Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
und ihm mitgeteilt, dass sie in dieser Woche nach London kommen und ihn sehen wollte. Er würde sie auch gern sehen, sagte er – »Ich lade dich zum Mittagessen ein, Liebes«. Dann hatte er auf Wiedersehen gesagt und aufgelegt. Wenigstens was seine lästige Tochter anging, war alles in Ordnung, hatte er gedacht.
Je näher diese Unterhaltung allerdings rückte, desto unsicherer wurde er. In seinem Büro im Kriegsministerium starrte er Frances an, die ihm gegenüber auf einem unbequemen Behördenstuhl saß, die Beine züchtig an den Knöcheln gekreuzt. Im Vergleich zu den uniformierten
WRENS
, den weiblichen Angehörigen des Marinedienstes, die sich im Schreibsaal über ihre Schreibmaschinen beugten, sah sie frivol und vollkommen unpassend gekleidet aus. Sie trug einen ihrer teuren Hüte mit einem Hauch von Schleier, ein schickes Kostüm, einen Pelz und weiche Handschuhe. Als sieseinen Gesichtsausdruck sah, meinte sie: »Nun, Vater, ich konnte schließlich nicht in der Stiefelhose nach London kommen, die ich als landwirtschaftliche Helferin trage. Sie ist vollkommen verdreckt. Und außerdem will ich einen guten Eindruck auf dich machen, weil ich dich etwas Wichtiges fragen will.«
Der Admiral lächelte nachsichtig und hob die Augenbrauen.
»Vater, ich habe einen offiziellen Brief bekommen, von einem Mann namens Gubbins. Anscheinend kennt er dich und hat von mir gehört. Ich weiß zwar nicht, woher, aber das ist ja auch egal. Er fragt, ob ich Interesse daran hätte, für eine neue Organisation zu arbeiten – die Sache hat mit Sabotage zu tun, entweder hier in England, wenn die Invasion tatsächlich stattfindet, oder hinter den feindlichen Linien …« Frances verstummte.
Im Büro herrschte Stille, die berüchtigte Ruhe vor dem Sturm.
Vater sieht wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch aus
, dachte Frances. Sie strich die Handschuhe auf ihrem Schoß glatt. Sie hatte sich schon gedacht, dass es ein Fehler sein würde, ihn zu fragen, doch bei ihrem Bewerbungsgespräch in der Baker Street hatten sie gesagt, dass sie sich ihnen nur mit seiner Erlaubnis anschließen könne, angesichts seiner Stellung und der Tatsache, dass sie noch nicht volljährig war.
Admiral Falconleigh starrte seine Tochter entgeistert an. Wer zum Teufel hatte ihren Namen ins Spiel gebracht? Und warum wollte Gubbins ausgerechnet Frances anwerben? In ganz England konnte es kaum eine unwahrscheinlichere Kandidatin für Winstons verrückte Organisation geben.
Vielleicht hatte sie sich freiwillig gemeldet – oder vielleicht auch nicht: Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie von den
SOE
oder den
Auxiliary Units
gehört haben sollte. Beide waren streng geheim. Es war nicht klar, für welche der beiden Organisationen man sie gewinnen wollte, doch weder die eine noch die andere setzte schließlich Anzeigen in die
Times
, um Leute anzuwerben. Er wusste, dass die Namen der Kandidaten von persönlichen Kontakten vorgeschlagen wurden. Wer von seinen Bekannten hatte Frances vorgeschlagen? Egal, wer es getan hatte: Er war sich sicher,dass man es getan hatte, um ihn unter Druck zu setzen, damit er seinen Widerstand gegen Churchills Plan aufgab.
»Nein, Frances! Ich verbiete es. Wenn nötig, werde ich persönlich mit ihnen sprechen. Meine Tochter wird nicht …«
»Oh ja, bitte rede mit ihnen, Vater! Wenn ich es nicht kann, dann können sie dich vielleicht davon überzeugen, wie unglaublich nützlich Geheimagenten bei der Unterstützung der Freien Franzosen und der Résistance sind.«
»Mein liebes Kind, du hast nicht die geringste Ahnung von den Freien Franzosen oder von irgendeiner Résistance oder von Gubbins Organisation. Du kannst mir glauben, dass sie allesamt vollkommen nutzlos sind. De Gaulle hockt in einem Wirtshaus in Soho und verfasst Proklamationen – ohne jeden militärischen Nutzen.« Der Admiral verstummte. Frances verstand sicher überhaupt nicht, was er da sagte.
Er hatte unrecht. Frances wollte gerade erwidern »Ich weiß genau Bescheid über die Freien Franzosen und dieses Wirtshaus, weil Evangeline Fairfax mir davon erzählt hat«, doch ausnahmsweise hielt sie den Mund. Bis sie einundzwanzig war, musste ihr Vater zustimmen, sonst konnten sie sie nicht in ihre Organisation aufnehmen. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, sich mit ihm zu streiten.
»Die
Special Operations Executive
ist nicht einfach nur eine amüsante Alternative zu der Arbeit auf dem Land, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Es ist eine blödsinnige
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