Fuenf Maenner Fuer Mich
gestellt. Ich habe meine Grenzen gesetzt. Endlich! Für mich ist es, als sei ein Wunder geschehen.
Ich verlasse die Türkei mit dem Gefühl, eine wichtige Lektion gelernt zu haben. Jetzt bin ich gewappnet.
Das Burgfest
Am Nachmittag vor dem großen Event weiß ich nicht, was ich anziehen soll. „Frivole Kleidung“ steht auf der Einladung, Lack oder Leder, Dessous oder Kostümierungen passend zum Thema Burg. Ich stehe vor meinem Kleiderschrank – die Kleiderstange ist einen Meter lang, daneben vier Regalböden. Er passt proportional zu meinem 18-Quadratmeter-Apartment. Nach dem vollführten Vernichtungsschlag gegen meine Garderobe habe ich zwar eine ganze Reihe neuer Klamotten, aber „burgfähige“ Outfits gehören nicht zu meinem Repertoire.
Ich bitte Buddha um Hilfe. Er ist bestens für alle Eventualitäten ausgestattet. In seinem Kleiderschrank schlummert eine geheimnisvolle Kiste, deren Inhalt – Korsagen, Miniröcke, Stringtangas und High Heels – er seinen Spielkameradinnen gerne zur Verfügung stellt. Er verspricht, mir eine schwarzrote Korsage und einen ledernen Minirock mitzubringen. Ich bin erleichtert. High Heels habe ich genug. Seit ich getrennt bin, kaufe ich hochhackige Schuhe in großem Stil, und wenn ich mal in eine größere Wohnung ziehen sollte, dann nur, um Platz zu bekommen für meinen unaufhörlich wachsenden Schuhschrank.
Viola sagte neulich: „Ich bin so froh, dass auch du endlich dem Schuhwahn anheimgefallen bist! Das gehört zu einer echten Frau einfach dazu!“ Sie erinnert sich an eine Szene zu Beginn meiner Ehe. „Du warst so stolz, dass ihr beide in Düsseldorf Schuhe kaufen wolltet. Ich freute mich für dich: Endlich mal shoppen mit deinem Schatz, das war selten genug. Wie groß war meine Überraschung, als du dann die Schuhkartons aufgemacht und mir deine Trophäe – ein Paar schwere Bergstiefel – präsentiert hast.“ Komisch, daran erinnere ich mich gar nicht. Da hat mein Langzeitgedächtnis gründliche Tilgungsarbeit geleistet.
Meine Gedanken kehren zurück zum heutigen Abend. Mein Blick fällt plötzlich auf eine unschuldige weiße Plastiktüte in einer Schrankecke. Man sieht ihr nicht an, dass sie jahrelang in der schwarzen Kommode meines ehelichen Schlafzimmers lag. Wie durch ein Wunder hat sie meinen Kleidervernichtungsschlag unversehrt überstanden. Die weiße Plastiktüte zwinkert mir zu.
Vor über 15 Jahren hatte ich sie zum letzten Mal in der Hand und seither habe ich nie mehr hineingeschaut. Ich erinnere mich: Mein Hochzeitsfest auf einer kleinen, unbewohnten Insel im ägäischen Meer. Wir feierten in einer Hotelruine ohne fließendes Wasser und ohne Strom. Die Gäste kamen in Booten, ein riesiges Feuer brannte in der Mitte des ehemaligen Ballsaals, von dessen Wänden nur noch Mauerreste übrig waren. Meine Theaterfreundin Lola hatte Kürbisköpfe ausgehöhlt und auch sonst für eine abenteuerliche Dekoration gesorgt. Drei Roma spielten wilde orientalische Musik, bis sie unter dem Einfluss von zu viel Anisschnaps vom Stuhl fielen.
Noch in jener Nacht hatte ich das von Hand geklöppelte Hochzeitskleid aus weißem Garn in diese Tüte zum Schlafen gelegt. Meine türkische Schwiegermutter hatte es in wochenlanger Arbeit liebevoll selbst gemacht. Da das Röckchen nur knapp meine Oberschenkel bedeckte und das Kleid komplett durchsichtig war, mussten wir im letzten Moment noch ein Unterkleid besorgen.
Nun schlummerte dieses heiße Teil seinen Dornröschenschlaf, um mir just heute in die Hände zu fallen. Das kann kein Zufall sein, denke ich und hole die orientalische Handarbeit aus ihrer Verpackung, um sie anzuprobieren. Natürlich ohne Unterkleid, nur mit weißem Spitzenhöschen und weißem BH darunter.
Unglaublich: Das Teil sitzt perfekt und sieht hervorragend aus! Flugs ziehe ich noch einen langen gepunkteten Hippie-Rock drüber und drapiere einen weißen Schal über mein Dekolleté, damit man meine nackten Brüste unter dem durchsichtigen Stoff nicht sehen kann. Buddha holt mich ab und ist entzückt. Er lobt die Künste meiner Ex-Schwiegermutter und ist sicher, dass man mir heute Abend die gebührende Beachtung schenken wird.
Die Auffahrt zum Schloss wird von einer endlos langen Reihe von Fackeln beleuchtet. Große Limousinen fahren vor, Silhouetten schöner Menschen zeichnen sich im flackernden Lichtschein ab. Die Kennzeichen kommen aus ganz Nordrhein-Westfalen, heute ist ein großer Tag, denn das Burgfest findet nur einmal im Jahr statt.
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