Fünf Schlösser
Dadurch war ich entwaffnet und gab ihm nunmehr eine noch viel weiter gehende Erklärung, als die war, die er von mir gefordert hatte.
Noch an Ort und Stelle ließ er mich wissen, daß er nach Berlin gehe, daselbst das Scheidungserkenntnis in Empfang zu nehmen, und knüpfte daran die Frage, »ob ich gesonnen sei, seine Frau zu heiraten?« Ich antwortete, »daß dies nicht der Platz sei, darüber zu verhandeln«, worauf wir uns trennten. Er kehrte danach auch wirklich nach Berlin zurück, was er in seiner Eigenschaft als fremder Gesandter konnte, wohingegen ich erst abwarten mußte, wie man den ganzen Hergang aufnehmen werde. So begab ich mich denn zunächst in die Stadt Baruth hinein, um von dort aus nach Dessau weiterzureisen. Aber ehe ich noch Pferde vom Postmeister erhalten konnte, wurd ich schon durch einige Gerichtsdiener arretiert, die gemeinschaftlich mit sechzehn Bürgergardisten mein Haus umstellten. Am Tage danach erschien ein Unteroffizier mit sechs Mann, der aus der nächsten sächsischen Garnisonstadt zu meiner weiteren Bewachung abkommandiert worden war. Ich schickte sofort einen reitenden Boten an unseren Dresdener Gesandten, aber alles geht hier langsam, und so verbrauch ich denn viel Geld, und zwar um so mehr, als ich nicht bloß für mich , sondern auch noch für meinen Sekundanten aufzukommen habe.
Man rät mir Flucht und ich werd es, aller Mißlichkeit unerachtet, versuchen. Sobald etwas in diesem Sinne geschehen ist, schreib ich aufs neue. Heute bitt ich nur noch, von dem, was sich in vorstehendem auf das Duell und meine Baruther Internierung bezieht, Abschrift nehmen und diese Kopie meines Briefes an Herrn von Gaudi gelangen lassen zu wollen.
Unter der Versicherung tiefsten Respekts, hochgeehrter Herr Vater, Ihr ergebenster und gehorsamster Sohn George.
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7. Kapitel
Was nach dem Duell geschah
Baron Knyphausen, wie sein letzter Brief es andeutete, befreite sich wirklich aus seinem Baruther Gewahrsam und kam glücklich nach Berlin. Aber freilich ohne seines Aufenthaltes daselbst froh zu werden. Er hatte durch seine Handelsweise niemanden zufriedengestellt.
Die Gerichte zogen ihn vor ihr Forum und trafen ernstlich Anstalt, ihn als einen Duellanten, Friedensbrecher und Raufbold zu bestrafen, während ihm umgekehrt die Bevölkerung, insonderheit aber die vornehme Welt, einen Vorwurf daraus machte, nicht raufboldig genug, vielmehr viel zu schwach und ängstlich gewesen zu sein. Er litt unter jedem dieser Vorwürfe, zumal unter dem zweiten, und die dieser Zeit angehörigen, an seinen Vater gerichteten Briefe geben Zeugnis von einer gewissen Niedergeschlagenheit. Ich fahre fort in Mitteilung dieser Briefe.
Berlin , 30. Juli 1783
Mein hochgeehrter Herr Vater. In meinem letzten, aus Baruth datierten Briefe hatt ich bereits die Ehre, Ihnen über mein Duell mit Mr. Elliot und daran anschließend über meine Gefangenschaft in dem kleinen sächsischen Städtchen zu berichten. Gestatten Sie mir, in diesem Berichte fortzufahren. Ich versuchte jedes Mittel in Dresden, meine Freilassung zu bewirken, aber man antwortete mir, »daß man trotz des besten Willens nichts ändern oder beschleunigen könne, da der Kurfürst selbst nicht das Recht habe, dem Gange der Justiz vorzugreifen«. Einem Schreiben unseres Gesandten konnt ich entnehmen, daß es das beste sein würde, Begnadigung nachzusuchen, will sagen Pardonierung um Geld. Ich überlegte mir, daß man mich in jenem Lande nach Willkür taxieren und meine Begnadigung auf etwa 200 Dukaten festsetzen würde. Das war mir zu hoch, und da mich auch Herr von Hertzberg um ebendiese Zeit wissen ließ, »er rate mir, mich anderweitig aus der Sache herauszuziehn«, so beschloß ich Flucht.
Ein Doppelposten hatte mich zu bewachen, indessen war mir um meiner Gesundheit willen gestattet worden, in einer Ausdehnung von etwa hundert Schritt vor dem Hause zu promenieren. Ich benutzte dies als Mittel, mich zu befreien, instruierte meinen ängstlichen, aber durchaus verständigen und zuverlässigen Diener und ließ ihn, als er genau wußte, was zu tun war, abreisen. Am andern Tag fünf Uhr früh erschienen denn auch zwei berittene Leute vor der Stadt, jeder noch mit einem Handpferde neben sich, und gaben sich, während sie ruhig einritten, das Ansehen, als ob sie die Hauptstraße der Stadt und bei der Gelegenheit meine Wohnung passieren wollten, in demselben Augenblick aber, wo sie bis dicht heran waren, schwangen wir uns, Koppi und ich, hinauf und jagten
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