Fünf Brüder wie wir
wir.
„Überraschung des Küchenchefs!“, sagte er. „Ein Rezept, das ich selbst erfunden habe. Die bedeutendsten Köche der Welt beneiden mich darum!“
Er brachte mit großem Trara eine längliche Platte herein. Darauf befand sich etwas Weiches und Gelbes, das entfernt an einen aufgerollten Badezimmerteppich erinnerte.
„Ratet! Wer es zuerst weiß, bekommt eine zweite Limo.“
Wir probierten alle vorsichtig. Es war außen etwas zäh und in der Mitte fast flüssig.
„Ein Soufflé?“, schlug Jean Eins vor.
Papa zog die Schultern hoch.
„Ein Kirschauflauf ohne Kirschen?“, fragte Jean Drei.
„Auf alle Fälle schmeckt es sehr gut“, sagte ich.
„Ich weiß es!“, rief Jean Vier. „Es schmeckt wie das klebrige Löschpapier, das Jean Eins mir mal in den Mund gestopft hat.“
„Bande von Barbaren“, sagte Papa etwas verärgert und nahm die Schürze ab. „Ich kann eure Mutter jetzt besser verstehen: Für euch zu kochen, heißt wirklich, Perlen vor die Säue zu werfen!“
„Wir strecken die Waffen“, sagte ich.
„Dann hat keiner die Spezialität des Hauses erraten?“
Wir schüttelten alle den Kopf. Ich fühlte mich an etwas erinnert, aber der Geschmack war undefinierbar, eine seltsame Mischung aus süß und salzig.
„Obwohl es ganz einfach ist“, erklärte Papa. „Ein paar verklepperte Eier, ein Stück Butter, das dieses schöne Goldgelb bewirkt, und das Ganze am Ende mit Rohrzucker überstäubt.“
Jean Vier meldete sich wie in der Schule. „Ein Omelett mit Zucker!“, rief er.
„Richtig!“, sagte Papa. „Du hast gewonnen! Ein einfaches Omelett mit Zucker. Toller Einfall, oder?“
„Ich liebe Omelett mit Zucker!“, sagte ich und leckte den Teller ab. „Du bist der beste Koch, den ich kenne.“
„Und außerdem, Jungs“, sagte Papa, „bin ich mir ziemlich sicher, dass Oma Jeannette euch nie ein Omelett mit Zucker gemacht hätte!“
„Ein dreifaches Hoch auf Papa!“, rief Jean Eins und stieg auf seinen Stuhl. „Hipp, hipp …“
„Hurra!“
Wir schrien, applaudierten und klopften mit den Gabeln auf unsere Teller. Man hätte glauben können, es sei einer der Krawalle, wie sie manchmal in der Schulkantine stattfinden. Nur dass Papa auch mitmachte und die Arme hochriss, als wäre er Sieger bei der Tour de France.
„Danke, Jungs … danke“, stammelte er tief gerührt.
Es fehlte wenig und wir hätten ihn auf den Schultern getragen.
„Wir werden uns noch lange an dein Omelett mit Zucker erinnern“, sagte Jean Eins. „Damit gehst du in die Geschichte ein!“
In diesem Moment klingelte das Telefon.
Papa stand auf, um dranzugehen, und wir fingen an, den Tisch abzuräumen.
Als er zurückkam, war sein Gesicht so gelb wie das Omelett. Er lächelte merkwürdig, als hätte er zu viel getrunken.
„Eure Mutter hat das Baby bekommen“, sagte er.
„Wirklich?“, brüllten wir im Chor. „Wirklich?“
„Ja“, sagte er. „Ein hübsches, gesundes Baby und ziemlich kräftig.“
„H-hat sie lange H-Haare und Z-Zöpfe?“, haspelte Jean Fünf.
„Zöpfe?“, fragte Papa mit einem verständnislosen Lächeln. „Wer soll Zöpfe haben?“
„Helene natürlich!“, sagte Jean Drei.
„Helene?“, fragte Papa. „Welche Helene denn?“
Weil wir ihn alle verdutzt anstarrten, dämmerte es ihm auf einmal und er lachte laut auf.
„Es gibt für euch keine Helene, Jungs. Ihr habt einen neuen kleinen Bruder! Einen prächtigen Jean Sechs, der 4,2 Kilo wiegt!“
„Ich finde, das Baby sieht Opa Jean ähnlich“, sagte Jean Vier, als Mama aus der Klinik nach Hause entlassen worden war. „Es hat genauso wenig Haare wie er.“
„Dummkopf, Babys haben keine Haare“, sagte Jean Eins. „Außerdem hätte Jean Sechs ein Mädchen sein sollen. Was für ein Betrüger!“
„Sag bloß nichts gegen meinen Bruder!“, rief Jean Drei und richtete seine Laserwaffe auf ihn.
„Er ist auch meiner, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte“, sagte Jean Eins und boxte ihn in die Seite.
„Ihr seid nicht nett“, sagte Jean Fünf. „Ich erzähl’s gleich Mama!“
„Mir wäre ein Mädchen lieber gewesen“, sagte Jean Drei.
„Mädchen oder Junge, was ändert das schon groß?“, meinte Jean Eins achselzuckend. „Es schläft sowieso die ganze Zeit.“
„Mir wäre es trotzdem lieber gewesen“, sagte Jean Drei.
„Hättest du gewollt, dass Mama nur Joghurt isst, neun Monate lang, wie die Mutter von Stéphane Le Bihan?“, fragte Jean Eins.
„Ich seh nicht ganz den
Weitere Kostenlose Bücher