
    »Wie ist es dort, mein Junge?«
    »Kommst du von der anderen Seite?«
    »Warst du wirklich dort, Timóteo?«
    »Hast du Eneido gesehen?«
    »Regnet es dort?«
    »Hat er was zu essen?«
    »Hat er ein Haus?«
    »Und Land?«
    »Sind die Leute dort wie wir?«
    »Hast du was mitgebracht, was wir anschauen können?«
    »Du bist sogar hübscher geworden!«
    Timóteo kam gar nicht zum Antworten. Er hörte auf zu reden und hörte sich Frage für Frage an, um alles auf einmal zu beantworten, in einer einzigen, hinreißenden Rede.
    »Er wird schon wie Nico, der einen nur schweigend anschaut.«
    »Gibt es dort Tiere? Pferde? Und dieser Hund, ist der von dort?«
    »Reden sie wie wir?«
    Die Menschen verdichteten ihren Kreis um die Musikertribüne, die vordersten fragten bereits nicht mehr, die neu Dazukommenden wiederholten die ersten Fragen. Der Pfarrer, ein junger, mannhafter Typ, kämpfte sich kraft seiner Autorität durch die Menschenmassen. Auf der Musikertribüne die Hündin, neben Timóteos Beinen. Sie blickte starr nach vorn, auf die Augenpaare, die über ihr Timóteo suchten.
    »Junge, wenn du was zu sagen hast, dann sag es jetzt, im Beisein der Kirche.«
    Timóteo trat zwei Schritte vor, lehnte

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