Fuenf Maenner Fuer Mich
purzelt in mein Postfach: „Du sollst mir immer nah sein. Egal, wo du in der Weltgeschichte rumreist, du kannst mich jederzeit sehen.“ Ich bin gerührt und speichere den Link unter Favoriten. Allerdings würde ich wohl nie auf die Idee kommen, da reinzugucken.
Gleich nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zur Tai-Chi-Schule. Der Meister persönlich empfängt mich, er heißt Ali und hat lange Zeit in Deutschland gelebt. Er begrüßt mich herzlich, fast als habe er mich erwartet, und führt mich durch die Übungsräume. Im oberen Studio fällt mein Blick auf einen Korb mit japanischen Kendo-Schwertern. Eine Erinnerung wird in mir wach. Vor vielen Jahren hatte ich diese Schwerter in einem Management-Coaching kennengelernt. Damals führten wir paarweise eine Schwertübung damit aus. Wir stellten uns gegenüber unseres Übungspartners auf, gingen jeweils einen Schritt aufeinander zu und sollten den anderen dann mit dem Schwert von „unserem“ Platz verdrängen. Die zweite Übung bestand darin, die Schwerter gegeneinanderzuschlagen. Beides überforderte mich komplett. Ich war nicht fähig, meinen Raum zu verteidigen oder mit dieser Holzwaffe eine Grenze zu ziehen. Ich fühlte mich gelähmt und brach in Tränen aus. Jahrelang blieb mir dieses Erlebnis im Gedächtnis und ab und zu sehnte ich mich danach, einen Schwertkurs zu besuchen, um diese mir unerklärliche Hemmschwelle zu durchbrechen.
Nun zeige ich sprachlos auf die Kendo-Schwerter.
„Was ist los?“, fragt Ali.
„Das will ich machen!“, fordere ich. Ali schüttelt den Kopf. Die Kendo-Schwerter kommen erst nach dem Tai-Chi-Grundkurs zum Einsatz. Ich höre ihm gar nicht zu.
„Ich will mit dem Schwert arbeiten!“, wiederhole ich. Magisch werde ich von dem Korb angezogen und schon habe ich ein schwarzes Schwert in den Händen und taste über die stumpfe Klinge. „Bitte zeig mir, wie das geht“, flehe ich ihn an und der Meister versteht, er nickt unmerklich. „Okay. Wir fangen sofort damit an.“
Er zeigt mir den Grundschritt. Ich stehe breitbeinig, federnd. Das Schwert quer vor meiner Brust greife ich mit beiden Händen, entspannt und doch jederzeit bereit zum Angriff. Ausfallschritt nach vorne, Waffe nach hinten, ausholen und schneidend durch die Luft: der Schlag! Diese Übung wiederhole ich wieder und wieder und wieder. Er zeigt mir noch etwas anderes. Ein Griff mit der Hand zur Schulter des Gegners, dabei den Arm ausstrecken, einen bösen Blick machen und mit lauter Stimme rufen: „Stopp!“
Der Meister ist zufrieden. „Mit so viel Elan hat das noch kein Anfänger ausgeführt“, sagt er anerkennend und ein wenig verwundert.
Sonja wartet in einem Teegarten um die Ecke des Studios auf mich. Als ich dort eintreffe, erzähle ich ihr ohne Punkt und Komma von meinen neuen Kenntnissen und führe sie an Ort und Stelle vor.
„ZZZZZZZisch“, ich vollführe eine Schlagbewegung, „dann ZZZZasch …“
Einige Männer auf der Straße bleiben stehen und schauen überrascht zu uns herüber. Einer kommt auf uns zu und sagt: „Du bist wohl eine sehr gefährliche Frau.“ – „Ja, das stimmt!“, erwidere ich lachend, und Sonja und ich gehen beschwingt zum Strand.
Drei Tage später gehen wir noch mal in die Disco unter freiem Himmel. Wir haben riesige Lust zu tanzen, unsere neue Freiheit zu spüren. Die Musik reißt mit, wir sind gut gelaunt und tanzen uns die Seele aus dem Leib. Plötzlich spüre ich Hände auf meinem Hintern. Instinktiv drehe ich mich blitzschnell um, strecke meine Hand aus, werfe einen bitterbösen Blick und sage laut und deutlich „Stopp!“. Dem Typen fällt die Kinnlade runter und er weicht einen Schritt zurück. Da spüre ich hinter mir schon wieder unerwünschte Nähe. Drehung auf dem Absatz, federnd leicht, böser Blick. „Hayır“, sage ich auf Türkisch, das heißt „Nein“, und innerhalb eines Wimpernschlags ist ein Raum mit zwei Metern Durchmesser rund um mich frei. Sonja strahlt und sagt: „Wow! Wie hast du denn das hingekriegt? Meine Güte, du hättest den Ausdruck von Verachtung in deinem Gesicht sehen sollen, als du die Jungs gestoppt hast!“
Ich kann es kaum glauben. Das habe ich geschafft? In meinem früheren Leben wäre ich unauffällig Stück für Stück von der Tanzfläche weggetänzelt und hätte mir dabei noch eingeredet, ich hätte keine Lust mehr zum Tanzen. Und auch vor ein paar Tagen war ich nicht in der Lage gewesen, mich zu wehren. Jetzt habe ich mich der unangenehmen Situation
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