Fünf Freunde und das Burgverlies
»Das Taschenmesser, bitte! Ich habe das Frühstück hinaufgetragen und ganz zufällig heißen Kaffee auf Juniors Arm gegossen. Tim hat ihn außerdem aus dem Bett auf den Boden gezerrt. Der arme Junior will ab heute überhaupt nicht mehr im Bett frühstücken, er wird herunterkommen in die Küche.«
»Eins zu null für dich, Georg!« sagte Dick und ließ sein Taschenmesser über den Tisch gleiten. »Ich werde so schnell nicht mehr mit dir wetten.«
VII. Jetzt sind wir Freunde
Und nun erzählte Georg ausführlich und wortreich die Geschichte vom Frühstückstablett. »Ihr hättet das sehen sollen! Er heulte wie eine Sirene, als ihm der heiße Kaffee auf den Arm spritzte, und als ihn Tim aus dem Bett zerrte, war er im Gesicht weiß wie ein Käse.«
Anne lachte laut und herzlich, und die Jungen grinsten von einem Ohr zum anderen.
»Kein Wunder, dass er jetzt jeden Morgen zum Frühstück herunterkommen will«, meinte Julian. »Er würde wahrscheinlich alles tun, damit nur du nicht mehr mit dem Frühstückstablett bei ihm erscheinst.«
Plötzlich bemerkten die vier, dass die Zwillinge an der Tür standen und mit großen Augen Georgs Bericht lauschten.
»Was war denn los?« Zum erstenmal sprach nur ein Zwilling. »Warum hast du das Frühstück zu Junior hinaufgetragen?«
»Weil es uns ganz und gar nicht gefällt, wie Junior - und auch sein Vater - eure Mutter behandeln«, sagte Georg. »Ein Junge, der im Bett frühstückt!«
»Georg hat gestern sofort beschlossen, dass sie ihm das Frühstück hinaufträgt, und das hat sie heute getan und ihm dabei gleich Anstandsunterricht erteilt - auf ihre Weise«, berichtete Dick den Zwillingen. »Dumm ist, dass ich mit Georg wegen dieses Frühstücks gewettet habe -und jetzt hat sie mein bestes Taschenmesser gewonnen. Seht!«
Georg zeigte stolz ihr Taschenmesser vor und -o Wunder! - die Zwillinge begannen plötzlich beide laut zu lachen.
»Na, so ein Glück!« sagte Dick. »Ihr könnt also doch lachen! Bis jetzt haben wir euch nur mit bitterbösen Gesichtern gesehen. Da ihr gerade so leutselig seid, wollen wir euch noch etwas sagen: Ihr habt eine ganz großartige Mutter, und wir wollen ihr nicht noch mehr Arbeit machen, sondern ihr helfen, soweit wir können. Habt ihr das verstanden?«
Die Zwillinge strahlten, und zur großen Freude der anderen sprachen sie jetzt einzeln.
»Wir hassen Junior! Er denkt, unsere Mutter ist das Dienstmädchen für ihn, das kommt, wenn er läutet oder brüllt.«
»Sein Vater ist nicht besser. Er will dies und wünscht das und schickt unsere Mutter durch das ganze Haus, wenn er etwas braucht. Sie hätten in ein Hotel ziehen sollen.«
»Und sie sind nur hier, damit sie ungestört in unseren alten Sachen herumschnüffeln können. Sie wissen genau, dass wir Geld brauchen und deshalb manches verkaufen müssen.«
»Es ist richtig schön, euch sprechen zu hören«, sagte Julian und klopfte den Zwillingen auf die Schultern. »Und wenn ihr uns jetzt noch verratet, wer wer ist, dann wäre alles noch schöner. Ich weiß, einer ist ein Junge und einer ein Mädchen, aber ihr seht ganz gleich aus - ihr könntet zwei Jungen sein.« Die Zwillinge grinsten mit diebischer Freude. »Hm - aber verratet es Junior nicht«, sagte einer. »Ich habe eine Narbe an der Hand. Seht! Harriet hat keine. Ich bin Harry.« Eine lange schmale Narbe zog sich über seinen Handrücken. »Ich bin mit der Hand einmal an einem Stacheldraht hängengeblieben. Jetzt wisst ihr also, wie ihr uns auseinanderkennen könnt. Und nun erzählt uns die Geschichte von dem Frühstückstablett von Anfang an. Georg, du siehst übrigens als Junge mindestens so echt aus wie Harriet.«
Die steife Unnahbarkeit der Zwillinge war wie weggeblasen, und damit fing die Freundschaft zwischen den fünf Freunden und den Zwillingen vom Funstein-Hof an.
»Mutter! Junior will nicht mehr im Bett frühstücken!« berichtete Harry, als Frau Priller kurz darauf in die Küche kam, um den Tisch abzuräumen. Und die ganze Geschichte musste noch einmal erzählt werden. Georg hatte ein klein wenig Angst, dass Frau Priller ärgerlich würde. Aber nein: sie lachte laut und herzlich.
»Diese Lektion war wirklich nötig«, sagte sie. »Hoffentlich beschwert sich Junior nicht bei seinem Vater, und die beiden reisen Hals über Kopf ab. Wir brauchen das Geld, ihr wisst ja. Aber jetzt muss ich den Tisch abräumen.«
»Nein, das müssen Sie nicht«, widersprach Anne. »Das ist unsere Arbeit. Hab' ich recht, ihr
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