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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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gefangen: blätternde Stuckdecken, gedrechselte Geländerstreben und morsche Türschnitzereien – es sah aus wie in einem verwunschenen Märchenschloss.
    Â»Wie weit müssen wir denn noch?«, stöhnte Tante Helga.
    Â»Wir sind gleich da. Nur noch ein Stockwerk.«
    Â»Und alles ohne Fahrstuhl.«
    Toni bemerkte, dass wenigstens Tante Kamilla ihre Umgebung wahrnahm: Sie berührte jede Geländerstrebe mit der Fingerspitze und bewegte dabei stumm die Lippen.
    Â»Und dein Mitbewohner ist wirklich nicht da?«, fragte Tante Claire, als sie endlich vor seiner Wohnungstür standen.
    Â»Nein, leider nicht. Er musste arbeiten.«
    Â»Ach, wie schade. Ich dachte, wir lernen ihn kennen.«
    Â»Was arbeitet er denn?«, wollte Tante Ebba wissen.
    Lutz? Toni verkniff sich ein Lächeln. Wenn man Lutz fragte, würde der wohl sagen: Ich bin Barkeeper. Dabei hatte keine seiner Anstellungen länger als zwei Wochen gedauert. Meistens bekam er Probleme, weil er lieber mit den Gästen flirtete, als sich um ihre Getränke zu kümmern. Außerdem kiffte er zu viel, manchmal auch während der Arbeit.
    Seinen Lebensunterhalt bestritt Lutz von der Erbschaft einer fernen Großtante. Es war kein wirkliches Vermögen, aber für zwei bis drei weitere Jahre im Berliner Nachtleben würde es noch reichen.
    Â»Lutz ist bei der Sparkasse«, sagte Toni. »Er hat Bankkaufmann gelernt.«
    Tante Ebba nickte anerkennend.
    Er steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Garderobe, Spiegel, Teppiche, Bilder, Kommode – alles strahlend sauber! Kaum wiederzuerkennen. Und es roch weder modrig noch nach scharfen Putzmitteln. Wie hatte Kayla das nur geschafft?
    Er lächelte stolz. »Kommt doch herein!«
    Jetzt war die Neugierde seiner Tanten geweckt. Sie traten ein und blickten sich genau um. Schließlich brannten sie darauf zu sehen, wie ihr Neffe in der Großstadt lebte.
    Toni ging in die Küche: eine noch größere Überraschung. Keine Flecken, kein Dreck, keine Stapel von ungespültem Geschirr. Alles sah ganz anheimelnd aus. Die bunt bemalten Möbel wirkten plötzlich verspielt und nicht mehr chaotisch, und die Holzregale mit den Lebensmitteln sahen jetzt einladend aus und nicht mehr eklig. Alles war verändert. Es war ein einziges Wunder.
    Â»Hübsch habt ihr es hier«, sagte Tante Claire.
    Ja, das stimmte. Sie hatten es hübsch. Richtig hübsch sogar. Das war ihm gar nicht klar gewesen. Vielleicht sollten er und Lutz in Zukunft häufiger mal aufräumen.
    Â»Hier musst du aber mal gründlich sauber machen«, hörte er Tante Ebba sagen.
    Er drehte sich mit großen Augen um. »Wie bitte?«
    Tante Ebba hatte einen Küchenschrank geöffnet und hineingeblickt. Natürlich hatte Kayla es in der kurzen Zeit nicht geschafft, auch die Schränke auszuwischen.
    Â»Das sieht ja aus hier bei dir!«
    Â»Ebba, lass den Jungen doch«, sagte Tante Claire.
    Widerstrebend schloss Ebba die Schranktür. »Ich mein ja bloß.«
    Â»Setzt euch doch«, sagte Toni. »Ich koche Kaffee. Ihr müsst gar nichts tun.«
    Eine ungewohnte Situation für seine Tanten, die sich normalerweise selbst um alles im Haushalt kümmerten. Aber Toni wollte verhindern, dass weitere Schranktüren geöffnet wurden. Er drehte ihnen den Rücken zu und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Gab Kaffeepulver in den Filter und füllte Wasser auf.
    Â»Ist das dein Zimmer?«
    Toni wirbelte herum.
    Tante Ebba war in Begriff, eine Tür zu öffnen. Dahinter hatte Kayla natürlich nicht geputzt.
    Â»NEIN!« Hektisch wirbelte er herum und warf dabei die Kaffeedose um. Das Pulver stob über die Arbeitsfläche. »Das ist Lutz’ Zimmer!«
    Die Tanten zuckten zusammen.
    Â»Er mag es gar nicht, wenn jemand da reingeht«, versuchte er zu erklären.
    Doch da steuerte Tante Ebba schon die nächste Tür an.
    Â»Aha, dann ist das hier also dein Zimmer?«
    Â»Nein! Warte, Tante Ebba – NEIN!«
    Doch da flog die Tür schon auf.
    Seine Tanten sahen unbewegt in das düstere Drecksloch, in dem er lebte. Toni schloss die Augen. Am liebsten wäre er im Boden versunken.
    Â»Herr im Himmel! Wie sieht’s denn hier aus?«
    Â»Das hätte es bei uns früher nicht gegeben.«
    Â»Wie bei Luis Trenker in der Berghütte.«
    Â»Du liebe Güte, Toni,

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