Fuenf Maenner Fuer Mich
auf ein Blatt Papier geschrieben, und das ist das Ergebnis. Das ist ja wie im Märchen. „Meine Herrin, wie lautet dein Wunsch? Überlege gut, was du sagst, es könnte schneller in Erfüllung gehen, als du ‚Papp‘ sagen kannst.“
Runden um Runden italienischer Rotwein und Likör landen auf unserem Tisch. Das Panorama verschwimmt, und das liegt definitiv nicht an der fehlenden Brille. Sechs Stunden später brechen wir auf. Susanne geht allein in Richtung U-Bahn. Jetzt ist klar: Winston ist nicht ihr Lover. Er wird meiner sein. Ich hake mich unter den Flügeln meines Engels ein und gemeinsam schweben wir zu mir. Der erste Besucher in meiner „kleinen Toskana“, so habe ich mein Zuhause inzwischen getauft. Mit sachtem Klick fällt die Wohnungstüre hinter uns zu und mein Engel verwandelt sich in einen Tiger. Er reißt mich. Ich reiße zurück. Gegenseitig lassen wir unserem Hunger freie Bahn. In meinem Zimmer sieht es jetzt aus wie nach einem Granateneinschlag. Ein Stuhl ist umgefallen, der Tisch steht nicht mehr an seinem Platz und mittendrin sind wir aufs Bett gestürzt. Die heftigen Bewegungen, mit denen wir uns verschlingen, wechseln sich ab mit weichen Samt-Küssen. Unverschämt weich sind seine Lippen. Mein ganzer Körper passt sich der Weichheit an und wird eins mit Matratze und Bettdecke, unter der wir uns jetzt wälzen. Er friert, kaum dass er sich ausgezogen hat. Er sagt: „Honey, bitte warte, ich kann nicht, bin total kaputt.“
Seit Tagen schon ist er unterwegs, leidet unter Jetlag. So plötzlich, wie er über mich hergefallen ist, liegt er nun wie ein asketischer Yogi auf dem Rücken, die Augen geschlossen. Ich stütze mich auf den Ellbogen, betrachte ihn. Mein Körper schmerzt vor Lust, es ist das erste Mal, dass ich nach meiner Trennung einen Mann berührt habe. In den vergangenen Stunden hatte sich solch eine Spannung zwischen uns aufgebaut… Meine Fingerspitzen gleiten zögerlich über seine Brust, hoffen, ihn noch einmal zur Raserei zu bringen. Nichts. Er murmelt: „Mir ist kalt“, und zittert. „Wärme mich“, flüstert er und ich fühle mich wie eine Henne, die ihr aus dem Nest gefallenes Küken unter die Flügel nimmt. Die ganze Nacht liege ich hellwach. Der Mann in meiner Hütte wirkt wie ein Schiffbrüchiger, den ich aus stürmischer See gefischt habe. Als es hell wird, wage ich einen weiteren Versuch. Ich streichle seine Brust. Er packt meinen Arm: „Gib mir ein paar Minuten!“, und schläft weiter. Ich versuche es mit Meditation. Zähle bis zehn. Er schläft weiter. Nun übermannt auch mich der Schlaf. Zarte Hände, die über meinen Bauch streichen, wecken mich irgendwann behutsam aus dem Schlummer. Er liegt im Löffelchen hinter mir, liebkost meinen traurigen Körper. Endlich! Zärtlich nimmt er mich von hinten, es ist mehr ein Kuscheln mit sexuellen Anklängen, und ich schwimme auf kleinen Wellen davon.
Keine zwei Stunden nachdem er meine Wohnung verlassen hat, rufe ich meine Freundin Lola an. Ich habe sie über meine Künstleragentur kennengelernt, kurz nachdem die Geschichte mit Herrn X begonnen hatte. Wir verstanden uns auf Anhieb und näherten uns einander schnell auf der künstlerischen Ebene an. Sie ist eine faszinierende Theaterfrau, Gründungsmitglied der renommierten katalanischen Straßentheatergruppe „Artristras“ und entwirft Kostüme, Masken und Großfiguren. Schon nach kurzer Zeit heckten wir Theaterstücke aus, die wir später in Afrika, in der Türkei und in Südeuropa unter abenteuerlichen Umständen produzierten. Doch die wahren Dramen werden vom Schicksal geschrieben und so erfuhr ich am Tag meiner Trennung, dass Lola unheilbar an Krebs erkrankt ist.
Die folgenden Wochen und Monaten gaben wir uns gegenseitig Halt in unseren schlaflosen Nächten. Wir telefonierten stundenlang, vorzugsweise zwischen zwei Uhr nachts und sechs Uhr morgens, und ließen unsere gemeinsam zurückgelegten Wegstrecken Revue passieren. Wenn ich mich für mein Problem schämte, weil es sich neben ihrer verzweifelten und so schrecklich ungerechten Situation als lächerlich klein ausnahm, schimpfte sie mit mir. „Schließ mich nicht aus deinem Leben aus“, schluchzte sie eines Tages in den Hörer. „Du musst dich mit deinen ganzen Fragen auseinandersetzen, sonst wird das auch zum Krebs.“
Dieses Mal möchte ich meine Begeisterung mit ihr teilen. Ich überschlage mich fast am Telefon. „Stell dir vor, was für ein toller Mann, und er ist auch noch Opernsänger!“
In diesem
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