Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
Vom Netzwerk:
du doch, mein Mädchen. Die Kartoffeln da würd sie schälen, bis dass nur noch kleine Stücke übrig sind. Außerdem ist sie die Einzige von uns, die das da verstehen kann, wo’s dir doch zu schlecht ging, als dass du in die Schule konntest. Und die Zwillinge können genauso wenig lesen wie Jem.« Mum tippte mit dem Finger auf das Blatt, das die Dame ihr gegeben hatte. »Nu sag uns, was hier steht, Mädchen.«
    Elsie setzte sich, strich das Blatt auf dem wackligen Tisch mit der Wachstuchdecke glatt und las langsam vor:
    »Staatliches Eva…Evakuierungsprogramm
    Um die Sicherheit der Londoner Kinder zu gewährleisten, ordnet die Regierung ihre Evakuierung in Gebiete außerhalb Londons an, von denen man nicht annimmt, dass sie durch deutsche Bomben bedroht sind. Schulkinder bis zum Alter von fünfzehn Jahren sollten in ihren Schulen registriert werden, die ihre Evakuierung an Orte auf dem Land koordinieren werden. Wenn Ihre Kinder nicht registriert sind und Sie sie evakuieren lassen möchten, werden dieLehrer und der Hausmeister der Schule Ihnen helfen. Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Kinder evakuiert werden, dürfen Sie sie bis auf Weiteres nicht zur Schule schicken.«
    Mrs. Pigeon schwieg, also las Elsie die Ankündigung noch ein paarmal vor. Dabei machte sie die Radiostimme der Dame mit dem Hut nach. Ach, wie vornehm! »Evakuierung«. Das Wort klang gewichtig und hochoffiziell.
    »Eh, Mum, was sagt die Dame mit dem Hut, was das ist?«, fragte Willie, der kein Wort verstanden hatte.
    Mrs. Pigeon war eine große, stämmige Frau, doch plötzlich ließ sie die Schultern sinken und wirkte kleiner. Unter dem Tuch, das sie sich am Waschtag um den Kopf knotete, sahen vereinzelte dünne Haarsträhnen hervor. Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme, als käme sie aus großer Entfernung. »Es heißt – also, weggehen, das heißt es. Sie sagen, dass es Krieg gibt und diese Hunnen kommen und uns bombardieren, wie sie’s im Weltkrieg gemacht haben. Schlimm war das.« Sie schaukelte Jem hin und her. »Schrecklich. Die Feuer hier in der Gegend, gebrannt haben sie, Tag und Nacht. Ich weiß noch, die Häuser und Geschäfte, zusammengefallen sind sie, noch mit Leuten drin, ganze Familien eingeschlossen drin. Und gestunken hat’s, verbrannte Menschen … und die Schreie … Schrecklich war das. Sie konnten sie nicht rauskriegen, wisst ihr. Sie ist schon mal hier gewesen, schon zweimal, und hat gefragt, wie viele von euch unter fünfzehn sind. Also, ich kann’s kaum ertragen, zu denken, dass das alles wieder passiert, sag ich zu ihr. Das kann doch nicht sein, sag ich zu ihr. Das wird’s aber, meint sie, so wie wenn sie sich da ganz sicher wär. Ich glaub, da können Sie sich drauf verlassen, Mrs. Pigeon.
    Und sie sagt, ich würd’ dann mit Jem und Violet gehen, wo sie ja noch so klein sind, aber es könnt’ sein, dass sie uns anderswo hinstecken müssen als euch. Aber das würd’ auch heißen, dass wir euren Dad und die Jungs hierlassen müssen. Und, Elsie, ich sag, du bist fünfzehn, weil du’s ja bist, beinahe, aber das ist zu alt zum EvakuSoundso. Ich weiß nicht, was ich am besten tät.«
    Elsie entdeckte etwas auf der Rückseite der Ankündigung. »Mum, hier ist sogar ’ne Liste. Hier steht:
Kinder müssen für alle Fälle ihre Gasmasken mitbringen
. Puh, schrecklich. Ich hasse das, wenn ich das Ding tragen muss. Und sie brauchen zwei Satz Unterwäsche, ein Nachthemd oder einen Schlafanzug. Und ein Stück Seife, Zahnbürste, Zahnpasta, ein Handtuch, einen Kamm und eine Bürste, Taschentücher, einen warmen Mantel und Pullover, Socken oder Strümpfe zum Wechseln, ein zusätzliches Paar Schuhe.«
    »Jeder Einzelne«, sagte ihre Mutter mit leerem Blick. Elsie rechnete rasch im Kopf zusammen, wie viele Seifenstücke, Kämme und Bürsten sie bräuchten und wie viele Pullover sie haben müssten und legte dann diese unmögliche Liste mit einem Gefühl der Erleichterung wieder auf den Tisch. »Dann ist es klar, Mum. Keiner von uns kann weggehen. Wir haben keine zusätzlichen Schuhe und die anderen Sachen auch nicht.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Mum sah in die ängstlichen Gesichter rings um sie herum. Sie hatte das Gefühl, keines davon auch nur für eine Minute hergeben zu können.
    »Wie heiß ist so’n Feuer eigentlich?«, fragte Willie. »Wir könnten ’n Eimer Wasser an die Tür stellen.«
    »Ich hab keine Angst vor Feuer«, meinte Dick beherzt. »Und vor Hunnen auch nicht.«
    »Feuer«,

Weitere Kostenlose Bücher