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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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untertauchte, spürte sie zwar Grund unter ihren Füßen, doch der war schlammig und weich. Sie würde versuchen müssen, auf der Stelle zu schwimmen, mit sparsamen Bewegungen, das würde sie gleichzeitig warm halten. Oder wenigstens würde ihre Temperatur weniger schnell absinken.
    Unter Wasser streifte sie sich Schuhe und Socken von den Füßen. Gut. Jetzt die Mauer abtasten, systematisch, wie eine Blinde.
    Kleine Vorsprünge da und dort, doch keiner war der Rede wert. Die Wände waren glitschig vom Moos. Selbst als Beatrice einen etwas weiter vorstehenden Stein ertastete, rutschten ihre Finger ab, wenn sie versuchte, sich daran hochzuziehen.
    Sie gab nicht auf. Der Durchmesser des Brunnens war nicht groß, wenn sie beide Arme seitlich ausstreckte, lagen ihre Handflächen locker an den gegenüberliegenden Seiten der Wand.
    Sie würde sich quer legen und mit Rücken und Füßen abstützen können, wenn sie ausruhen musste. Und das würde sie. Bald. Wenn sie es nicht schaffte, hochzuklettern –
    Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie nicht mehr sagen konnte, an welcher Stelle des runden Brunnenschachts sich die Tritteisen befanden. Sie hatte sich mehrmals gedreht und in der Finsternis die Orientierung verloren.
    Aber selbst wenn ich es noch wüsste, dachte sie. Selbst wenn – sie sind zu weit oben angebracht. Ich könnte nicht hinaufspringen. Nur klettern, und dazu sind die Wände zu glitschig.
    Trotzdem versuchte sie es. Erinnerte sich, wie Freeclimber Kamine bewältigten, mit rechts und links abgestützten Händen und Füßen, doch sie fand keinen Halt. Nach vier Versuchen war sie erschöpft und paddelte keuchend im Wasser. In der Wunde an ihrer linken Hand pochte ein schneller Puls.
    Ihr würde nichts anderes übrigbleiben, als zu warten. Ihre Kräfte gut einzuteilen und zu hoffen, dass Sigart die Polizei unterschätzte.
     
    Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Sechs. Sieben. Acht.
    Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Sechs. Sieben. Acht.
    Beatrice zählte ihre Atemzüge. Wenn die Zeit hier unten verstrich, tat sie es auch oben, dort, wo die Dunkelheit endlich war.
    Doch sicherlich nicht so langsam. Sie zählte weiter, zählte und wünschte sich eine Uhr, an der sie ablesen könnte, wie lange sie schon durchhielt.
    Am schlimmsten war die Kälte. Ihre Zähne schlugen unkontrolliert aufeinander, Finger und Zehen waren längst taub, sodass jeder weitere Kletterversuch scheitern musste. Sie hatte es versucht, wieder und immer wieder.
    Ich bin so müde
.
    Aber Einschlafen war Tod. Bewegungslosigkeit war Tod. Trotzdem drehte Beatrice sich im Wasser auf den Rücken und stützte sich dabei mit Knien und Schultern an den Mauersteinen ab. Blickte nach oben und fragte sich, ob sie es bemerken würde, wenn die Sonne aufging. Ob zwischen den Fugen des Brunnendeckels ein Lichtstrahl durchpasste.
    Das wäre schön.
    Sie paddelte wieder, halbherzig. Gerade so viel, dass Mund und Nase an der Oberfläche blieben. Wenn die Welt wieder erwacht war, würde jemand sie vermissen. Florin würde sich wundern, dass sie nicht ins Büro kam. Um neun oder halb zehn würde er erstmals bei ihr anrufen.
So spät
.
    Außer, es gab Neuigkeiten. Dann meldete er sich vielleicht schon um acht.
    Finger krümmen. Auf, zu, auf, zu. Bewegten sie sich überhaupt? Sie spürte es nicht.
    Treiben lassen. Ging nicht, war viel zu eng hier. Aber die Arme taten so weh.
    Plötzlich war ihr Mund voller Wasser, sie hustete, keuchte, hustete wieder. War sie weggedämmert? Die Kälte lähmte ihren Körper und ihre Gedanken, sie musste sich wach halten, irgendwie.
    Beatrice begann zu singen. Das erste Lied, das ihr in den Sinn kam, war
Lemon Tree
von Fool’s Garden. Laut war das, lauter, als sie gedacht hatte, das musste am Brunnenschacht liegen.
    Wenn jemand da war – vielleicht würde er sie hören?
    Sie sang, was ihr gerade einfiel, zwischendurch hielt sie die Luft an, um kein Geräusch zu verpassen, das von der Oberfläche zu ihr dringen könnte.
    Nein. Nur Stille und das ewige Plätschern ihrer eigenen Bewegungen im Wasser. Die Welt war weit weg und hatte keine Ahnung.
    Beatrice hörte erst zu singen auf, als sie merkte, dass es sie gefährlich viel Kraft kostete. Aber Summen wenigstens … das erste englische Lied, das Jakob in der Schule gelernt hatte, fiel ihr ein.
    Twinkle, twinkle, little star
    How I wonder what you are
    Up above the world so high
    Like a diamond in the sky …
    Er hatte es ihr in der Küche vorgesungen, war dazu herumgehopst, strahlend,

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