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Fuenf Maenner Fuer Mich

Fuenf Maenner Fuer Mich

Titel: Fuenf Maenner Fuer Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meisl
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anderes System als die Monogamie?
    Bis zu meiner Trennung glaubte ich genauso wie viele andere Frauen: „Wenn ich in einen Mann verliebt bin, habe ich keine Lust auf einen anderen.“ Inzwischen aber frage ich mich: Fühlen wir das wirklich? Diese Fragen will ich erforschen, an mir selbst und an den Männern, die meinen Weg kreuzen.
    Ich fange mit dem ersten echten Kandidaten meines 5L-Projektes, meinem Lover Nummer 1, an, Winston. Er hat eine feste Freundin, sie leben zusammen und haben sich Treue versprochen. Nun kommt dieser Sangesheld nach Deutschland und küsst mich, 15 Sekunden nachdem ich aus dem Auto gestiegen bin, und reißt mir acht Stunden später wüst die Kleider vom Leib.
    Zwei Tage später zieht er sich zurück, erklärt mir, dass Opernsänger wegen ihres Zwerchfells eine Woche vor ihrem Auftritt keinen Sex haben dürfen. Der Sex lockert den Muskel, mit dem die Stimme gehoben und gesenkt wird, in unzulässiger Weise. Und mit einem gelockerten Zwerchfell kann er keine gescheite Arie singen. Der Sangeskünstler muss sich daher vorher entscheiden, was er stoßen möchte: einen schönen Ton oder eine schöne Frau, beides geht nicht. Die Anzahl der konzertrelevanten Abstinenztage wird bei späteren Gesprächen über dieses Thema übrigens variieren und sich verringern, je länger wir uns kennen.
     
    Das war also mein erster Sex nach der Stunde null. Zwei Monate Nonnendasein liegen hinter mir. So schnell soll wieder Schluss mit Sinnesfreude sein? Ich stelle Winston zur Rede. „Ich versuche, meiner Freundin treu zu sein!“, erklärt er mit gewinnendem Bariton-Lachen und küsst mich von oben auf die Stirn. Ich analysiere die grammatikalischen Finessen dieser Satzkonstruktion: Er versucht, seiner Freundin treu zu sein? Bildet die Verbindung der beiden Verben „treu sein“ und „versuchen“ nicht einen Widerspruch? Löblich ist sein Versuch schon.
    Eigentlich sollte ich ihm eine Medaille für außerordentliche Verdienste bei seinem ersten Auslandseinsatz verleihen: Der amerikanische Lover widersteht bei einem heldenhaften Treueversuch (fast) erfolgreich einer sexhungrigen blonden Europäerin.
    Angesichts der komplizierten Sachlage beschließen Winston und ich, uns die Einsamkeit platonisch zu versüßen. Er spricht weder Deutsch noch sonst eine Fremdsprache. Dank meiner Englischkenntnisse erscheine ich ihm wie ein Geschenk des Himmels. Ein Engel, der sich um alle Verwaltungsfragen an der Oper kümmert, Formulare ausfüllt und ihn berät. Meine Freundinnen raufen sich die Haare und schreien: „Aber das hatten wir doch schon alles! Dein Leben lang hast du dich um die Männer an deiner Seite gekümmert! Hör auf damit!“ Erst verstehe ich ihre Aufregung nicht und finde den Lohn für meine Bemühungen üppig. Mein amerikanischer Lover lädt mich zum Essen ein, er streichelt und küsst mich, er ist so zärtlich wie kein Mann zuvor. Wie ein frischverliebter Backfisch lasse ich täglich alles stehen und liegen und renne zur Oper. Dort fragen seine Kollegen, ob ich seine Gattin sei. Er sagt nichts und lächelt.
    Meine Freundin Sonja schreit besonders laut. Da fällt mir ein, dass sie ja genau dasselbe für ihren Mann getan hat: Sie hat ihm jede Verantwortung abgenommen. Sie ging arbeiten und argumentierte: „Das ist ja Quatsch, wenn er arbeiten geht und viel weniger verdient.“ Sie kümmerte sich auch um die Finanzierung und die Instandhaltung ihres Traumhäuschens in der Türkei. „Wie soll er das hinbekommen, er hat doch gar keine Ahnung von solchen Dingen!“
    Langsam beginne ich zu ahnen, dass ich die Mutter-Teresa-Rolle tatsächlich perfekt beherrsche. Aber ich funktioniere trotzdem weiter so, als hätte ich den Autopiloten auf „Helferin“ gestellt. Ich bin elegant und eloquent, bewege mich im Theater, als gehöre es mir, der Portier wagt nicht mal, nach meinem Dienstausweis zu fragen, und ich gelange in Proben, die selbst für das Theaterpersonal gesperrt sind.
    Winstons Freunde, die ich später kennenlerne, erzählen mir allerlei Klatsch und Tratsch über seine Lebenspartnerin, die alles tun soll, um ihrem Schatz, aber vor allem anderen Männern ins Auge zu fallen. Gerne kommt sie ein paar Minuten nach Vorstellungsbeginn in den Zuschauerraum des Theaters. Oder sie erscheint exakt in dem Moment, in dem Winston seine schwierigste Arie singt. Dann sorgt sie mit ultrakurzem Minirock und tiefem Ausschnitt dafür, dass keiner mehr den Star des Abends, sondern nur noch die aufreizende Störenfriedin in

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