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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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würde –, waren sie immer wiedergekommen, um ihn zu holen. Dann fuhren sie mit ihm irgendwohin, ganz schön weit weg, in eine andere ländliche Gegend. Allerdings musste er zugeben, dass es ein bisschen wie in alten Zeiten war, wenn sie ihn mitnahmen, und das war schön. Die alten Knacker waren seltsam, sie schienen nichts richtig ernst zu meinen und viel Lob hatten sie auch nicht übrig, aber er war nicht dumm. Wenn sie auf einen sechzehnjährigen Jungen angewiesen waren, der für sie gefälschte Banknoten und Pässe und die anderen Sachen machte, und wenn sie ihn für seine Arbeit und Constable Barrows für seine Unterbringung bezahlten, dann war das ihre Art ihm zu sagen, dass er was konnte, dass seine Arbeit was taugte, das war seine Ansicht. Sie hatten eine komische Art zu reden, so vornehm,sagten das eine und meinten etwas anderes, aber sie waren kein schlechter Haufen. Er klaute ihnen nur noch ab und zu ihre Zigaretten, Feuerzeuge und hier und da ein bisschen Geld.
    Aber wo zum Teufel sollte er es ausgeben? Wenn er nicht gebraucht wurde, kaufte er sich eine Tafel Schokolade, schlenderte ziellos durch das Dorf und hatte keine Ahnung, was er mit sich anfangen sollte.
    Als er das magere Mädchen aus der North Street sah, wie sie an dem großen Haus am Dorfanger die Türbeschläge aus Messing polierte, da traute er seinen Augen kaum. Was um alles in der Welt machte das Pigeon-Mädchen hier? Er trat hinter einen riesigen Lorbeerbusch am Tor und beobachtete sie. Sie rieb sich die Augen und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab, als hätte sie geweint. Sie musste zu den Dienstboten in dem großen Haus gehören. Er konnte sein Glück kaum fassen. Ein vertrautes Gesicht – und dann auch noch dieses Gesicht! Und der alte Drachen von Mutter war auch nicht da und verbot ihm, mit ihr zu reden!
    Nachdem er sie gesehen hatte, lungerte Bernie so oft er es wagte vor den Toren des Hauses herum und wartete darauf, dass sie herauskam. Sie mussten sie ordentlich schinden, denn sie tauchte so gut wie nie auf. Stattdessen sah er eine groß gewachsene alte Dame mit weißen Haaren und einem Gehstock, die ständig ihre Nase in die Luft reckte, als würde sie etwas Unangenehmes riechen. Und dann war da noch ein hübsches Mädchen, das in dem Haus ein und aus ging. Sie hatte dieses rötlich-braune Haar, das Onkel so mochte, und war wie die Stars im Kino gekleidet, mit Pelzen, kleinen Hüten und hohen Absätzen. Der Herr, der auf Gracecourt Hall lebte, fuhr fast jeden Tag vor und holte sie ab, mit einem Sportwagen voller Freunde, und dann brausten sie lachend die Auffahrt hinunter. Genau die Sorte Mädchen, für die Onkel in St. John’s Wood oder gar in Kensington gut sorgen würde.
    Der Gedanke an Onkel machte ihn traurig. Constable Barrows hatte ihm erzählt, dass Onkel krank war, zu krank, als dass ihn jemand im Gefängnis besuchen könnte, schon gar nicht ein Junge. Dabei hatte er noch nicht einmal unfreundlich geklungen. AlsBernie den Constable allerdings fragte, wem das große Haus am Dorfanger gehörte, war es um seinen leutseligen Gesichtsausdruck geschehen. Er packte ihn am Kragen und zischte: »Ich warne dich, du kleines Wiesel. Wehe, du denkst auch nur im Traum daran, in Glebe House irgendein krummes Ding zu drehen. Lass die Finger davon. Lady Marchmont würde Kleinholz aus dir machen. Ich leg dir besser Handschellen an.«
    Also musste er abwarten. Schließlich sah er sie wieder. Er konnte nur ein Stück von ihrem Kopf erkennen, weil sie in dem hochgewachsenen Unkraut auf dem Friedhof hinter dem alten Steinsarg kauerte. Da war ein Bursche mit einer Rüstung drauf, er hatte die Beine gekreuzt und sein Schwert und sein Schild lagen auf seinem Bauch. Als er hörte, dass sie weinte, blieb Bernie abrupt stehen. Sie hatte ein schwarzes Kleid an, das viel zu groß für sie war, eine riesige weiße Schürze und ein kleines weißes Häubchen mit Rüschen am Rand, das ihr schief auf dem Hinterkopf saß. Mit den Animiermädchen zu reden war einfach gewesen, schließlich hatten sie immer angefangen und ihn geneckt, sich eng an ihn gelehnt und ihm das Bein getätschelt. Aber was sagte man zu einem normalen Mädchen? Wie sollte man da anfangen? Er trat gegen einen Stein, der im Weg herumlag. »Au«, sagte er laut, in der Hoffnung, sie würde aufblicken. Sie tat es nicht.
    Ihm fiel nichts anderes ein, also trat er gegen einen weiteren Stein, der am Sarg abprallte. Diesmal musste sie ihn gehört haben, denn sie hickste und wandte

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