Fuego, Andréa de
unterstützen.«
Messias legte Geld aufs Bett, große, zusammengefaltete Scheine, und ging hinaus. Júlia packte ihren Koffer, es war immer noch der vom Waisenhaus. Sie legte das zusammengerollte Geld in ein Platzdeckchen, auf das ihr Name gestickt war, in Kinderschrift, ihrer eigenen im Alter von neun Jahren, damals noch in der Klosterschule der Französinnen. Júlia Malaquias, krumm und schief, der Name vom vielen Waschen verblichen.
Sie traf Ludéria in der Kirche an, das Ave-Maria betend. Sie setzte sich neben sie, Ludéria empfand ihr Auftauchen als Antwort der Heiligen Jungfrau. Sie tauchten die Finger ins Weihwasser, bekreuzigten sich und setzten sich draußen auf die Treppe.
»Sie hat mich entlassen, wegen dir.«
»Wie hat sie es erfahren?«
»Du schuldest mir eine Anstellung.«
»Gehen wir zum Busbahnhof?«
»Wohin?«
»Zum Busbahnhof.«
»Ja, Busbahnhof hab ich verstanden. Aber wohin fahren wir von da aus?«
»Wir bleiben dort.«
»Spinnst du?«
»Messias hat mir Geld gegeben, wir essen was. Man kann dort seinen Koffer lassen, und dann treiben wir uns so lange unter den Reisenden herum, bis uns was einfällt. Da drin regnet es nicht. Es ist nicht windig. Keiner verjagt uns.«
52. Kapitel
TIMÓTEO WAR WACH, und gleichzeitig schien er zu schlafen. Eneido machte im hinteren Teil der Höhle Feuer. Das lilafarbene Sonnenlicht färbte die Ränder des Schiffs violett. Dichter Wald bedeckte mehr als die Hälfte des Dampfers. Dem Bug nach zu urteilen, war es ein großes Schiff.
»Wirst du hier schlafen, Timóteo?«
Jemand hängte ein Laken über das Geländer am Bug. Ein weißes Laken, der Größe nach für ein Doppelbett, eine Frau mit goldenem Haar, jung, zarte Arme.
»Eneido, da unten sind Leute.«
»Hör auf, sie anzustarren, sonst starren sie zurück.«
Timóteo sah Eneido herausfordernd an.
»Und wenn schon?«
»Du bist jetzt seit drei Tagen hier, schläfst du heute Nacht noch mal hier?«
»Ich will alles wissen, sonst finde ich nicht zurück.«
»Du kennst jetzt den Weg.«
Ein dumpfes Bellen drang in die Höhle.
»Hast du einen Hund, Eneido?«
»Nein, ich mag keine Hunde, die muss man nur ständig füttern.«
Die wuschelige Hündin aus Nicos Maisfeld erschien mit hängender Zunge in der Höhle und bellte lauter, ohne mit dem Schwanz zu wedeln.
»Raus mit dir, Hund!«, brüllte Eneido.
Er verscheuchte die Hündin, und sie verschwand.
»Ich will keinen Hund hier, und dich auch nicht.«
»Morgen mach ich mich auf den Weg.«
Eneido reichte Timóteo eine gegrillte, duftende Wurzel.
»Das riecht nach Frau«, sagte Eneido.
»Warum gehst du nicht zurück? Deine Frau, deine Kinder, Seu Geraldo, alle dort unten wollen wissen, wo du steckst. Sie halten dich für tot.«
»Das machen sie nicht mehr, sobald du ihnen erzählst, dass du mich gesehen hast.«
»Entweder erzähle ich, dass ich dich gesehen habe, oder dass ich das Schiff gesehen habe. Wenn ich beides erzähle, halten sie mich für verrückt.«
»Das ist wahr.«
»Ich will, dass sie mir glauben. Niemand hatte je den Mut, hierherzukommen, nur du und ich.«
»Wie geht’s Antônio?«
»Antônio wird immer verrückter. Redet dummes Zeug. Als Nico verschwunden war, meinte er, er sei in die Kaffeekanne gefallen.«
»Und Júlia?«
»Die hat in der Klosterschule eine Familie gefunden, und keiner hat sie mehr gesehen.«
»Júlia gehört dieses ganze Land.«
»Ach was!«
»Sie ist die Tochter von Geraldo.«
Das Bellen kam wieder, diesmal aus weiterer Ferne. Timóteo trat an den Rand des Abgrunds. Die Hündin stand auf dem Bug des Schiffs und wedelte mit dem Schwanz.
53. Kapitel
JÚLIA UND LUDÉRIA ließen ihre Koffer in der Gepäckaufbewahrung und suchten sich einen Platz fernab der Toilette, so wollte es Júlia.
»Da kommen so viele Leute vorbei, und am Ende riechen deine Klamotten nach Desinfektionsmittel.«
Sie saßen da, ihre Handtaschen auf dem Schoß, die Hände auf den Schenkeln, ein gutes Motiv für einen Porträtzeichner.
»Ich schaff das nicht, Júlia.«
»Was?«
»Ruhig dasitzen wie du, ich bin kein Mensch mit Sitzfleisch.«
Ludéria stand auf und ging zur Toilette. Júlia folgte ihr mit den Augen, der Uhrzeiger verdeutlichte ihr, wie die Minuten verstrichen, Reisende liefen zu ihren Bussen, die üblichen Menschen. Júlia erkannte ein paar anonyme Gestalten wieder, Kinder ohne Zuhause wie sie, das Mädchen vom Imbiss, aber Dinorá sah sie nicht. Ludéria kam aufgeregt zurück.
»Eine alte Dame, die so
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