Führe mich nicht in Versuchung
blinzelte Max zu. »Ich möchte nicht, dass mir einer von Euch beiden bis zum Abendessen unter die Augen kommt.«
»Jawohl«, erwiderte Damien grinsend und schlug Max auf die Schulter. »Mal sehen, wer zuerst da ist.«
Da wußte Max, dass er LadyLou mochte. Und sie war irgendwie hübsch mit ihrem schwarzen Haar und den hellblauen Augen. Als er und Damien auf die Tür zuliefen, fragte er sich, wie es wohl sein würde, jemanden wie sie im Hause zu haben. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie Damiens Hand jemals mit einem Stock bearbeiten würde. Maxens letzte Gouvernante hatte ihm einmal beinahe die Hand abgeschlagen.
»Damien«, rief sie hinter ihnen her. »Vergiss nicht, dass dein Vater heute Nachmittag ankommt. Er möchte, dass die Familie zusammen zu Abend isst.«
Max blieb abrupt stehen. Er fühlte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Damiens Vater kehrte nach Hause zurück. Das bedeutete, dass sich die Herzöge von Westbrook und Bassett, die den meisten Teil ihrer Zeit gemeinsam verbrachten, getrennt hatten. »Vater und ich werden auch gemeinsam das Abendessen einnehmen«, sagte er.
Damien warf ihm einen zweifelnden Blick zu und Max schämte sich seiner Worte. Er hatte gelogen und Damien wußte es. Max hatte kaum jemals eine Ahnung, wann sein Vater nach Bassett House kam. Er konnte sich nicht vorstellen, was der große Herzog von Bassett mit seiner Zeit anfing, wenn er sich nicht gerade in London aufhielt. Er wußte nur, dass er sie nicht mit seinem Sohn verbrachte.
Kapitel 1
Bassett House, Frühjahr 1807
Max starrte an der Steinfassade des alten Gebäudes hinauf. Von Bassett House aus hatten Generationen von Herzögen über ihre Besitztümer regiert. Die Flügel des Hauses spreizten sich in einer Zurschaustellung von Kraft, in der sich Arroganz und Macht widerspiegelten, die nicht nur die Menschen und das Land, sondern sogar den Himmel selbst herauszufordern schienen. Die Flagge, die sonst die Anwesenheit des Herzogs verkündete, flatterte heute noch nicht auf dem höchsten Turm von Bassett House.
Sein Vater war noch nicht eingetroffen.
Max blieb in der Kutsche sitzen. Er war unentschlossen, ob er auf seinen Vater warten oder direkt nach Westbrook Court fahren sollte, wie es seine Absicht gewesen war. Aber er wußte, dass er keine Wahl hatte. Sein Vater hatte ihm ein Schreiben gesandt, in dem er ihn aufforderte, nach Hause zu kommen, sobald die Schulferien begonnen hatten. Selbst für den Herzog war es eine lange Zeit, sechs Monate verstreichen zu lassen, ohne einen Blick auf seinen Erben zu werfen.
Das leise Hüsteln des Butlers riss Max aus seinen Gedanken, und er wandte seinen Blick dem Personal zu, das stocksteif unter dem breiten Säulengang stand und mit leeren Blicken darauf wartete, dass er aus der Kutsche stieg. Diese armen, steifbeinigen Bastarde! Wenn er es irgendwann wünschte, würden sie dort ewig stehen und verrotten. Genauso wie er selbst, wenn es seinem Vater gefiel.
Der Butler hüstelte erneut.
Max verzog angesichts dieses offensichtlichen Zeichens, dass er schon zu lange in der Kutsche weilte, ärgerlich den Mund. Ein solch impertinentes Verhalten wagte Burleigh nur dem sechzehnjährigen Erben gegenüber an den Tag zu legen.
Sollten sie doch warten, dachte er, schnippte eine nicht vorhandene Fluse von seiner Hose und spielte dann mit seinen Handschuhen. Er zog sie sorgfältig zurecht und sorgte dafür, dass jeder Finger bequem im Futter steckte. Sie erwarteten diese Arroganz und Gleichgültigkeit von ihm. Und er wollte sie doch um Gottes Willen nicht enttäuschen.
Dann nickte er einmal gebieterisch, um seine Bereitschaft zu signalisieren. Ein Diener öffnete die Tür der Kutsche und klappte die Stufen herunter.
»Willkommen daheim, Mylord«, sagte der Butler, sobald Max' Füße den Boden der gepflasterten Auffahrt betreten hatten.
»Wo ist der Herzog?« erkundigte sich Max kurzangebunden.
»Hat sich verspätet, Mylord.«
Max nickte. Der Herzog kam immer zu spät und hatte immer irgendeinen ach so guten Grund dafür. Er straffte seine Schultern und schritt schnell die Stufen entlang der Reihe der wartenden Bediensteten hinauf. jede Verbeugung und jeden Knicks erwiderte er mit einem kurzen Nicken. Ein Diener trat eilig vor und öffnete die schwere Eichentür.
Max konnte wie so oft nicht verhindern, dass er unwillkürlich den Atem anhielt, als er die riesige Eingangshalle betrat.
Ihre Schönheit beeindruckte ihn immer wieder aufs neue. Die marmornen Säulen
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