Fünf
den Fall drin», sagte er und hob Jakob von Beatrice herunter. «Ein Interview mit deinem Chef. Hoffmann.»
«Oh Gott. Was sagt er? Dass er stolz ist, die Verbrechen aufgeklärt zu haben, trotz seiner unzulänglichen Mitarbeiter?»
«Nein. Er lobt alle. Sich selbst natürlich auch.»
Sie würde es später lesen. Oder gar nicht.
Während Richard einer seufzenden Krankenschwester eine weitere Blumenvase abschwatzte und die Rosen ins Wasser stellte, Mina neue Geschichten von Cinderella, der Katze, erzählte und Jakob sich in eine Dampflok verwandelte, wanderten Beatrices Gedanken einmal mehr zu Bernd Sigart. Die Zeitungen hatten sich mit Analysen überschlagen, forensische Psychiater hatten Interviews gegeben, allen voran Kossar, der Sigart als einen von seiner posttraumatischen Belastungsstörung schwer gezeichneten Mann mit aggressiven Verhaltensmustern dargestellt hatte.
Binsenweisheiten. Nicht falsch, natürlich nicht. Aber auch nicht vollständig.
Hätte ich mein Studium abgeschlossen, hätte ich dann früher erkannt, wer der Owner wirklich war?
Der Gedanke beschäftigte Beatrice seit Tagen. Sie hatte Richard gebeten, ihr Unterlagen über berufsbegleitende Studiengänge zu beschaffen, damit aber auf Granit gebissen.
Schonen
sollte sie sich.
Eine halbe Stunde später beschloss Richard, dass sie Ruhe brauchte, versprach den Kindern ein Eis und fuhr mit ihnen zum Mooserhof.
Mein Exmann bringt sie, mein Bruder holt sie, meine Mutter bekocht sie
. Beatrice drehte sich zur Seite und schloss die Augen. Richard hatte recht. Berufsbegleitende Studiengänge waren keine gute Idee.
Als sie wieder aufwachte, saß Florin neben ihrem Bett. Sie wusste es, noch bevor sie die Augen aufschlug, sie roch sein Aftershave und lächelte unwillkürlich. Dann schnupperte sie. Da lag ein zweiter Duft im Raum.
«Die Focaccia ist noch warm», hörte sie ihn sagen. «Schafskäse, Prosciutto und Blattspinat. Und eine Antipastiplatte mit eingelegten Tomaten und Mangold-Involtini.»
«Hervorragend», murmelte sie, immer noch mit geschlossenen Augen. «Und der Prosecco?»
«Leider nein. Den holen wir nach. Aber dreierlei frisch gepresste Säfte kann ich dir anbieten. Orangen-Mango, Birne-Holunder oder Papaya-Kiwi.»
Sie blinzelte. Er hatte sich den Stuhl nah an ihr Bett gerückt und wartete, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, das Kinn auf die verschränkten Hände. Beatrice strich sich das Haar aus dem Gesicht und richtete sich auf. Er wollte nicht, dass sie sich für seine täglichen Besuche plus Gourmet-Verköstigung bedankte, das hatte er ihr deutlich zu verstehen gegeben.
Jeden Tag nahm sie sich vor, ihn zu fragen, warum er sich so viel Mühe gab, aber sobald er neben ihr saß, brachte sie es nicht über sich. Sie wusste einfach nicht, welche Antwort sie hören wollte.
«Dalamasso hat ihre Anzeige zurückgezogen», sagte Florin mitten in ihre Gedanken hinein. «Ein wenig geknickt war Hoffmann schon, aber im Moment genießt er das Licht der Öffentlichkeit zu sehr, als dass du groß ins Gewicht fallen würdest.»
Keine Suspendierung. Beatrice atmete tief durch. Sie hatte den Gedanken daran immer wieder verdrängt, erst die Erleichterung in diesem Moment zeigte ihr, wie sehr er sie belastet hatte.
Sie griff nach der kleinen Gabel, die Florin auf eine dunkelblaue Serviette gelegt hatte, und spießte eine der eingelegten Tomaten auf. «Isst du auch etwas?»
Er sah kurz auf seine Hände und dann in ihre Augen. «Nein. Anneke ist da, wir gehen in einer halben Stunde essen.»
«Oh. Okay.» Die Tomate mit Hilfe eines Stücks Weißbrot so in den Mund zu balancieren, dass kein Öl auf die Bettüberzüge tropfte, erforderte all ihre Konzentration. Das war gut. In der Zeit, die das Manöver in Anspruch nahm, konnte sie sich fangen. «Dann beeil dich und sei pünktlich. Ihr seid so selten zusammen, mich siehst du jeden Tag.»
Er antwortete nicht, sondern reichte ihr ein Stück Focaccia, warm und duftend. Sie nahm es und deutete gleichzeitig mit dem Kopf zur Tür. «Geh schon. Lass sie nicht warten.»
Florin nickte. «Bist du sicher, dass du alles hast, was du brauchst?»
Da lag etwas in dem Ton seiner Frage, das Beatrice denken ließ, dass er nicht nur vom Essen sprach.
«Absolut», sagte sie.
«Okay. Dann bis morgen.»
«Hör mal, du musst doch nicht kommen, wenn Anneke –»
«Natürlich muss ich nicht», unterbrach er sie. «Bis morgen also.»
An der Tür drehte er sich noch einmal um. «Ich habe dir eine Kleinigkeit
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