Fünf Brüder wie wir
Zusammenhang“, sagte ich.
„Stéphane sagt, dass seine Mutter die Diät aus der Strickzeitschrift hat, die sie immer liest“, erklärte Jean Eins. „Wenn man nichts als bulgarischen Joghurt isst, wird es ganz sicher ein Mädchen.“
Jean Vier legte sich die Hand auf den Bauch.
„Mist“, sagte er. „Ich hab heute Nachmittag einen gegessen.“
„Du doch nicht, Dummkopf!“, sagte Jean Eins und verdrehte die Augen.
Ein paar Tage nach der Ankunft von Jean Sechs bei uns zu Hause feierten wir seine Taufe.
Opa Jean und Oma Jeannette waren da, Großpapa und Großmama und außerdem noch Herr und Frau Vuillermoz, die extra aus Paris angereist waren. Herr Vuillermoz schenkte Jean Sechs seinen ersten versteinerten Kopffüßer und Frau Vuillermoz schenkte ihm einen selbst gestrickten Strampler.
Papa hatte einen Nebenraum im Restaurant du Théâtre reserviert. Weil Oma Jeannette da war, mussten wir die Krawatten umbinden, die sie uns zu Weihnachten geschenkt hatte. Das sah ziemlich komisch aus, weil wir über der Nase kleine Stoffmasken trugen, wegen der Bazillen.
Das war Papas Idee gewesen.
Papa ist nämlich ein sehr guter Arzt.
Wir hatten uns alle im Schwimmbad eine schlimme Erkältung eingefangen und die Hauptperson des Fests sollte nicht auch noch angesteckt werden. Aber als Jean Sechs uns als Chirurgen verkleidet sah, wurde er ganz rot und fing zu brüllen an. Er ließ sich überhaupt nicht mehr beruhigen.
Trotzdem war das mit den Masken eine großartige Idee.
Nach dem Mittagessen, während die Erwachsenen in aller Ruhe ihren Kaffee tranken, spielten wir Zorro, mit unseren Masken im Gesicht und Gabeln als Degen. Wir schlitterten über das Parkett und vollführten eine Attacke nach der anderen, bis Jean Drei gegen eine Tischecke stieß und eine Platzwunde an der Augenbraue bekam. Das dämpfte die Stimmung etwas. Papa musste mit ihm ins Krankenhaus fahren und kurz darauf sagte Opa Jean: „Wer hat denn diese Wurst auf die Tischdecke gelegt?“
Weil es sich dabei aber um den versteinerten Kopffüßer von Herrn Vuillermoz handelte, wäre die Stimmung beinahe gekippt.
Später sagte Opa, dass er das extra gemacht habe, um diesem Langweiler eine Lektion zu verpassen. Und auch Oma Jeannette regte sich auf. Vielleicht muss man dazu wissen, dass Großmama sie schon am Vormittag in der Kirche etwas verärgert hatte.
„Was soll das heißen, meine Tochter ist nicht in der Lage, ein Mädchen zu bekommen?“, sagte sie jetzt und meinte damit Mama. „Und was ist mit Ihrem Sohn?“
„Reden Sie doch keine Dummheiten“, erwiderte Großmama. „Mein Sohn ist schließlich Arzt.“
„Gleich fließt Blut“, sagte Jean Eins und rieb sich vor Vergnügen die Hände.
Aber weil alle noch eine lange Rückfahrt vor sich hatten, stiegen sie wieder in ihre Autos. Vorher schenkte Mama jedem noch Zuckermandeln in kleinen Schultüten aus hellblauem Karton.
„Schade!“, sagte Jean Eins. „Wo es grade anfing, richtig Spaß zu machen!“
Kurz darauf fuhren wir in die Sommerferien.
„Kommt nicht infrage, dass wir zu Oma Jeannette fahren“, sagte Papa. „Das Baby braucht Ruhe und frische Luft. Es ist wirklich sehr nett von Herrn Le Bihan, dass er uns sein Ferienhaus in Carnac vermieten will! Vielleicht ein wenig abgelegen, aber idyllisch …“ Wir machten entsetzte Gesichter. „Und außerdem“, fuhr er fort, „wird das allen guttun. Das Jod, die Gischt, der Geruch des Seetangs! Nichts geht über das Reizklima in der Bretagne.“
Weil niemand besonders begeistert wirkte, lud Papa nach dem Abendessen Stéphane Le Bihans Vater zu uns in die Wohnung ein.
Herr Le Bihan, der immer gern behilflich ist, hatte seinen Diaprojektor dabei, ein Verlängerungskabel und eine ausziehbare Leinwand.
Als er alles aufgebaut hatte, setzten wir uns zu fünft im Halbkreis auf den Wohnzimmerteppich und Papa machte das Licht aus.
„Und da ist es auch schon zu sehen!“, verkündete Stéphane Le Bihans Vater, als wäre er ein Zauberer. Das erste Bild wurde auf die Leinwand geworfen.
„Hat es in Carnac vor Kurzem ein Erdbeben gegeben?“, fragte Mama.
„Oh, Entschuldigung, es steht auf dem Kopf“, sagte Herr Le Bihan. „Eine Sekunde, ich bring das gleich in Ordnung.“
Und das war’s dann für den Abend. Beim nächsten Versuch schlug nämlich plötzlich eine Flamme aus dem Projektor.
„Nichts passiert“, sagte Herr Le Bihan, nachdem er das Feuer mit einem Sofakissen erstickt hatte. „Da ist nur die Glühbirne explodiert. Ich
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