Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
versteckt hatte. Dann machte sie Tee.
»Ich muss nächste Woche wieder hin«, sagte Evangeline müde, »aber im Augenblick möchte ich einfach an etwas anderes denken als an diese endlosen Bettenreihen mit all den armen verletzten Männern. Wie kommen wir voran?«
Tanni, die ihr drittes Kind erwartete, stand auf und zerrte etwas vom Sofa. »Sieh mal, was ich gemacht habe, während du weg warst«, sagte sie. Sie hatte aus Verdunkelungsstoff eine Art Zelt zusammengenäht, das groß genug war, um den immer größer werdenden Berg von Dornenranken abzuschirmen, den sie um das Grab der de Balforts auftürmten. Ohne ihre Taschenlampen anzuschalten, konnten sie nicht sehen, was sich hinter dem Eingang verbarg, doch während der angeordneten Verdunkelung würde sie selbst der schwächste Lichtstrahl verraten.
Außerdem brauchten sie Seile, allerdings waren selbst auf dem Bauernhof keine zu finden. Bevor sie so plötzlich nach London abreisen musste, hatte Evangeline vorgeschlagen, Laken in Streifen zu reißen und daraus Seilstücke zu flechten, die man zu einem langenSeil zusammennähen könnte. Doch wo um alles in der Welt sollten sie Laken herbekommen? Schließlich war alles rationiert.
Elsie hatte die rettende Idee. Glebe House war zwar noch nicht zum Genesungsheim umgebaut, doch ein riesiger Stapel Bettwäsche war bereits geliefert und in der Spülküche verstaut worden. Und davon konnten sie sich doch verdammt noch mal ein paar nehmen.
Tanni hatte sich dagegen gesperrt, Regierungseigentum zu stehlen, bis Elsie eines Abends einfach alles auf eine Schubkarre packte und zum Haus der Fairfax’ brachte. Danach zerschnitt Tanni die gestohlenen Laken, sobald die fünf Kinder im Bett waren, und dann dauerte es eine Woche, bis sie die Stoffstreifen geflochten und zusammengenäht hatte. Sie betete, dass Bruno nie herausfinden würde, was sie da tat.
Als Alice das Seil sah, dachte auch sie zuerst daran, dass es ein Verbrechen war, Regierungseigentum zu stehlen, doch dann entschied sie, dass es ihr egal war. Sie war verdammt noch mal nicht der Wachhund der Regierung. »Ich glaube, ich habe die Höhle gefunden«, sagte sie eines Tages, »aber ich komme nicht an dem Stacheldrahtzaun vorbei, um sie mir von der Klippe aus anzusehen. Außerdem stehen da überall Warnschilder, dass der Bereich vermint ist.«
»Gut gemacht, Alice«, sagten die anderen aufgeregt. »Nun erzähl schon!«
Alice beschrieb, wie sie bei ihren Abendspaziergängen jeden Tag einen anderen Weg gegangen war und dabei nach einem Abhang und einer schmalen Öffnung Ausschau gehalten hatte. »Allerdings können wir uns nur sicher sein, wenn wir durch den Tunnel gehen«, schloss sie.
Sie warteten einen Abend ab, an dem Sturm und Wolken es früh dunkel werden ließen und heftige Regenfälle die Dörfler in ihre Häuser trieben. Evangeline und Frances zogen sich Ölzeug an, nahmen das Seil, das Tanni genäht hatte, und liefen quer über den Dorfanger zum Friedhof. Alice stellte ihrer Mutter eine Thermoskanne mit Kakao und ein Stück kalte Kartoffelpastete hin und radelte dann im Regen davon, die Klagen ihrer Mutter über ihreVerdauungsbeschwerden und ihr eigenes wenig damenhaftes Benehmen im Ohr.
Unter ihrem Ölmantel trug Evangeline einen von Richards ältesten Pullovern. Alice erkannte ihn und brach in Tränen aus.
Frances tätschelte ihr die Schulter. »Sei still, Schätzchen, und konzentrier dich.«
Elsie war die Kleinste von ihnen und war zu ihrem Entsetzen dazu auserkoren, gemeinsam mit Evangeline den Tunnel zu erkunden. Der Gedanke daran, unter der Erde zu sein, ließ sie vor Schreck erstarren. Sie sah zu, wie Evangeline ein Ende des Seils um ihre Taille band. »Ich hoffe, du weißt, was du da tust«, jammerte sie.
»Ich hab so etwas schon oft gemacht«, sagte Evangeline zuversichtlich. »Es macht Spaß. Nun komm schon.«
Elsie spähte in das dunkle Loch. »Da unten ist es finster und es stinkt zum Gotterbarmen. Und da könnte alles Mögliche lauern.«
»Elsie, nun sei kein Feigling. Ich brauche dich. Falls da enge Stellen sind, durch die ich nicht durchpasse, könntest du es vielleicht schaffen.«
»Ohne dich? Ganz allein? Verdammter Mist!«
»Was machen wir, wenn jemand vorbeikommt und sieht, was wir hier machen?«, fragte Alice. »Wir werden ganz bestimmt festgenommen. Heutzutage verstößt praktisch alles gegen die Vorschriften oder wird als Hilfe für den Feind angesehen, also trifft das wahrscheinlich auch auf das zu, was wir hier tun. Was
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