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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wundern imstande wären, so würden die illyrischen sich wundern, die heute hier, der Großen Armee nach, vorübergetrieben wurden. Unser Vieh, soviel wir dessen noch haben, zieht desselben Weges. Dazu wird selbstverständlich Roggen, Hafer, Heu und Stroh verlangt; von den beiden letzteren Artikeln ist nichts mehr vorhanden. Auch in Preußen oben geht alles über Bord. Auf Onkel Kalcksteins Gut hat die Einquartierung neunundvierzig Ochsen und sieben Kühe weggefressen. Alle guten Pferde waren auf Vorspann mitgeschleppt, und ob sie zurückkommen, ist mindestens zweifelhaft.
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L., 10. Juli 12
    Wie die Bedrückung des Menschengeschlechts von der Vorsehung so lange geduldet werden kann, ist mir ein Rätsel, und fast möcht ich sagen, wie Prediger Krause neulich zu Aschof sagte: »Freund, hätt ich nicht noch einige Nebengründe, um an die Vorsehung zu glauben, so müßt ich daran verzweifeln.« Der Wunsch, die Bedrücker vernichtet zu sehen, äußert sich in Berlin so laut, daß sich die Polizei gezwungen sah, derartig öffentliche Äußerungen mit harter Gefängnisstrafe zu bedrohen. Den Mund kann man dadurch zum Schweigen bringen, aber das Gefühl nicht. – In Ostpreußen geht es viel toller her als hier; im übrigen ist auch hier des Lieferns und Fuhrwerkstellens kein Ende. Stelle Dir vor, daß täglich über hundert Wagen in Berlin in Bereitschaft sein müssen, um die »Freunde«, ihre Bagage, Lebensmittel und Munition zu fahren. Das geht dann so weiter von Etappe zu Etappe, so daß täglich einige tausend Pferde in Bewegung sind. Ein solcher Vorspannwagen muß fünf Tage lang auf seine Kosten in Berlin sein, und da viele dieser Fuhrwerke von sechs bis acht Meilen entfernten Dörfern heranbeordert werden, so gehen dem Bauer und Gutsbesitzer oft acht bis zehn Tage an der Heu- und Feldarbeit verloren. Gestern ist mein einer Knecht nach siebentägiger Abwesenheit zurückgekommen, und ich werde froh sein, wenn ich nicht in der folgenden Woche wieder ein Gespann abschicken muß. Da die Menschen- und Pferdeschinder auf die Wagen laden, was diese nur irgendwie halten können, so werden die Pferde schändlich abgetrieben. Wegen der Vermögensteuer ist auf dem Lande noch nichts in Ordnung; in Berlin aber wird gewaltsam zugefahren, was unter den kleinen Bürgern eine heftige Bewegung veranlaßt. Und mit Recht. Ein gutes Ende nimmt das nicht, denn jeder sagt sich, wenn schon der Hinzug der Truppen uns an den Bettelstab bringt, was wird erst sein, wenn sie wiederkommen? Ich erschrecke bei dem Gedanken, daß sie zurückgetrieben werden könnten; denn da bliebe uns nichts. Ich beklage Glogau, daß es, wie Du mir schreibst, eine mediterranische Einquartierung bekommt; das wird wohl ein zusammengestoppeltes Corps von Italienern, Spaniern etc. sein, ebenso schlecht wie die Illyrier. Vorgefallen muß übrigens schon etwas jenseits des Niemen sein, denn die beiden Massen waren schon zu nah, um sich nicht zu berühren. Und wie muß es nun erst in den Gegenden aussehen, wo eine halbe Million Menschen leben will! Von der Geschichte des Gr. von G. habe ich weiter nichts erfahren können. Wenn er der Mann ist, der er zu sein scheint, so wird er gewiß gesucht haben nach Holstein durchzukommen.  
L., 21. Juli 12
    Die französischen Offiziere, die zurückkommen, sind nicht sehr von dem Fortschreiten auf russischem Gebiet erbaut. Alle stimmen darin überein: »Viel Elend, schlecht Land, viel krank.« Einer hat auch geäußert: »Ruß retiriert, aber viel brav.« Aus seiner kauderwelschen Erzählung ließ sich schließen, daß die zu rasch nachjagenden leichten Truppen der Franzosen verschiedene Schlappen erlitten haben. – Am 6. August wird der König, wie es heißt, in Breslau sein und nach einem zweitägigen Aufenthalt Neiße besuchen. Von dort aus nach Prag und von Prag nach Töplitz, woselbst er baden und um eine österreichische Prinzessin werben wird. So wenigstens sagt man im Publikum. Vielleicht ohne Grund.  
1. August 12
    Daß die Hospitäler voll von Kranken sind und daß in einigen Gefechten auf dem rechten Flügel unter Nachteil gekämpft worden ist, das sagt man sich ins Ohr. Letzteres scheint sich dadurch zu bestätigen, daß König Hieronymus das Kommando dieses Flügels an Davoust hat abgeben müssen. Wir werden mit Phrasen in Unwissenheit erhalten. So hat beispielsweise kein Bulletin etwas von der Einnahme von Badajoz erwähnt und doch stand der Bericht Wellingtons darüber in der Petersburger Zeitung,

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