Fünf Tanten und ein Halleluja
Immi.
Aber da erklang schon der Signalton. Es war zu spät. Die Türen schlossen sich, und die Bahn setzte sich in Bewegung. Das Letzte, was Toni sah, bevor der Zug in den Tunnel fuhr, war Tante Ebbas völlig verdattertes Gesicht auf dem Bahnsteig.
»Beruhigt euch! Jetzt beruhigt euch doch! Kein Problem! Wir rufen sie einfach an!« Toni fingerte umständlich sein Handy hervor. Er hatte schweiÃnasse Hände. »Ich habe ihre Handynummer, hört ihr? Alles gar kein Problem.«
Doch so leicht waren Ebbas Schwestern nicht zu beruhigen.
»Wir wissen nicht einmal, wo unser Hotel ist«, jammerte Tante Kamilla. »Ebba hat sich ja um alles gekümmert.«
»Wo sollen wir denn jetzt übernachten?«, wollte Helga wissen.
»Wie hieà das Hotel denn noch?«, fragte Claire.
»Im ⦠Im ⦠Im ⦠Irgendwas mit Im, oder?«, glaubte Immi.
»Ich mein ja eher Am, wie Ambrassador.«
»Nie im Leben hieà das Ambrassador.«
»Ja, aber so ähnlich. Imperial?«
Tante Immi streckte die Arme in die Luft. »Ebba hat mir die Buchung doch gezeigt! Ich dumme Gans, warum habe ich mir den Namen nicht gemerkt?«
»Immi, versuch dich zu erinnern!«
»Erinnere dich doch!«
»Mein Gott, ich weià es nicht mehr!« Sie sah hoffnungslos in die Runde. »Dabei hat Ebba mir alle Unterlagen gezeigt. âºWas sind das für hübsche Zimmerâ¹, habe ich noch gesagt. âºUnd so vornehm sehen die aus. Das wird die reinste Wonne sein, in so einem hübschen Hotel zu wohnen.â¹ Und dann hab ich ihr alles zurückgegeben. Ach, hätte ich doch nur besser aufgepasst!«
Endlich stand die Verbindung. Toni drückte sich das Handy ans Ohr. Eine elektronische Stimme erklang: »Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.«
»Wenn ich es sehen würde, glaubt mir, ich würde es sofort erkennen. Aber so?«
»Ach herrje! Was passiert jetzt nur mit uns?«
»Sie hat ihr Handy ausgeschaltet!«, mischte sich Toni ein. »Warum hat Tante Ebba ihr Handy nicht an?«
Die Tanten blickten irritiert. SchlieÃlich sagte Tante Kamilla: »Sie stellt es nur zum Telefonieren ein. Um Strom zu sparen. Das machen wir alle so.«
»Aber â¦Â«
Toni sah in Kamillas verwundertes Gesicht. Es hatte wohl wenig Sinn, weiter darauf einzugehen.
DrauÃen wurde es wieder hell. Der Zug fuhr in den nächsten Bahnhof ein.
»Los, kommt«, sagte er. »Wir steigen erst mal aus. Ich nehme Tante Ebbas Gepäck.«
Völlig verstört stolperten die Tanten mit ihren Sachen hinaus auf den Bahnsteig. Ausgerechnet Tante Ebba musste verloren gehen. Jede andere wäre zu verkraften gewesen, weil Ebba dann schon gewusst hätte, was zu tun war. Doch so musste jemand anders das Kommando übernehmen. Und Toni fühlte sich kaum dazu in der Lage.
Panik schlich sich in Tante Kamillas Stimme.
»Ich schlafe jedenfalls nur in unserem Hotel, das steht schon mal fest. Ich brauche Laternenlicht im Zimmer, so wie bei mir zu Hause. Sonst mache ich die ganze Nacht kein Auge zu. Ebba hat extra im Hotel angerufen, damit ich ein Zimmer kriege, wo Laternenlicht hereinfällt.«
»Kamilla, es geht jetzt mal ausnahmsweise nicht um dich, hörst du?«
»Weià Ebba denn, wo Toni wohnt? Vielleicht kommt sie zu ihm und wartet dort auf uns. Hat sie seine Adresse?«
»Toni? Weià Ebba, wo du wohnst?«
»Toni!«
»Weià ich doch nicht, ob sie meine Adresse hat!«
Toni atmete tief durch und unterdrückte die aufkommende Hysterie. Du hast die Situation unter Kontrolle, sagte er sich. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen.
»Also gut, hört zu«, sagte er. »Wir bleiben hier stehen und warten auf den nächsten Zug. Wenn Ebba klug ist, nimmt sie einfach die nächste U-Bahn und hält nach uns Ausschau. Dann kann sie uns gar nicht übersehen.«
Das wirkte. Die Gesichter blieben zwar noch sorgenvoll, aber die drohende Panik war erst einmal abgewendet.
Sie warteten. Kurz darauf fuhr die nächste U-Bahn ein, und alle hielten Ausschau nach Ebba. Die Türen öffneten sich, Leute traten auf den Bahnsteig und steuerten die Ausgänge an, die Türen schlossen sich wieder, und die Bahn fuhr weiter. Von Tante Ebba keine Spur.
»Toni! So tu doch was!«
»Wir müssen zurück! Ebba wartet bestimmt auf uns!«
»Genau! Wenn wir nicht zurückfahren, verlieren wir
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