Fuenf Maenner Fuer Mich
Blickintensität, füge ein Häppchen Wärme und eine Prise Erotik bei. Ich möchte den Abend genießen und mich nicht fetzen. „Sind wir uns wenigstens einig, dass diese Lügerei überflüssig und verletzend ist?“, nehme ich den Faden wieder auf. „Warum sagt man seinem Partner nicht einfach die Wahrheit?“
Er streicht seine Serviette glatt und räuspert sich. Dann sieht er mich nachdenklich an. „Seit Jahrhunderten lügen Männer ihre Frauen an.“ Er spricht langsam und deutlich. „Ich hab mal eine Zeit lang in Paris gelebt.“ Er holt seinen mit goldenen Streifen verzierten Montblanc-Kugelschreiber aus der Jackentasche und malt einen Kreis auf die Serviette. „Das ist Paris, das Stadtzentrum.“
Ich sehe in Gedanken die Champs-Élysées mit ihren teuren Boutiquen vor mir, den Arc de Triomphe bei Abenddämmerung, wenn die Scheinwerfer der noblen Limousinen aufleuchten und vorbeischlendernde Passanten in Designeranzügen streifen.
Christian malt die Ziffer 1 in den Kreis. „Hier bewegt sich der Pariser Ehegatte mit seiner Ehefrau. Er geht einkaufen, er führt sie in Restaurants aus, er trifft andere Pariser Ehemänner mit ihren Ehefrauen und freut sich des Lebens.“
Ich blicke von der Zeichnung in sein Gesicht und zurück. Was will er mir damit sagen? Christian malt einen zweiten Kreis um den ersten und schreibt die Ziffer 2 hinein.
„Jeder Monsieur hat eine Geliebte. Das gehört zum guten Ton. Das war schon immer so, seit Jahrhunderten. Und das wird immer so sein. Mit dieser Geliebten bewegt er sich im Gürtel, der sich an das Zentrum anschließt. Hierhin geht der Pariser Geschäftsmann mit seiner Geliebten. Es gibt Bars, Restaurants, Shops. Keiner sagt etwas. Jeder weiß Bescheid.“ Christian nickt zufrieden.
„Außer seiner Frau?“, frage ich vorsichtig nach. Christian guckt mich wieder über den Brillenrand an. Er verzichtet auf eine Antwort. Ich bemerke ein leichtes Hochziehen seiner linken Augenbraue. Er malt einen weiteren Kreis, einen Gürtel um das Zentrum. Die dritte Zone. „Hierher kommen die Ehemänner mit der Zweitgeliebten. Alle. Das weiß auch jeder. Niemals würde er die Ehefrau oder die Hauptgeliebte in dieses Gebiet bringen.“
Christian schenkt mir ein triumphierendes Lächeln und malt nun um die drei Ringe ein paar einzelne Kreise. „Das sind die Vororte. Hierher kommt man mit den Geliebten außer der Reihe. Mit den kurzen Affären.“
„Und das geht dann so weiter bis an die Côte d’Azur?“, schleudere ich ihm entgegen. Er überhört meinen Kommentar geflissentlich.
„Die Lüge ist eine gute Erfindung, ein Kulturgut“, sagt Christian, um seine Ausführungen zusammenzufassen. „Sie schützt die Menschen. Sie würden das nicht verkraften. Warum unnötiges Leid verursachen? Die Lüge ist eine wichtige Errungenschaft, sie ist zutiefst human, und in Zeiten der Emanzipation läuft es ja sogar bereits umgekehrt …“ Ich trinke mein Glas Wasser in einem Zug leer. Damit der Impuls, ihm genau dieses ins Gesicht zu schütten, nicht siegt.
Weiße Lügen
Unter drei Stunden Sex macht Kevin es nicht. Immer, wenn er kurz vor dem Orgasmus steht, bricht er ab. Ruft manchmal auch: „Ich will nicht! Ich will noch nicht kommen!“ Danach verkündet er stolz: „Ich hab einfach an was ganz anderes gedacht! Dann kam ich wieder runter!“
„An was denn?“, erkundige ich mich und muss an meine kleine „Schwester“ Klara denken, deren liebstes Hobby es ist, Männern Löcher in den Bauch zu fragen. Sie fragt Dinge, die mir, bevor ich sie kennenlernte, nie im Leben eingefallen wären zu fragen: „Wie ist das, wenn du kommst, wo spürst du das?“ Oder: „Was genau hat dir so gut gefallen, als ich deinen Schwanz geblasen habe?“ Sie stellt ihre Fragen mit dem sachkundigen Interesse einer Ärztin, die aus der Schilderung einiger Symptome eine Diagnose stellen muss.
Sie erzählt – und teilweise kenne ich es aus unseren gemeinsamen Erfahrungen –, dass Männer gerne und detailliert auf diese konkreten Fragen antworten. Es gefällt vielen, wenn sie einer Frau etwas erklären dürfen. Klara lernt viel dadurch.
Kevin geht ebenfalls freudig auf mein Interesse ein. Er ist von sich selbst begeistert, weil er kraft seiner Gedanken den Orgasmus stundenlang hinauszögern kann. Damit ist er auch in meinen Augen etwas Besonderes, ein Liebhaber der Extraklasse. Er sollte mal anderen Männern Workshops in dieser Kunst geben.
„Ich denke an etwas Alltägliches. Eben dachte ich daran,
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