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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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ist, wenn uns jemand beobachtet?«
    »Es ist Mitternacht und es regnet in Strömen. Wer sollte uns denn schon beobachten?«
    »Nun komm, Elsie«, sagte Evangeline. Sie leuchtete mit ihrer Taschenlampe in den Eingang. In eine Wand waren ausgetretene Steinstufen gehauen, in der anderen sahen sie eine Reihe von Nischen, in denen alte Särge standen. Sie wandten den Blick ab und konzentrierten sich auf die Stufen.
    »Die sehen ein bisschen schmal aus. Vor zweihundert Jahren waren Männerfüße vermutlich kleiner als heute«, sagte Alice, die Evangeline über die Schulter schaute.
    »Ich geh zuerst«, sagte Evangeline.
    Elsie folgte ihr vorsichtig die ersten Stufen hinunter. »Es ist eiskalt hier.«
    »Jetzt können wir nicht mehr umkehren«, meinte Evangeline unter ihr. »Denk dran: Achte auf Stellen, an denen der Boden steil abfällt, und wenn du Wasser siehst, tritt nicht mit dem Fuß hinein. Es könnte tief sein. Bleib einfach dicht hinter mir.«
    Alice und Frances sahen, wie der dünne Lichtstrahl von Evangelines Taschenlampe in dem dunklen Gang verschwand. Sie hatten abgemacht, dass Elsie und Evangeline so weit hineingehen sollten, bis die erste Taschenlampe erlosch, und dann mit der zweiten Taschenlampe den Rückweg antraten. Falls sich der Pfad gabelte, würden sie ihre Schritte bis zum Eingang zurückverfolgen und sich dann überlegen, wie sie ihren Weg markieren konnten, hatte Evangeline gesagt. Wenn sie sich verliefen, würden sie vielleicht nie wieder hinausfinden …
    Evangeline und Elsie gingen so schnell sie konnten durch den engen, gewundenen Gang. »Was meinst du, wie haben sie ihre Schmuggelwaren die Treppen hochgekriegt?«, fragte Elsie und kreischte, als etwas über ihre Köpfe flog.
    »Nur eine Fledermaus«, sagte Evangeline und schwenkte ihre Taschenlampe hin und her. »Licht mögen sie nicht.«
    »Von Fledermäusen hast du vorher gar nichts gesagt«, klagte Elsie. Ständig blickte sie über ihre Schulter zurück und überlegte, wie schrecklich es war, all diese Schwärze im Rücken zu haben. Die Wände standen enger zusammen und etwas streifte ihre Haare, bevor es nach oben in der Finsternis verschwand. »Au! Das ist ja wie im Albtraum!«
    »Nein, ist es nicht«, sagte Evangeline. »Na, komm, vor Ratten hast du doch auch keine Angst. Denk an all die Mädchen, die kreischend davonlaufen würden, wenn sie nur an eine Ratte denken. Du bist immerhin Erste Rattenfängerin! Fledermäuse sind auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Sie sagen uns, dass es einen Weg ins Freie gibt, weil sie nachts nach draußen fliegen und Futter suchen.«
    »Sie beißen Leute!«
    »Nein, machen sie nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil ich als Kind oft auf der Plantage meiner Großmutter war. Dort gab es alles – Fledermäuse, Alligatoren, Wassermokassinschlangen. Ich hatte nur meine älteren Brüder zum Spielen und wollte, dass sie mich zum Jagen und Fischen mitnehmen. Wenn ich mich über etwas so Harmloses wie eine Fledermaus aufgeregt hätte, wären sie ohne mich losgezogen.«
    »Was ist das große dunkle Ding da? Da drüben!«
    Evangeline ließ den Strahl ihrer Taschenlampe über einen schwarzen Spalt in der Wand gleiten. Mit einem Rauschen flog ein Schwarm Fledermäuse daraus hervor und Evangeline und Elsie sahen in die Öffnung. »Sieht wie eine weitere Höhle aus. Da ist was an der Wand.« Der Lichtstrahl erfasste etwas Rundes, Bleiches. Beide Frauen schrien auf.
    Totenschädel grinsten sie an, andere Knochen lagen auf dem Boden verteilt. An ihnen haftete etwas, das wie Stofffetzen aussah. Rostige Ketten hingen an Ringen in der Wand.
    Evangeline bekreuzigte sich unwillkürlich. Dann sagte sie mit zitternder Stimme: »Alice hat mir erzählt, dass die Schmuggler Steuereinnehmer gefangen genommen haben, wenn sie sie nicht bestechen konnten. Sie müssen sie hier angekettet haben. Hier unten konnte sie niemand hören und keiner wusste, wo sie waren.« Sie schauderte.
    »Nach allem, was ich über Ratten weiß, müssen sie sie aufgefressen haben, die … ach, verdammt! Lass uns umkehren, Evangeline! Bitte!«
    »Du kannst ja umkehren.«
    »Aber nicht allein, verdammt noch mal! Wahrscheinlich lauern die Geister von diesen Steuereinnehmern da und wollen sich rächen.«
    »Die Deutschen sind schlimmer als Gespenster und sie sind echt. Und jetzt sei still! Andere Leute sind auch hier durchgekommen und wir haben versprochen, Tanni zu helfen, weil niemandaußer uns ihr helfen wird. Was würdest du tun, wenn es deine

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