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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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viel Wert und Bedeutung, als der Hof gut fand, ihm zuzumessen. In Gunst stehen, reich sein und Einfluß haben war das einzige, das zu leben lohnte. Und wenn es überhaupt Pflichten gab, so war doch erste Pflicht jedenfalls die , von der Sorge kleiner Leute nichts zu wissen und einem Prinzen zu gefallen.
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4. Kapitel
Die Krautentochter wird Frau von Elliot
    In diesem Geiste ging denn auch der Gang der Erziehung, und es glückte damit so vollkommen, daß schon einige Monate vor der Einsegnung an Charlottens (der Krautentochter) Verheiratung gedacht werden konnte. Die Jugend derselben war kein Hindernis, war doch ihres Vaters Schwester, als sie dem Dompropsten die Hand reichte, nur um ein halbes Jahr älter gewesen. Und überhaupt, war es denn nötig, alt und weise zu sein, um zu heiraten? Gewiß nicht.
    Also Charlotte sollte heiraten.
    Aber wen?
    Das Auge der Mutter richtete sich vor allem auf einen Gesandten . Ein solcher empfahl sich doppelt, einmal, weil es unter allen Umständen eine vornehme Partie war, und zweitens und hauptsächlichst, weil ein Gesandter eine gewisse Garantie bot, über kurz oder lang abberufen und an einem vielleicht weit entfernten Hofe beglaubigt zu werden. Trat dieser Fall ein, so lag ihr , der Mutter, ob, in der Heimat nach dem Rechten zu sehen, sie war dann Herrin aller Güter, viel, viel mehr als die Tochter, die sich mit beliebigen Erklärungen abfinden lassen mußte. Diesem Kalkül entsprach es, daß ihr unter allen Gesandten die britischen am begehrenswertesten erschienen. Ein britischer Ambassadeur war sogar in der Möglichkeit, über das bloß Gesandtschaftliche hinaus, als ost- oder westindischer Gouverneur und Vizekönig seine Tage ruhmvoll beschließen zu dürfen. Und Ost- oder Westindien, welches Ideal von Entfernung!
    In der Tat, es war ein Engländer, und zwar der als Nachfolger von Sir John Mitchell am Berliner Hofe beglaubigte Mr. James Harris (später Lord Malmesbury), auf den sich das Auge der Madame de Verelst richtete, bevor ihre Tochter Charlotte noch das fünfzehnte Lebensjahr erreicht hatte. Das war ein Schwiegersohn nach ihrem Sinne! Aber James Harris verhielt sich durchaus ablehnend gegen alles Preußische. »Die Preußen«, so schrieb er gerade damals, »sind im allgemeinen arm, eitel, unwissend und ohne Grundsätze. Wären sie reich , so würde der Adel sich nie dazu verstanden haben, in Subalternstellen mit Eifer und Tapferkeit zu dienen. Ihre Eitelkeit zeigt sich darin, daß sie ihre eigene Größe in der ihres Monarchen erblicken, ihre Unwissenheit aber erstickt in ihnen jeden Begriff von Freiheit und Widerstand. Und was endlich ihren Mangel an Grundsätzen angeht, so macht sie dieser Mangel zu bereitwilligen Werkzeugen aller ihnen erteilten Befehle; sie überlegen gar nicht ob sie sich auf Gerechtigkeit gründen oder nicht!« 1)
    So Mr. Harris, der zum Überfluß auch noch eine speziell ungünstige Meinung in betreff der Madame de Verelst unterhielt. Er ridikülisierte sie, was natürlich alle Pläne von seiten der Dame rasch hinschwinden ließ und an die Stelle des Entgegenkommens jene hautaine Miene setzte, auf die sie sich so gut verstand.
    Aber in ihren Grundanschauungen von dem, was wünschenswert sei, war durch diesen Mißerfolg nichts geändert worden, und als einige Monate später James Harris abberufen und Hugh Elliot an seine Stelle gekommen war, nahm sie dasselbe Spiel wieder auf.
    Und diesmal mit besserem Erfolg. Zu Beginn des Jahres 78 war die nunmehr sechzehnjährige Charlotte bereits Gemahlin Hugh Elliots, über den, zu besserem Verständnis dessen, was sich später ereignete, hier schon das Folgende stehen mag.
    Hugh Elliot, als er nach Berlin kam, war noch sehr jung und von noch jugendlicherem Ansehen. Er hatte nichts von dem Ruhigen, Gesetzten, Distinguierten, das eine Gesandtschaftsstellung erheischt, wirkte vielmehr in seiner Bartlosigkeit und halb knabenhaften Figur absolut unfertig und nicht viel besser als ein von einer steten Unruhe geplagter Springinsfeld. Ungeachtet dessen war er in den Hof- und Gesandtschaftskreisen beliebt, galt für amüsant (war es auch) und erfreute sich ganz besonders einer gewissen Vorliebe von seiten des Prinzen Heinrich. Am Hofe dieses war es denn auch, wo Thiébault ihn kennenlernte. »Geistreich und von delikater Struktur (delié), sehr lebhaft und liebenswürdig«, das sind die Worte, die die »Souvenirs« für ihn haben. »Und dabei durch und durch Original, denn man ist nicht Engländer

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