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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ähnliches Detachement mit Davoust vorangezogen ist.  
L., 16. Mai 12
    Ich habe gerade noch auf vierzehn Tage Heu für meine Pferde, bekomme ich aber Reiterei zu verpflegen, so wird alles in einem Tage aufgezehrt. Alle Preise der Lebensmittel steigen, und schon ist ein Schock Stroh mit dreißig Talern bezahlt worden. Die von Danzig und aus der Armeegegend zurückkommenden Offiziere machen eine traurige Beschreibung des dort herrschenden Elends, und doch sollen die Leute sich einbilden, daß das alles zu ihrem Glück geschieht. Was dort erzählt wird, daß ein Zug zu Lande nach Ostindien beabsichtigt sei, das haben wir hier lange geglaubt; was sollten auch sonst die mitgeschleppten Mühlen, die in Vorrat gemachten Wasserschläuche und die trotz aller Not mitgeführten Kleidungsstücke bedeuten? Unter den Vorräten befinden sich auch Brillen, gewiß, um die Augen gegen den Sand der Wüste zu schützen. Möchten sie doch alle schon am Kaspischen Meer oder im Kaukasus sein. Vielleicht gilt es auch Ägypten, wo dann einige Steppen und Wüsten zu durchziehen wären. Nie ist eine Expedition mit mehr Macht und Vorsicht unternommen worden, und doch ist drei gegen eins zu wetten, daß sie mißlingt.  
L., den 23. Mai 1812
    Aus Berlin erfahre ich heut, daß nun das eigentliche Victorsche Corps, das IX., daselbst einquartiert worden sei und daß nach diesem die Garden folgen sollen. Letzteres kann ich mit der Nachricht nicht reimen, daß die Garden bereits durch Glogau gezogen sind. – Stelle Dir vor, daß ein Brief, den ich im März an Schwager Wylich schrieb und in dem ich ihm beiläufig sagte, »daß wir durch die Truppendurchzüge litten«, in Wesel geöffnet, an das Pariser Polizeiamt gesandt und von diesem eine Weisung an Wylich gegeben worden ist, »in seinen Korrespondenzen keine Politik zu berühren«, also daß nun auch das Unschuldigste nicht mehr geschrieben werden darf.  
L., 26. Mai 1812
    Unser König ist vermutlich zur Dresdner Konferenz nicht eingeladen worden, sonst wäre er gewiß dahin gereist, da seinerseits nichts versäumt wird, um die durch Berlin reisenden vornehmen Oberen der französischen Armee zu bewillkommnen. Der König von Neapel hat sich, wie ich von Berlinern gestern erfuhr, sehr freigiebig gezeigt, sowohl gegen die königlichen Equipagen als auch gegen die Madame Overmann, bei der er inkognito abgetreten war. Unter anderem hat er auch ein englisches Racepferd, welches der junge Schickler hatte, für 500 Friedrichsdor gekauft. – Da nun alle Matadores zur Armee abgegangen sind, so kann der Zeitpunkt nicht entfernt sein, wo sich die Frage Krieg oder Frieden entscheidet. Die Russen haben keine geringen Gegenanstalten gemacht und haben, um nur eines zu nennen, fünfzehn Meilen von ihrer Grenze alle Lebensmittel, Fourage, Vieh, selbst Arbeitsgeräte hinter ihre Linien bringen lassen. Dieses sagen französische Offiziers, die hier durchkamen, um Rekruten zu holen. Die ganze alliierte Armee lebt aus Magazinen; der Bauer in Polen hat nichts, ja er ist froh, wenn der Soldat ihm ein Stück Brot abgibt. Auf der Frankfurter Route ist es ebenso gegangen wie auf manchen Gütern in Schlesien; Saathafer und Gerste sind genommen worden, wo es an Futter fehlte, und hätte die schnelle Witterungsänderung nicht Gras hervorgebracht, so hätte unser Vieh in den kahlen Wäldern und Wiesen verhungern müssen.  
L., den 6. Juni 1812
    Ich freue mich um Deinetwillen, daß der vornehme Schwarm aus Glogau fort ist, denn hoffentlich wird nun einige Erholungszeit eintreten. Der gelbsüchtige höfliche Mann, von dem Du schreibst, gehörte zu den Lieblingen des Kaisers. Ob er es noch ist, steht dahin. Er hätte übrigens nicht nötig gehabt, die Gelbsucht eigens mit auf die Reise zu nehmen, denn nach den Nachrichten, die wir hier haben, herrscht sie in tödlichem Grade bei den Truppen. Er konnte sie also dort, wo er hinwollte, schon vorfinden. Was Du von unserem alten Feldmarschall schreibst, hat mich nicht überrascht; da man uns schmeicheln will, mußt er auch gut empfangen werden. Mit dem sächsischen Hofe soll man nicht so ganz zuvorkommend umgegangen sein, sondern alles etwas de haut en bas behandelt haben. – Die Armeecorps hatten schon vor der Dresdener Zusammenkunft Befehl, weiter vorzurücken, und waren großenteils über die Weichsel gegangen; ich befürchte daher, daß nun auch Ostpreußen in Mitleidenschaft gezogen wird. Einige von der Armee zum Rekrutenholen abgeschickte französische Offiziere machten

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