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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Tode der Testierenden eine Vormundschaft eingesetzt, die sich nicht nur die Verwaltung der Güter, sondern, wie vorgeschrieben, auch die leibliche Pflege der beiden überlebenden Söhne der Dompröpstin angelegen sein ließ. Als am 3. August 1788 auch der letzte dieser beiden Söhne, der in seiner Jugend als ein durch Leibes- und Geistesgaben ausgezeichneter Offizier im Regiment der Leibcarabiniers gestanden, aus dieser Zeitlichkeit geschieden war, war nunmehr der Moment da, wo das Gesamterbe, dem Testamente gemäß, an die Krautenfamilie fallen mußte. Dem Testament, aber nicht dem Rechte gemäß. Die Dompröpstin, unausreichend oder übel beraten, hatte das Lehngut Hoppenrade, das seit 1460 unausgesetzt ein Bredowsches Eigentum gewesen und durch Krautengeld nicht erst rückerworben war, irrtümlicherweise mit wegtestiert und dadurch das Lehnserbrecht der Bredowschen Familie verletzt, die denn auch mit ihrem Protest dagegen nicht säumte.
    Soviel zunächst über das Krautenerbe. Sie aber, der dies Erbe zufiel, war die Krauten tochter , und im Hinblick auf diese stellen wir nunmehr die zweite Frage:
 
Wer war die Krautentochter?
    Wer war die Krautentochter? Sie war die Erbnichte der in vorstehendem oft genannten Dompröpstin von Bredow, geborene von Kraut, zugleich Heldin unserer Geschichte, das einzige Kind des Obersten und Baron von Kraut, Hofmarschalls am Hofe des Prinzen Heinrich von Preußen.
    Über ihn, diesen Hofmarschall von Kraut, zunächst ein Wort.
    Carl Friedrich von Kraut wurde 1703 als der Sohn des Geheimen Kriegsrats von Kraut (Bruder des Ministers von Kraut) in Berlin geboren. Als er 1723, nach Ableben von Vater und Oheim, ein sehr bedeutendes Vermögen ererbt hatte – die zweite Hälfte desselben fiel an seine Schwester, die Dompröpstin –, ging er, zwanzig Jahre alt, nach Paris, um in der französischen Armee Dienste zu nehmen, in der er sich alsbald auch hervortat und zum Obersten aufstieg. Näheres über diesen französischen Waffendienst hab ich nicht in Erfahrung bringen können, auch nicht, wie lange derselbe dauerte. Keinenfalls indes wird er über das Todesjahr seiner Schwester hinaus ausgedehnt worden sein, in welchem Jahre (1745) ihn ebendiese Schwester nicht nur zum Vormund über ihre beiden geisteskranken Söhne, sondern auch zum ersten Kurator über das große Bredow- beziehungsweise Krautenerbe bestellte. Dieser seiner Aufgabe sich unterziehend, begegnen wir seinem Namen von 1746 an bis an seinen Tod in den Rechnungs- und Kirchenbüchern des Landes Löwenberg. Er zeigte sich übrigens gleichzeitig beflissen, bei seiner Rückkehr nach Preußen auch in den Staatsdienst oder wenigstens in eine Hofstellung einzutreten, und wurde zu nicht genau zu bestimmender Zeit Hofmarschall am Prinz Heinrichschen Hofe. Wahrscheinlich um das Jahr 50. 1754 finden wir ihn als Taufpaten im Liebenberger Kirchenbuch, und ungefähr um dieselbe Zeit war es, daß er am Hofe der Königinmutter die Bekanntschaft des schönen Fräuleins Else Sophie von Platen machte, mit der er sich bald danach vermählte. Während des zwei Jahre später ausbrechenden Krieges verblieb er nicht bloß in seinem Hofmarschallamte, sondern auch in steter Umgebung der ebenso schönen wie liebenswürdigen Prinzessin Heinrich, gebornen Prinzeß von Hessen-Kassel, die damals noch in keinem Zerwürfnis mit dem Prinzen, ihrem Gemahl, lebte, vielmehr als »La belle fée«, »La Divine«, »L'incomparable« etc. die gefeierteste Dame des Hofes war.
    Auch 1760 befand sich von Kraut in unmittelbarer Umgebung der Prinzessin und begleitete dieselbe nach Magdeburg, wohin sich um ebendiese Zeit alles, was zum Hofe gehörte, flüchtete, weil das Vorrücken der Russen und Österreicher ein Verbleiben in der Hauptstadt als mindestens unrätlich erscheinen ließ. In den Tagebuchblättern der Gräfin von Voß, geborene von Pannwitz, begegnen wir vielfach Aufzeichnungen aus jener Magdeburger Zeit, in denen neben anderem auch unseres Hofmarschalls Erwähnung geschieht. Ich gebe die betreffenden Stellen.
    »1. September 1760. Ich schrieb heute nach Berlin, aß bei Frau von Kraut , spielte nach Tisch Komet mit dem Prinzen von Usingen, Baron Müller und Kraut und fuhr um fünf nach Hause.
    11. September . Als ich frisiert und angezogen war, ging ich zur Prinzessin. Zu Tische war ich bei der Kraut, deren Geburtstag wir feierten. Auch die Knesebeck, Prinz Usingen und Oberst Lilienberg waren zugegen. Alles war in heiterer und übermütiger Laune, und nach

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