Fünf Freunde und das Burgverlies
weg.« Doch Janie hatte schon das Weite gesucht.
Als Janies Mutter feststellte, dass die fünf Freunde 24 Makronen und fünf große Eis vertilgt hatten, da verflog ihr Ärger: sie musste laut lachen, und lachend verabschiedeten sich die Kinder von ihr.
Am Ende der Dorfstraße, wo rechts der Feldweg zum Funstein-Hof abzweigte, blieb Anne stehen. »Ich würde gern in dem kleinen Trödlerladen nach Zinntellern schauen«, sagte sie. »Geht schon weiter, ich komme nach.« Georg entschloß sich, ihre Base zu begleiten.
»Wir werden irgendwo bei der Arbeit helfen«, rief Dick zurück. »Bis später!«
Unter der Ladentür stießen Anne und Georg beinahe mit zwei Männern zusammen, die gerade herauskamen. Der eine war Herr Henning, den anderen Mann hatten sie noch nie gesehen. »Guten Morgen!« sagten alle und gingen aneinander vorbei. In dem kleinen dunklen Laden stand ein alter Mann brummelnd über den Ladentisch gebeugt. Er warf den Mädchen einen grimmigen Blick zu und zog dabei die Stirn in so dicke Falten, dass ihm die Brille von der Nase rutschte und in dem Gewirr von Sachen verschwand, die vor ihm ausgebreitet waren. Als die Brille schließlich wieder auf seiner Nase saß, musterte er die beiden Mädchen und Tim.
»Wenn ihr gekommen seid, um mir meine Zeit zu stehlen, dann geht, bitte«, sagte er. »Ich habe zu tun. Kinder sind immer ein Übel. Sie wollen alles sehen und alles betasten, und niemals kaufen sie etwas. Dieser amerikanische Junge - ja - er hat - aber ihr wisst ja gar nicht, wovon ich rede. Ich bin ein wenig aus der Fassung. Ich gerate immer aus der Fassung, wenn Leute unsere alten, schönen Dinge kaufen wollen und sie fortbringen in ein Land, wohin sie nicht gehören. Nun . . .«
»Ja, das verstehen wir, Herr Funstein«, sagte Anne mit leiser Stimme. »Sie sind doch Herr Funstein? Ich wollte mir nur diese schönen alten Zinnteller ansehen, bitte. Ich will Sie nicht lange stören. Wir wohnen auf dem Funstein-Hof . . .«
»Ach, auf dem Funstein-Hof, sagt ihr.« Nun hellte sich das Gesicht des alten Mannes plötzlich auf. »Dann kennt ihr ja meinen großen alten Freund, Urgroßvater Jonathan. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Ach, ich könnte euch manche Geschichte erzählen, auch aus alter, alter Zeit - von der Burg und dem Geschlecht, das darauf hauste. Ja, ja, ich bin ein Nachkomme aus diesem alten Geschlecht. Oh, Geschichten könnte ich euch erzählen!«
Und in diesem Augenblick begann das Abenteuer - das Funstein-Abenteuer, das die fünf Freunde nie wieder vergaßen.
IX. Geschichte und Geschichten
Umgeben von Dingen, die älter waren als er selbst, stand Herr Funstein in seinem finsteren Trödlerladen, ein kleiner, gebeugter Mann mit einem gütigen Gesicht voller Runzeln. Er war still und fast unscheinbar, aber die Tatsache, dass seine Ur-ur-urahnen auf Burg Funstein gelebt hatten, ließ ihn in den Augen von Georg und Anne zu einer aufregenden Gestalt werden.
»Erzählen Sie uns etwas von der Burg?« bat Anne. »Wir haben heute zum erstenmal gehört, dass es sie überhaupt gab, und wissen noch gar nicht, wo sie stand. Wir sahen keinen einzigen Stein, als wir heute morgen mit Bill auf die Weiden hinausfuhren.«
»Nein, nein, natürlich nicht«, sagte Herr Funstein. »Sie ist bis auf die Grundmauern abgebrannt - und im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Leute die Steine weggeholt. Ach ja - es ist alles lang, lang her.«
»Wie lange?« fragte Georg.
»Ja - der Brand war im 12. Jahrhundert, 1192«, erzählte Herr Funstein. »Zur Zeit der Normannen also. Habt ihr schon einmal von den Normannen gehört? Heute lernen die Kinder ja solche Sachen nicht mehr in der Schule, aber viell . . .«
»Natürlich haben wir von den Normannen gehört!« Georg war entrüstet. »Jedes Kind lernt das. Sie eroberten England, und der erste Normannenkönig war Wilhelm I. im Jahre 1066.«
»Hmm - das stimmt. Etwas habt ihr also doch gelernt«, gab Herr Funstein zu. »Ja, es war eine Normannenburg. Ich muss irgendwo noch den Nachdruck einer alten Zeichnung haben. Ich werde ihn euch ein andermal zeigen. Es war eine kleine Burg, natürlich - aber schön, schön. Na ja, solche Sachen werden euch nicht interessieren.«
»Sonderbar, dass kein einziger Stein mehr da ist«, sagte Anne.
»Oh, das ist ein Irrtum«, widersprach Herr Funstein. »Es gibt noch Steine, aber nur der alte Urgroßvater und ich wissen, wo sie sind. Und ich möchte auch jetzt nicht darüber reden, es könnte den Amerikanern zu Ohren
Weitere Kostenlose Bücher