Fünf Freunde und das Burgverlies
Georg. »Meckere nicht. Ich glaube, ich esse noch ein Ei. Dick, bitte, reiche mir noch eines herüber. Ich weiß gar nicht, warum ich solchen großen Hunger habe.«
»Lass dir noch ein klein wenig Hunger für den Schinken übrig«, riet ihr Dick, der sich selbst zwei dicke Scheiben davon abgeschnitten hatte. »Er ist unbeschreiblich gut. Ich könnte den ganzen Tag davon essen.«
Der Appetit der vier ließ wirklich nichts zu wünschen übrig. Sie waren gerade fertig, als eine Glocke schrillte.
»Das ist Herrn Hennings Glocke«, erklärte ihnen Frau Priller, während sie das Wasser für den Kaffee aufs Feuer setzte. »Und das ist Junior«, seufzte sie, als gleich darauf eine zweite Glocke läutete - schier unaufhörlich läutete. »Er hält mich für taub.«
»Dieser ungezogene Fratz!« sagte Dick und freute sich, dass Frau Priller ihm nicht widersprach.
Anne wartete, bis das Tablett für Herrn Henning fertig war, und nahm es dann an sich. »Das trage ich hinauf.«
Frau Priller ließ sie gewähren und lächelte sie dankbar an. »Das Zimmer links von der Treppe im ersten Stock«, sagte sie. »Und er wünscht, dass man die Vorhänge zurückzieht, wenn man das Frühstück bringt.«
»Wünscht Junior das auch?« erkundigte sich Georg. Es klang so liebenswürdig, dass es nichts Gutes verheißen konnte.
»Ja, ich tue es meist«, nickte Frau Priller. »Aber lass es, wenn du nicht magst.«
Georg zwinkerte Dick zu. »Halte das Taschenmesser für mich bereit«, sagte sie, verschwand grinsend durch die Tür und stapfte mit Juniors Frühstückstablett hinter Anne her vorsichtig die Treppe hinauf. Tim war dicht hinter ihr. Oben drückte Georg die Klinke mit dem Ellbogen nieder und stieß die Tür weit auf. Sie setzte das Tablett mit lautem Knall auf dem Tisch ab, ging pfeifend ans Fenster und zog die Vorhänge geräuschvoll zurück. Als sie dann noch einen Stuhl umgestoßen hatte, fuhr Junior, der offensichtlich noch einmal eingeschlafen war, endlich im Bett hoch. »Was ist denn hier los? Können Sie mein Frühstück nicht ohne . . .«
Dann erkannte er, dass es Georg war und nicht Frau Priller. »Geh hinaus!« fauchte er. »Soviel Lärm! Ziehe die Vorhänge wieder zu, die Sonne ist zu grell. Warum bringt Frau Priller nicht mein Frühstück? Sie tut es doch sonst immer. Hier - stell das Tablett auf meine Knie!«
Georg zog die Bettdecke weg und schwang das Tablett herum, dass der heiße Kaffee in hohem Bogen aus der Kanne schoss. Junior schrie gellend auf, als ihn einige Tropfen auf den nackten Arm trafen. Dass er dann in seiner Wut nach Georg schlug, war ein großer Fehler. Denn Tim, der bis dahin beobachtend an der Tür gestanden hatte, sprang laut knurrend heran und zerrte Junior am Ärmel seines Schlafanzuges aus dem Bett. Da lag der Junge nun zitternd auf dem Boden, und Tim stand knurrend über ihm. Georg tat, als sähe sie das nicht. Sie ging durch das Zimmer, summte leise vor sich hin, ordnete hier etwas und dort etwas.
»Georg - nimm den Hund fort«, piepste Junior. »Er bringt mich um. Georg! Ich sage es meinem Vater! Es tut mir leid, dass ich dich geschlagenhabe. Nimm jetzt den Hund fort, bitte!« Und er fing an zu weinen.
»Du grässlicher, ungezogener Kerl!« sagte Georg voll Verachtung. »Ich habe große Lust, Tim den ganzen Morgen da stehen zu lassen. Aber ich will noch mal großzügig sein. Komm her, Tim! Lass diesen Wurm dort liegen.«
Weinend kroch Junior ins Bett und zog sich die Decke bis unters Kinn hinauf. »Ich will kein Frühstück«, weinte er. »Ich werde Pop alles erzählen. Er wird dich ganz schön verhauen.«
»Ja, erzähl ihm nur alles«, nickte Georg. »Er-zähl's ihm nur - und ich sage Tim ins Ohr, dass du gepetzt hast. Was er dann mit dir macht, das weiß ich wirklich nicht.«
»Du bist der abscheulichste Junge, den ich kenne«, sagte Junior und machte Georg mit dem >Jungen< eine große Freude.
»Ab heute bringt dir nicht mehr Frau Priller das Frühstück, sondern ich«, teilte sie ihm mit. »Und gewöhne es dir ab, fünf Minuten lang auf den Klingelknopf zu drücken. Verstanden?«
»Ich will ja mein Frühstück gar nicht im Bett«, sagte Junior kleinlaut. »Ich komme lieber hinunter.«
»Gut, ich werde es Frau Priller sagen«, antwortete Georg. »Und wenn du es dir wieder anders überlegst, dann sage es mir!« Damit ging sie hinaus und ließ die Tür krachend hinter sich ins Schloß fallen.
»Du hast deine Wette verloren, Dick!« rief sie den Jungen in der Küche stolz entgegen.
Weitere Kostenlose Bücher