Fuego, Andréa de
nicht. Sie würde doch nicht wegen einer traurigen Sache alles stehen und liegen lassen, das Haus abschließen und die Kinder in die Stadt bringen, was für ein Unsinn, eine so weite Reise, ohne zu übernachten, wo sollten sie denn schlafen?
Von Geraldos Tod zu wissen wirkte sich nicht auf Geraldina aus. Die physische Distanz zwischen ihr und Geraldo war dieselbe wie zwischen ihr und dem Lampenschirm im Schlafzimmer einer Ägypterin. Eine chemische Verbindung gab es nur mit Nahem, sollte es zu einer Begegnung kommen, würde es keinen Zusammenprall mehr geben, lediglich ein Kribbeln, wahrnehmbar mit einer stärkeren Lupe. Eingerollt zu Antônios Füßen verharrte sie würdevoll und bescheiden.
57. Kapitel
FRANÇOISE, DIE FEINE Französin aus der Klosterschule, bot Tizica ein Zimmer an, wo sie bis an ihr Lebensende bleiben könnte. Tizica blieb und löschte sich allmählich aus. Sie blieb und schlief. Eines Morgens wachte sie nicht mehr auf, und am nächsten Tag wurde sie begraben, fern von Geraldo, hinten an der Mauer, ohne Blumen, ohne Foto. Am selben Tag noch war das Leben auf der Straße und in den Geschäften wieder das gleiche. Es wurde spekuliert, wer wohl Geraldos Vermögen erben würde, das Vermögen eines schlechten Menschen ohne Nachfahren. Timóteo wurde von Schwester Françoise in die Klosterschule bestellt.
»Marie und Cecille haben Antônio Malaquias eine Erbschaft hinterlassen. Ich selbst habe dies damals Geraldo Passos mitgeteilt. Nun wurde mir von einem Juristen aus dem Gericht mitgeteilt, dass er das Erbe nicht an den Begünstigten weitergegeben hat. Ich habe Geraldo nie misstraut, weil er einen Teil seines Vermögens unter meine Verwaltung gestellt hat. Er hatte keine Erben, daher sah ich dies als Vertrauensbeweis an und zweifelte nicht an seiner Ehrbarkeit. Er hat Antônios Erbe nicht angerührt, es ihm aber auch nicht weitergegeben. Tatsache ist, dass wir heute sein Testament eröffnet haben.«
»Bin ich dabei?«, fragte Timóteo gespannt.
»Ja, das bist du, Timóteo. Dir stehen die Einnahmen aus den nächsten Kaffeeernten zu. Du wirst zwanzig Jahre lang das Recht auf die Erntegewinne der Fazenda Rio Claro haben.«
»Er hat mir die Fazenda überlassen!«
Timóteo stand auf und befreite sich aus der Trägheit der bedächtigen, formellen Worte der Nonne. Er wollte eine klare Bestätigung, Auge in Auge.
»Gehört die Fazenda mir, Dona França?«
»Fran-ço-a-se, Timóteo. Nein, du hast nur zwanzig Jahre lang das Nießbrauchrecht für den Ertrag aus dem Ackerbau. Die Fazenda Rio Claro, das Gutshaus, das Vieh, die Möbel und das Verkaufsrecht gehen an Moara dos Santos.«
»An wen?«
»An eine Frau aus dem Prostitutionsgewerbe, die er zu Lebzeiten ausgehalten hat. Dir gehört zwanzig Jahre lang ein Teil des Ertrags.«
Timóteo ging zu Nico.
»Antônio ist reich.«
»Antônio will bestimmt nichts aus der Klosterschule«, sagte Nico.
»Klar will ich was, und sei’s auch nur ein Kamm, Maria würde bestimmt die Kommode wollen«, sagte Antônio.
»Ich geh mit dir das Geld abholen, Antônio, es liegt auf der Bank, und es reicht für einiges«, bot Timóteo an.
Antônio konnte Nico nicht überzeugen.
»Ich hol es mir ab, was ist dabei?«
»Sie haben Júlia weggeschickt, in die Ferne«, antwortete Nico.
»Das wird jetzt alles gut, mit diesem Geld reisen wir ihr nach.«
Nicos Gesicht erhellte sich. Timóteo sah darin eine Chance zu Verhandlungen.
»Geraldo war selbst im Tod noch schlecht. Hat alles Moara hinterlassen, einer Schlampe, mit der er sich in deinem alten Haus getroffen hat. Ich darf zwanzig Jahre lang die Ernte haben. Kommen wir bei der Bewirtschaftung ins Geschäft, Nico?«
Maria hörte vom Schlafzimmer aus zu, während Onofre und Anésia auf dem Hof herumtollten. Sie verschluckte sich bei der Erwähnung Moaras, einer Frau aus dem niederen Gewerbe, die jetzt auch noch erbte, was für ein Glück für das Mädchen, was für ein Glück für Antônio.
Timóteo lief zur Fazenda, sprach mit dem Gesinde, stellte eine neue Frau für Tizica ein. Er würde mit Nico die Kaffeeplantage bewirtschaften. Timóteo würde sechzig Prozent des Ertrags erhalten. Fünfzig von der Ernte, zehn für die Pacht. Für Nico war es die Chance, sich zu vergrößern, reichlich Arbeit zu haben, auf einem großen Grundstück ohne Patron zu leben, ohne Geraldo.
Moara wurde von Timóteo und einem Rechtsanwalt, einem älteren Herrn und Freund der Familie Passos, informiert. Ihr Gesichtsausdruck veränderte
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