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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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übervollen Schreibtisch im Kriegsministerium zurück. Er rieb sich die Augen. Jenseits der schmutzigen Fenster lag London in Trümmern. Es kam oft vor, dass Geheimdienstberichte einander widersprachen, doch der Stapel auf seinem Schreibtisch enthielt überhaupt keine guten Nachrichten, nur verschiedene Szenarien für die erwartete Invasion. Die Jungs von der RAF unternahmen gegen die Luftwaffe, was sie konnten, doch in den neuesten Berichten hieß es, dass die Deutschen ein unbemanntes Flugzeug entwickelten.
    Wenn das stimmte, bedeutete das das Ende. Der Admiral und die meisten seiner Kollegen waren der Überzeugung, dass eine Invasion der deutschen Seestreitkräfte an der Küste nur noch eine Frage von Tagen war. Sie wünschten, der Premierminister würde sich darauf konzentrieren, die reguläre Armee neu aufzustellen und so auszustatten, dass sie die Invasion zurückdrängen konnte, bevor es zu spät war. Doch Churchill hatte sich in die Idee von Guerillas und Widerstandsbewegungen verbissen, erst in Europa und nun auch in England.
    Er hatte bereits Mittel so umgelenkt, dass Colin Gubbins die
Special Operations Executive
oder
SOE
aufbauen konnte, die britische Agenten mit Fallschirmen hinter die feindlichen Linien befördernsollten, um den Widerstand in den besetzten Gebieten zu unterstützen. Es war zwecklos. Die französische Résistance versank im Chaos. Die Kommunisten beharkten sich mit dem Maquis, wie die Partisanen sich nannten. Die wiederum stritten sich mit örtlichen Organisationen herum, die sich ihrerseits untereinander nicht einig waren. In Polen und Holland war es nicht anders. Nun hatte Churchill angeordnet, dass Gubbins dieses ganze Durcheinander noch etwas chaotischer machte, indem er eine englische Widerstandsbewegung auf die Beine stellte. Das Rückgrat sollte aus sogenannten
Auxiliary Units
bestehen, Hilfseinheiten, die nach der Invasion untertauchen und die Deutschen mit Sabotage bekämpfen würden.
    Bei der gestrigen Sitzung im Kriegsministerium waren der Admiral und der Premierminister wegen dieser Einheiten heftig aneinandergeraten – »Auxis« nannte Churchill sie. Sie würden dieselben Fertigkeiten wie die SOE erlernen: Radiotelegrafie, Minenlegen, Umgang mit Sprengstoff und Einzelkampf. Der Admiral wusste, dass das nie funktionieren würde. Zunächst einmal würden sie alle diejenigen heranziehen müssen, die noch nicht zu den Waffen gerufen worden waren – Duckmäuser, die sich vor dem Einsatz in der Armee drückten, Schuljungen, Verbrecher und derartige Individuen. Es gab natürlich noch die Bergarbeiter und die Bauern und so weiter, Männer, die in geschützten Berufen arbeiteten, doch man durfte nicht zu viele Leute von solchen Tätigkeiten abziehen. Sie waren für die Bevölkerung unersetzlich, sie brauchten sie, damit die Leute etwas zu essen hatten und das Land weiterhin funktionierte. Sobald sie ausgebildet waren, musste man die
Auxis
bewaffnen und dann bekamen sie ihren Auftrag, der letztendlich ein Himmelfahrtskommando war. Der Admiral zählte all die Argumente auf, die dagegen sprachen und beschloss, dass sie noch einmal versuchen mussten, Churchill umzustimmen.
    Und als wäre all das nicht genug, musste er sich jetzt auch noch mit Frances herumschlagen.
    Der Admiral liebte seine Tochter, doch er war eben ein typischer Mann und tat noch nicht einmal so, als würde er Frauen verstehen.Schon gar nicht Frances. Mädchen waren die Sache ihrer Mütter. Leider war seine hübsche halb-französische Frau, die er auch nie verstanden hatte, nach drei Jahren Ehe gestorben und so lastete die Verantwortung für ihr einziges Kind auf seinen Schultern.
    Er wusste nichts über Kinder. Bis zum Tod ihrer Mutter hatte Frances im Kinderzimmer in der obersten Etage gelebt und er hatte sie kaum zu Gesicht bekommen. Nur gelegentlich wurde er an ihre Gegenwart erinnert, wenn er sie in ihrem Kinderwagen sah, den das Kindermädchen Richtung Park schob. Als seine Frau gestorben war, fühlte er sich jedoch verpflichtet, sich mehr für sie zu interessieren. Als er dem Kinderzimmer zum ersten Mal einen Besuch abstattete, war er sprachlos, als diese engelsgleiche Zweijährige in ihrem Rüschenkleid und ihren winzigen Schuhen mit den Perlenknöpfen einen erschreckenden Wutausbruch inszenierte, weil er ihr keine Süßigkeiten mitgebracht hatte. Er fand bald heraus, dass dieses zierliche Geschöpf dickschädelig und furchtlos war. Im Haus kletterte Frances über Kamingitter, erklomm Bücheregale, fiel in

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