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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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ihren winzigen Fingern packte. Babys schienen Oliver zu mögen, selbst die quengeligsten Täuflinge wurden ruhig, wenn er sie am Taufbecken im Arm hielt. »Was für ein hübsches Baby!«, sagte er. »Dieses liebe Kind bringt allen im Dorf solche Freude in dieser dunklen Stunde. Stelle ich mir das nur vor oder hat sie wirklich die Augen ihrer Mutter?« Bruno war sofort von ihm angetan.
    Viel zu schnell ging das glückliche Zwischenspiel zu Ende. Sieben Tage nach seiner Ankunft küsste Bruno seine schlafende Familie und verließ Crowmarsh Priors noch im Dunkeln. Obwohl er nicht rauchte, hielt sein Fahrer unterwegs an einem Geschäft, das früh öffnete, und Bruno kaufte ein Paket
Players
. Dann fuhren sie weiter nach Norfolk. Der Wagen hielt auf einer windgepeitschten Flugpiste. Dort warteten sie, bis ein Militärfahrzeug angefahren kam. Ein Mann in Handschellen und ein bewaffneter Mann stiegen aus. In einer Hütte bekamen die beiden Männer und Bruno ein Frühstück – wässriges Rührei aus Eipulver, Würstchen, harte graue Brötchen und lauwarmer Tee. Bruno machte sich aus den Würstchen und den Brötchen normalerweise ein Sandwich. Sofrüh am Morgen hatte er eigentlich keinen Hunger, doch er nahm diese erste Mahlzeit zu sich, so schrecklich sie auch war, weil er wusste, dass bis zur nächsten viel Zeit vergehen würde.
    Dann bestiegen die drei Passagiere das wartende Norseman-Flugzeug. Alle schwiegen, während die Propeller lärmend ansprangen und das kleine Flugzeug unter Knarren und Rappeln die Startbahn entlangrollte Das Licht flackerte, erlosch und ging wieder an, als das Flugzeug abhob, steil in die Luft stieg und dabei gelegentlich in ein Luftloch sackte. Bruno hoffte, dass sie nicht in einen Schneesturm geraten würden, auch wenn er wusste, dass das Flugzeug auch auf Wasser oder Eis landen konnte, wenn es sein musste. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als wieder in dem warmen Bett bei Tanni, Johnny und Anna zu sein, doch er zwang sich, sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Das Flugzeug war nicht für bequemes Reisen geschaffen und die Passagiere – Bruno, der Mann in Handschellen neben ihm und der bewaffnete Wachposten – trugen dicke Mäntel und Schals gegen die schneidende Kälte.
    Der Mann neben ihm hielt den Blick beharrlich von ihm abgewandt und sah aus dem Fenster. Er hatte ein hageres stolzes Profil, strenge Augenbrauen und einen starren Gesichtsausdruck. Das Frühstück hatte er nicht angerührt.
    Stunden später wandte er sich Bruno zu. »Schweden. Wir fliegen Richtung Schweden, nach der Zeit zu urteilen, die wir unterwegs sind.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
    »In die Nähe von Schweden«, korrigierte Bruno.
    »Ah, das habe ich mir gedacht. Die Insel, auf der Ihre und meine Regierung Kriegsgefangene austauschen. Natürlich im Geheimen. Ein Spion gegen einen anderen.
Quid pro quo
, wie Sie in England sagen. Obwohl Sie selbst kein Engländer, sondern Jude sind.« Auf dem hochmütigen Gesicht lag ein freudloses Lächeln. »Man sieht es immer. Etwas … Minderwertiges im Gesicht. Sie geben mir meinen jüdischen Vernehmungsbeamten als Eskorte für den Austausch mit; eine ihrer subtilen Kränkungen. Die Engländer verstehen sich besser auf solche Nuancen als irgendeine andere Rasse.«
    Bruno betrachtete ihn mit teilnahmsloser Miene. Der Mann war ein Deutschengländer mit wichtigen Beziehungen in aristokratische Kreise. Er war beim militärischen Geheimdienst beschäftigt gewesen, wo er jahrelang für die Deutschen spioniert hatte, ohne enttarnt zu werden. Er hatte sogar Zugang zu Churchill und übermittelte seinen Vorgesetzten vertrauliche Informationen, die unzählige Menschen das Leben kosteten, bevor man ihn aufspüren und festnehmen konnte.
    »Der britische Spion, gegen den ich ausgetauscht werde – ich nehme an, er hat eine wichtige Stellung inne?«
    Bruno schwieg.
    »Sie werden mir seinen Namen nicht nennen, natürlich nicht. Vielleicht ist es eine Ihrer Spioninnen? Jemand von den
Special Operations Executives
? Sicherlich kein kleiner Funker oder ein Decodierer. Sie sind entbehrlich. Wir erschießen sie normalerweise selbst, wenn wir alle Informationen aus ihnen herausgeholt haben, die sie uns geben können. Ein paar sind natürlich bemerkenswert mutig. Doch gegen mich wird jemand Wichtiges ausgetauscht. Nun ja, wer immer es ist, ich werde bald in Berlin sein. Wir sehen uns wieder, wenn der Führer beschließt, dass die Zeit für die Invasion gekommen

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